Fette, hässliche Faschisten

Fette, hässliche FaschistenKaum junge, knackige Girls, nur wenige Profi-Fußballer und Nageldesignerinnen, dafür aber jede Menge fetter, hässlicher Faschisten - die durchweg von schönen Menschen mit gesundem moralischen Hintergrund gelesene "Süddeutsche Zeitung" hat
endlich herausgefunden, was das für fragwürdige Gestalten sind, die Thilo Sarrazins Machwerk "Deutschland schafft sich ab" gekauft haben, obwohl nicht nur die Kanzlerin, sondern auch die Süddeutsc he selbst mehrfach davor gewarnt hat. Durch die Gesellschaft für Konsumforschung wurde, so berichtet die SZ, nunmehr "die Psychologie der Käufer" des Buches ausspioniert. Mit einem Ergebnis, das sich sehen lassen kann: Sarrazin-Leser "sind in erster Linie männlich", sie "gehen gerne ins Volkstheater" und, schreibt das Leitblatt aller Menschen,, die erst in zweiter Linie männlich sind, sie "müssen nicht überall dabei sein".
Nur hier offenbar doch, denn trotz aller Warnungen vor "kruden Thesen" und einer nur schlecht getarnten Neuauflage von Hitlers Buch-Hit "Mein kampf" muss derzeit bereits die 16. Auflage gedruckt werden. Klar, dass die SZ, die selbst nur ein Drittel der Sarrazin-Auflage erreicht, wissen will, wer das ist, der das Werk etwa im Buchshop der SZ bestellt.
Über die Ergebnisse staunt die Fachredaktion dann selbst. Es sind - das scheint eine faustdicke Überraschung gewesen zu sein - keineswegs die üblichen Leserinnen von Fachbücher wie "Moppel-Ich" und "Tausend Tage in der Toscana", die Sarrazin lesen wollten. Und das, schreibt die SZ fast schon erschrocken, obwohl doch bekannt sei, dass "Frauen als Buchkäufer und Leser im Normalfall wesentlich aktiver als Männer".
Bei Sarrazin aber herrscht der Mensch, der "in erster Linie männlich" ist. 62 Prozent der Käufer hätten "das Buch überwiegend für sich selbst gekauft", zuvor seien sie zu diesem Zweck sogar "mit dem Ziel, es zu erwerben, losgezogen".
Ist es "der spezifische Sarrazin-Ton, der das weibliche Publikum abschreckt?", fragt das Blatt, ohne zu erklären, wie der Ton eines Buches, das man weder gekauft noch gelesen hat, einen abschrecken kann, es zu kaufen oder zu lesen. Dabei hätte ein Anruf bei Angela Merkel, die Sarrazins Werk als "nicht hilfreich" bezeichnet hatte, ohne es zu kennen, schnell weiterhelfen können.
Doch es geht hier nicht um Antworten, sondern einmal mehr um die Schere zwischen journalistischer Weltwahrnehmung und einer Wirklcihkeit, die sich weigert, so zu sein, wie sie gefälligst zu sein hätte, wäre die redaktion der "SZ" eine Art Weltregierung. Wie die Durchschnittstemperatur von den Klimavorgaben weicht auch die Altersstruktur der Sarrazin-Käufer "deutlich von der Gesamtbevölkerung ab": Kaum Junge unter 19 Jahre, die sonst bekanntlich Reportage-Bücher wie das von gleich drei SZ-Redakteuren verfasste "Die Seite Drei" in Massen kaufen. Dafür aber "die über Sechzigjährigen überproportional stark" und "auch bei der Altersgruppe 20 bis 29 Jahre überdurchschnittliches Interesse". Dann sind es auch noch die eher Wohlhabenden, die die 22,99 Euro übrig hatten: je höher das Einkommen, desto häufiger besitzen seine Bezieher das Buch. Dasselbe gelte für Menschen mit Abitur und/oder Studium.
Kaum fette, häßliche Faschisten offenbar, so sehr man sie auch gern irgendwo gefunden hätte. Sehr wohl dagegen ein Leserkreis, wie ihn jede Untersuchung auch der "SZ" nachweisen würde: Männliche Stubenhocker. Mit gewissen Unterschieden natürlich. Denn wo der SZ-Durchschnittsleser auf wilde Partys, wechselnde Sex-Partner und Drogenkonsum vor jeder Autofahrt ins Unbekannte steht, nennen Sarrazin-Leser ein "harmonisches Privatleben" und die "Sauberkeit der Wohnung" als wichtige Prämissen.
Die Coda des journalistischen Meisterwerkes an Informationsverdünnung folgt der unausgesprochenen Erkenntnis der Selbstähnlichkeit beider Lesergruppen fast zwangsläufig, ohne jedoch darauf Bezug zu nehmen. Die Grundhaltung der Sarrazin-Leser ist konservativ, geizig, erfolgsorientiert und faul, im Durchschnitt, der hier gebildet wird aus denen, die so sind und aus denen, die das Gegenteil vertreten, wird flott als "eine gewisse Schizophrenie" diagnostiziert: eiserner Wille, an der Spitze zu stehen, aber keine Lust auf Veränderung. Leistungselite, die das Wohnzimmersofa nicht mehr verlässt. "Ein wenig spiegelt das, was hier sichtbar wird", schließt der Analytiker, "auch die späte Berufung des Thilo Sarrazin selbst". Ein ganzes Berufsleben habe der Mann im gesicherten Beamtenstatus verbracht, bevor er in die risikoreiche Existenz des Volksdemagogen aufbrach. "Nicht ohne allerdings vorher noch den letzten Cent seiner Pensionsansprüche einzufordern."
Was ein SZ-Redakteur in derselben Situation niemals gemacht hätte.
Mehr Grauen mit Sarrazin
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