Alex Krapanos, der mittlerweile auch schon 43-jährige Sänger und Frontmann der schottischen Postpunk-Indierockband Franz Ferdinand, hat sich in Uruguay einen Zahn ausgeschlagen.
Ob es eine Schlägerei oder doch eine Frau war, wie er es zumindest gerne hätte (so eine Anekdote), ist nicht ganz klar. Wo dieser scheinbar unglückliche Zufall aber doch ins musikalische Happy End geführt hat, erklärt die Folgegeschichte: Am Weg zu einem Zahnarzt – weil die Tour gerade dort Halt machte – lief er unversehens Ron und Russell Mael in die Arme, besser bekannt als Sparks. Die Band, die im Laufe ihrer Karriere als Glam/Elektrorockband, die nun schon 44 Jahre anhält, 19 Alben veröffentlicht hat. Eine Handvoll mehr als Franz Ferdinand also – bezeichnen die sie aber auch eher als Vorbilder denn als Konkurrenz.
Man lief sich also über den Weg, ein gemeinsames Stück Piss off wurde eigentlich schon zehn Jahre zuvor besprochen, als man sich das erste Mal begegnet ist. Das gemeinsame Projekt FFS schwelgt also schon seit längerer Zeit im Hintergrund – nur die damals aufsteigende Karriere der noch jungen Band Franz Ferdinand verhinderte eine intensivere Zusammenarbeit. Nun sollte es aber losgehen: Kurzerhand verabredeten sich die Musiker in London und haben innerhalb von knackigen drei Wochen ein Album eingespielt. Spoiler gab es keine: man wollte die Erwartungen nicht hochschrauben. Beziehungsweise wollte man eigentlich überhaupt keine schüren – und das Ergebnis erst präsentieren, was auf den Teller kommt, wenn erst einmal fertig gekocht war. Auch die momentan beliebte Bezeichnung einer „Supergroup“ will den beiden Bands nicht so ganz zusagen. Immerhin, so Alex Krapanos, seien in ihrem Fall zwei gesamte Bands, sprich zwei beide Mitglieder von Sparks und eben alle vier von Franz Ferdinand so gut wie miteinander verschmolzen.
Das, was dabei herauskommt, ist, im wahrsten Sinne, das Beste aus beiden Welten. Eine Party, die beide allein so nicht hätten veranstalten können – und die sogar die Gesangsparts auf perfektionistischste Art und Weise aufteilt. Wobei gleich einmal mit dem Titel Collaborations Don’t Work ein Seitenhieb auf jene verfehlten Zusammenarbeiten ausgeteilt wird, derer sich die Musikgeschichte nur allzu ungern erinnert. Eben deshalb auch der Vorsatz, erst einmal gar nichts über das gemeinsame Projekt zu verlautbaren.
Es prallen bei dieser ménage à six auch wirklich zwei Welten aufeinander: Beinahe schon überzogener Glamrock, der in seiner Höchstphase wirklich Skurrilitäten besonderer Art hervorgerufen hat, gepaart jetzt mit schottischem, bodenständigen und natürlich hauptsächlich auf die starke Gitarre ausgelegten Postpunk. Und das Schöne dabei: die Sache geht auf. Besonders merkt man das gleich an der ersten Singleauskoppelung, Johnny Delusional, die nicht nur ob der neuen Kollaboration aufhorchen ließ. Je öfter man dieses Stück hört, desto besser wird es: Ein klassischer Aufbau gipfelt in Russell Mael’s und Alex Krapanos Doppelgesang, wie er pathetischer und hinreißender nicht sein könnte. Eine kleine Ruhepause sei einem bei Little Guy From The Suburbs gegönnt, ansonsten wirkt das Album aber wie von unsichtbarer Hand durchgepeitscht. Rüttelnd, polternd, frech und laut – aber nie überzogen, weil immer ein Hauch von Nostalgie, Reminiszenzen quer durch die Rockgeschichte und beinahe körperlich spürbare, musikalische, gegenseitige Sympathie vorherrscht.
Die Live-Dates wurden leider noch nicht bekannt gegeben, aber eines ist sicher: FFS werden mit dieser großartig inszenierten Rockoper auf großen Festivals genauso gut wie in schummrigen Clubs oder in Vegas funktionieren. „Wouldn’t it be terrible if there’s no music there?“ heißt es in Johnny Delusional. Das ist natürlich so schön wie wahr. Und mit FFS und diesem Album gleich noch ein Stück näher an der Wahrheit dran.
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