Openair St. Gallen, auf ein Neues. Das seit 1977 bestehende Schweizer Kult-Openair, welches stets berühmt ist für Schimpfattacken gegen Wetter und Platzmangel, zog auch dieses Jahr wieder rund 30´000 Besucher ins idyllische Naturschutzgebiet. Das Line Up war und ist stets Hauptverantwortlicher für die Menschenmassen, die jahrjährlich ihren Weg hierhin finden. Auch wir waren da und haben einige Konzerte geschaut. Wir schreiben über unsere Eindrücke, unsere Highlights und alles, was uns sonst so einfällt. Schnitzelbrot mit Haussauce & viel Spass beim Lesen.
DIE EWIGE WOLKE DER WETTERDISKUSSION AM OPENAIR ST. GALLEN
Durchforstet man knappe zwei Tage nach dem Ende des Openairs ein wenig die Medienlandschaft, fällt eines auf: Feuchtfröhlich scheint nicht die Musik, sondern das Wetter Thema Nummer 1 zu sein. Blick.ch schreibt beispielsweise im ersten Satz: “Nach einem wettermässig idealen Start am Donnerstag, Freitag und Samstag prägten am Sonntag Schlamm, Gummistiefel und Regenpelerinen das Festivalbild.” Und auch die Aargauer Zeitung am Anfang eines Berichtes: “Das Sittertobel verwandelte sich dieses Wochenende wieder in ein Schlammbad. 30 000 Fans kamen und liessen sich vom Wetter nicht die Laune verderben.” Die Fans und die Openairgänger werden wie Krieger dargestellt, die jedes Jahr wacker und tapfer dem ach so krassen Regen trotzen. Pellerine an und gut ist würden wir sagen und lenken den Fokus hin zu anderen Feuchtfröhlichkeiten. Einer Sache, die sich Musik nennt.
So schön unberührt (und grün) sah das Gelände am Donnerstagnachmittag aus. Hier der Blick auf die Hauptbühne, die Sitterbühne.
DAS LINEUP: VOM STURM DER BASTILLE BIS HIN ZUR FALSCH GESCHRIEBENEN KIRCHE
Für jeden Geschmack war etwas dabei. Der deutsche Rapper Casper weiss wie kein zweiter mit seiner rauchigen Stimme die Massen zu verzaubern, Die Amis von Flogging Molly machen in irischer Manier eine Party mit betrunkenen Schlafliedern und Bastille singen von altehrwürdigen Städten und den Schweren des Lebens. Flogging Molly haben auf der kleinen Bühne gespielt am Donnerstagabend, zum Auftakt um 20.15 Uhr. Die Sternenbühne war vollgestopft mit Menschen, die sich gegenseitig schon bald Getränkebecher anschmissen. Vor Freude, vor Eskalation, vor Benebelung, man weiss es nicht. Am Donnerstag wurde an der Sitterbühne noch der WM zuliebe ein wenig Fussball gezeigt, was den Bierverkauf sicherlich um noch eines angekurbelt hatte.
(Beinahe) lebensgrosse Joghurtbecher und Raviolidosen gab es als gelungenen Werbegag bei Migros M-Budget
Zelte Zelte Zelte, und ein Wald.
Am Konzert der Foals am Freitag geschahen unerwartete Szenen. Es wurden Kreise gebildet und es wurde in den vordersten Reihen, ja, gerammt und gefeiert, als ob Rammstein gerade ihr “Amerika” trällerte. Die lieben Reigen wurden von Seifenblasen und blauen Flecken verziert und über allem hinweg erklangen die Hits der englischen Band, die wie aus dem Ei gepellt aussah. Die mathematisch und gleichzeitig fulminante Gitarrenmusik traf am Samstag exakt Nerv der Zuschauer und kann gerne als ein Highlight des Openair St. Gallen gehandhabt werden. “Spanish Sahara” bewegte sogar Menschen dazu ihr Feuerzeug zu schwenken, und das mitten an einem sonnigen Freitagnachmittag, wo es sowieso keiner sah.
Am Samstag war es so warm, dass man sich im nah gelegenen Fluss, der Sitter, abkühlen konnte. Sogar Steintürmchen wurden gebaut.
Eine weitere Ohrenfreude waren die schottischen CHVRCHES, welche wir auf Wavebuzz ja schon ein- oder zweimal erwähnt haben mögen. Ihr Album “The Bones Of What You Believe” wurde komplett durchgespielt. “We Sink” war der erste gespielte Track von der dreiköpfigen Band und das Konzert endete mit ihrer Hitsingle “The Mother We Share”. Lauren Mayberry trank nur Tee (die Band hat eine Nacht zuvor am berühmten Glastonbury gespielt!), schmiss einen Plüschpapagei ins Publikum und spielte mit Neonleuchten.
CHVRCHES aus Glasgow begeisterten mit ihrem Electro-Pop die dunkelsten Ecken des Sternenbühnenzelts. Schaut hier das Interview mit dem Sender SRF Virus an!
Die Band mit dem Reh im Hintergrund - Junip aus Schweden sangen am Samstag von Feuerlinien, von Plötzlichkeiten und von leichtem Laufen.
Weitere Konzerthighlights waren die Schweden von Junip, welche mit melancholischem Pop und Lebensbejahung Sympathiepunkte gewannen. Auch die als Kultband geltenden The Notwist haben eine schöne Show gezeigt und durch ihr technisch-musikalisches Können die Herzen der Zuhörer bewegt.
Und wenn ihr nicht verschlammt seid, so feiert ihr noch heute. Schön wars.
KEEP BUZZIN
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