Festivals: Zürich Openair 2015 – so und nicht anders

Die Sonne ist das permanente Highlight des fünften Zürich Openairs. Welche Lichter sonst noch – stärker oder schwächer – um die Wette leuchteten. Das liest du hier. Wenn du magst. (Gibt auch ein verwackeltes Stimmungs-Video mit Konzertausschnitten #yaysmartphones).

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“DAS ISCH JETZT EBE MUSIG”
In der Vorschau erwähnte ich kurz, dass am Zürich Openair 2015 Musikgeschichte geschrieben werden könnte. Dies traf allemal zu! Die hohe Dichte der Acts war dafür hauptverantwortlich. Hinzu kamen zwei Acts – Fatboy Slim und The Libertines – bei denen man (oder zumindest: ich) nicht daran gedacht habe, sie jemals live zu sehen.

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1. LET THE MUSIC BE FIRST: DIESE 12 BANDS HABEN UNS AM #ZOA2015 UMGEHAUEN
Marino Ferri:
Hot Chip. Die siebenköpfige Band aus London, die einen Ruf als ausgezeichnete Liveband geniesst, bewies eindrücklich, wieso das so ist. Der intelligente Electropop (bzw. live –rock) entfaltete auf der Bühne eine gewaltige Sogwirkung. Das Zusammenspiel der sieben Bandmitglieder ist ausserordentlich, da sitzt jeder Ton exakt, wo er soll. Drummerin Sarah Jones (früher bei New Young Pony Club, falls die noch jemand kennt) ist mehr oder weniger ein Naturwunder und bildet das präzise Fundament auf dem Hot Chip ihre Songs entwickeln. Mit dem Luxus, ein Set voller Hits anbieten zu können, spielten sie sich unermüdlich durch ihr Repertoire – und krönten das Set mit einem furiosen Springsteen-Cover: “Dancing In The Dark”. Hervorragend!

Dancing In The Dark of a Tent.

TV On The Radio. Die von Kritiker regelmässig hochgelobten New Yorker TV On The Radio lieferten das beste Konzert des Festivals ab. Punkt. In ihrem Auftritt verbanden sich intellektueller Anspruch und kompromissloser Hardrock zu einer ungewöhnlichen Kraft, die das Publikum am Donnerstagabend auf der Zeltbühne gehörig ins Schwitzen brachte. Zelebrierte die Konzerteröffnung „Young Liars“ noch eher die verschrobene Progseite der Band, ging es danach mit „Lazerray“, „Wolf Like Me“, „Happy Idiot“ usf. gehörig zur Sache. Krönender Abschluss waren schliesslich der funky Rock von „Repetition“, der die Leute richtiggehend zur Ekstase trieb, und der erste Hit „Staring At The Sun“, der Sänger Tunde Adebimpe – einem der charismatischsten Sänger, die ich je gesehen habe – noch einmal Gelegenheit gaben, sein ausserordentliches Können zu zeigen.

Kasabian und Fatboy Slim. So sehr sich die Sets der englischen Stadionrocker und der DJ-Legende auch unterschieden haben, so gleich waren die beiden Acts doch in ihrer Strategie. Diese lautet ganz simpel: Auf die Bühne kommen und eineinhalb Stunden kompromisslos Gas geben, ohne Rücksicht auf technische Finessen. Sie wollen nicht mit herausragendem Können beeindrucken, sie wollen begeistern. Und das taten sie beide auf ihre Art. Fatboy Slim spielte, unterstützt von hypernervösen Visuals, ein Set voller packender Beats und einfacher Melodien, wob seine eigenen Songs genauso darin ein wie die Songs anderer Künstler (Marvin Gaye, Talking Heads,…) und konstruierte so einen ausgelassenen Rave.
Kasabian wiederum, die dann Samstagabend auf der Bühne standen, zockten ihren aggressiven Electrorock mit unbändiger Energie und gewohnten Machogesten, ganz in der Tradition des Genres eben. Pausen gönnten sie dem Publikum keine, jeder Song war von neuem wieder Grund zum ausrasten. Dass Tom Meighan live nicht wirklich treffsicher singen kann, spielte dabei keine grosse Rolle. Es ging um Anderes. Es ging darum, Party zu machen, zu feiern, sich zu vergessen. Und das gelang.

kasab

Olympique. Mit einem etwas ungünstigen Startplatz donnerstags im Vorabendprogramm traten die Österreicher von Olympique vor einem spärlichen Publikum an, lieferten aber einen äusserst gelungenen Auftritt. Ihre Mischung aus Blues- und Alternativerock, getragen von der rauchigen Stimme von Fabian Woschnagg, erinnerte bisweilen an Kings of Leon o.ä. Die Songs aber sind ganz eigen, glänzen teilweise mit sehr schönen Melodien und hätten es verdient, auf geeigneteren, also grösseren, Bühnen aufgeführt zu werden. Eine vielversprechende Band auf jeden Fall!

Sarah Schmidlin:
Pond. Samstag, 17.00 Uhr im Zelt. Abgesehen von den heissen Temperaturen waren auch die Australier von Pond ziemlich hitzig unterwegs. Ihr wabernder Psychedelic-Pop verfolgte keine klare Linie und verlor sich immer wieder in inneren, leeren Landschaften. Im Vergleich zur Aussie Schwester-Band Tame Impala konzentrieren sich Pond mehr auf Klangexperimente und wagen noch einen Schritt mehr hinein in die Abstraktion. (Meinungen können aber auseinander gehen. Wie eine gute Freundin z.B sagte: “Pond sind wie MGMT. Einfach ohne Hits.”)

Tame Impala. Und da wären wir auch bei einer der meinigen Top-3-Acts des diesjährigen ZOA. Tame Impala vermochten nicht nur mit ihrer “technicolor” Video-Lichtshow das ganze Zelt in Bewegung zu versetzen. Die Band unter Kevin Parker war im Lichtermeer nicht mehr ersichtlich, vielmehr lag der Fokus auf… ja, der Musik. Den Song “Let It Happen” (DER Song 2015?) vom neuen Album “Currents” spielten die Australier am Anfang; Die Setlist verteilte sich über das gesamte Drei-Album-Repertoire und wirkte somit sehr abgerundet. Und welches Lied kam am Schluss?

The Libertines. Die Moves haben sie noch drauf wie in alten Zeiten. Carl Barât, Pete Doherty (John Hassall und Gary Powell), das sind The Libertines. Kaum eine andere Band der Neuzeit hat den (britischen) Indie-Rock der späten 90er / frühen 00er derart geprägt. Drogeneskapaden und wilde Sexgeschichten ergänzten den Hype, der noch lange nach Band-Auflösung im Jahre 2004 anhielt. Aufgrund des Kult-Phänomens hätte es am Zürich Openair nicht anders sein können. Viele fragten sich wohl, ob sie es wollten oder nicht: Wie fit ist die Band? Wie zerstört Pete, ist er drauf? Solche Fragen haben nicht viel mit Musik zu tun und trotzdem sind sie manchmal nicht zu vermeiden. Schaltete man den Kopf allerdings aus (when the lights go out), so hörte man diese rauhen, unpolierten Songs, die man alle so einverleibt liebt. Und alle Fragen wurden zu Antworten.

Alt-j. Über sie muss man nicht viel sagen. Mit ihrem zweiten Album “This Is All Yours” überzeugten sie bereits im Februar auf Tour in Winter-Tour (hier der Konzertbericht. Fun Fact: Damals war übrigens auch Wolf Alice Vorband, so wie am ZOA2015! Crazy.) Die Songs, die musikalische Leistung, alles stimmte. Alles ist immer noch uns. Und ihnen.

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Adriatique. Das Schweizer Duo vermochte viele Levels zu bewältigen im harten Spiel des Electro. Alsbald wurde im Dance Circus ein subtiles unbemühtes Schweben generiert.

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ADRIATIQUE UND IHR BOILER ROOM SET IN TULUM:

Jungle. Das sind Musiker, die im Dschungel der Instrumente stets Taktgleichheit finden. Der Dancehall Vibe setzt sich live durch und sorgt immer wieder dafür, dass man bei Jungle in Auflösung begriffen ist. We felt “The Heat”.

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AURORA. Mit erst 18 Jahren besitzt Aurora Aksnes eine erstaunlich nuancierte Stimme. Die 5-teilige Synth-Pop Band aus dem hohen Norden sorgte am Freitag für eine gute Portion Mystik. Da halfen auch die extravaganten Moves der Sängerin. Der Hit “Running With The Wolves” könnte ebenfalls wegebnend für zukünftige Erfolge sein.

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2. DAS DRUMHERUM; DAS CASHLESS, DIE MENSCHEN UND DIE ORGANISATION

  • Die Organisation des Zürich Openair schien an der Oberfläche sehr gut. Man hatte sich – thanks to the past – auf schlechtes Wetter vorbereitet (Holzbretter, Bodenplatten und viel Überdachung waren am Start). Stattdessen war es, das konnten alle sehen und fühlen, sonnig und heiss. Was viele Bands zum klischierten Witzeln animierte. „Oh, we silly Australians. Before we came here, we thought it is all snow here. And now, we are sweaty – what is this country?“ sagte Nick Allbrook von Pond, am Samstag.
  • Das Cashless funktionierte einwandfrei und es gab kaum irgendwelche Wartezeiten (ausser vielleicht bei den Schönheitsständen; jedes zweite Gesicht war – dank dem Glitterclub –  glitzerig und jede zweite Frisur geflochten). Die Preise für Konsumgüter schienen überdies nicht mehr so in die Decke geschossen wie in vergangenen Jahren. Ein Bier für 5 Franken ist Schweizer Standard. Ausserdem konnte man für unter 10 Franken essen (und das sehr gut, ein Beispiel: die Sweet Potato Fries).
  • Die Grundstimmung unter den Festivalbesuchenden war friedlich und gesittet. Auch an den Konzerten. Jedoch ist der Fall nicht zutreffend, dass das Schweizer Publikum einer einzigen Salzsäulenlandschaft gleicht. Das bewiesen Konzerte wie Seeed, Kasabian, Tame Impala etc. Da waren alle Gemüter freudig erhitzt. Es gibt eigentlich, so unschweizerisch das ist, nichts zu bemängeln. <3"><3"><3

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x Thank you ZOA see you 2016! x
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