Festivalbericht: nürnberg.pop (25.10.2014) – Von Klub zu Kirche zu Keller

Erstellt am 31. Oktober 2014 von Wavebuzz

Nürnberg. Älteste Buchhandlung Deutschlands. Würste. Lebkuchen. Klischees. Regen. Musik. Ein Festival. Wir waren da. Am 25. Oktober fand das vierte nürnberg.pop Festival statt und Wavebuzz hat eine kleine Reise von Zürich nach dem bayrischen Städtchen unternommen. Hier schreiben und visualisieren wir (mit Video!), wie es uns dort oben im Norden so gefallen hat. Nuremberg in our hearts?

BIRTH OF JOY: Türen und Parallelen zu 60s-Psychedelia
Als eines der Festival-Highlights darf sicherlich der Auftritt des niederländischen Trios Birth of Joy bezeichnet werden. Schon in der Aufstellung der Band lässt sich eine Parallele zu den guten alten Doors ablesen: Die Band verzichtet auf einen Bassgitarristen, lässt stattdessen den Keyboarder diesen Part übernehmen. Dieser vielbeschäftigte Musiker haut mit der linken Hand die Bassläufe in die Tasten, während die rechte Hand einen ekstatischen Orgelsound produziert, der stellenweise ebenfalls an Mister Ray Manzareks Klangwelten erinnert. Die Orgel dominiert den Sound der Band gemeinsam mit aggressiven Rhythmen und den wilden Gitarrenriffs, die Frontmann Kevin Stunnenberg – der im Übrigen ein Prachtsexemplar von einem Hemd trug (Marino: “Wo kann ich es kaufen?”) – aus seinem Instrument kitzelt. Die Mischung aus psychedelischem Acidrock und bocksturem Blues begeisterte über eine gute Stunde das Publikum im vollen KKQ Festsaal. Von respektvollem Kritikerkopfnicken über schwelgende Althippietrance bis zu bewusstseinsenthobenem Pogo waren alle Formen der Begeisterung zu entdecken, was sich als Kompliment für eine Band ganz gut ausnimmt.

EINE RUSSISCHE SCHWEIZERIN ALS GEHEIMTIPP?
Eine halbe Stunde nach Mitternacht betrat die im Schweizerischen Tessin arbeitende Russin Ekat Bork mit ihrer Band die Bühne der sympathischen, gut gefüllten Zwinger Bar: Ein spätes Konzert in familiärem Setting. Die Singer/Songwriterin, die sich selbst als enigmatische Persönlichkeit inszeniert, arbeitet intensiv mit ihrer promovierten Stimme, setzt sie als zusätzliches Instrument ein. Der exaltierte, mal rauchig tiefe, mal glaszerspringend hohe Gesang bestimmt die Songs, die sich musikalisch in unterschiedliche Gewänder hüllen. Von ungezähmten Neo-Prog-Freakouts à la Muse bis hin zu smoothem Electropop haben die Musiker alles im Repertoire. Während gewisse Stücke etwas chaotisch anmuteten, präsentierte Ekat Bork auch einige prächtige Songs, die sie als eine überdurchschnittlich begabte Singer/Songwriterin auswiesen, die sich vor internationalen Grössen nicht zu verstecken braucht. „Black Bird“ zum Beispiel wird als grossartige Performance eines ebenso grossartigen Songs in Erinnerung bleiben.

Die blutjunge schwedisch Singer-Songwriterin Adna gab ein andächtiges Konzert in einer unkonventionellen Location: Der St. Klara Kirche.

Das Eröffnungskonzert der Band Me & Reas fand auf der GOIJA Terrasse statt.

JETZT ABER MAL KLARTEXT HIER! WIR ZIEHEN EIN FAZIT:
FAZIT MARINO
Das 4. nürnberg.pop überzeugte mit einer grossen stilistischen Vielfalt, gut ausgewählten Lokalitäten und sympathischem Publikum. Die Bands, aus welchem Genre sie auch stammten, spielten auf hohem Niveau. Durch die hervorragende Soundqualität in allen von mir besuchten Locations verstärkte sich dieses positive Erlebnis zusätzlich. Mit Ausnahme des Konzertes der Lokalmatadoren Bbou, zu dem wir keinen Einlass mehr erlangten, weil der Saal so prall gefüllt war. Auch einige die Lokalitäten umgebende Imbissstände u.ä. wurden zur Verfügung gestellt, so dass man sich auf den Spaziergängen von einem Ort zum andern stärken konnte – obschon es hart war, dem ungemütlichen Wetter zu trotzen. Ich ziehe ein durchweg positives Fazit des Festivals, dessen Konzept mir zunächst etwas überladen schien, was sich aber im Verlaufe des Abends schnell geändert hat. Natürlich schafft man es nicht, alle 50 Acts zu sehen, doch war der Timetable gut ausgearbeitet und die verschiedenen Lokale so nahe beieinander, dass man auch während eines Konzertes mal wechseln konnte, um noch die Hälfte einer anderen Darbietung zu hören. Letztlich möchte ich mich auch noch bei den netten Herren vom Verpflegungsstand vor dem Neuen Museum bedanken, die meinen verlorengegangenen Rucksack aufgehoben und ihn mir bei meiner panischen Rückkehr zurückgegeben haben – merci! : )

Eine intime folkig-schöne Nummer vollführte Hello Piedpiper im KKQ Hinterzimmer

FAZIT SARAH
Nur geregnet hat es in Nürnberg. Eine sechsstündige Busfahrt, um im Regen anzukommen? War es das wirklich wert? Aber freilich gewiss und natürlich! Die Stimmung war sehr ausgelassen und Völkerwanderungen waren lustig anzuschauen: von Club zu Kirche zu Keller wurde gepilgert, stets mit einem Bier in der Hand. Über all den Geschehnissen schwebte ein nicht schwinden wollender Nebel aus Musik. Ist man vom zentralen Omnibusbahnhof in die Nürnberger Innenstadt geschlendert, sah man bereits einige Plakate und Luftballons in dem hübschen Türkis des nürnberg.pop. Ein bisschen freudig aufgeregt hat man sich dann noch die geschichtsträchtige Stadt angeschaut (ein kleines Amateur-Video haben wir aus den Eindrücken gemacht, das ihr unten eingebunden findet). Nürnberg kleidet sich in ein ziemlich hübsches und heimeliges Gewand und sprach durch die alten Häuser und ehrwürdigen Bauwerke auch ein wenig das Schweizer Herz (ja, das gibt es) an. Eines meiner persönlichen Highlight war ein vorprogrammiertes: Ich mochte Rangleklods, die freakige dänische Electro-Band, schon immer. Meine Schwester hat sie schon unmengs live gefeiert und mich stets mit den schönsten Schilderungen neidisch gemacht. Und tatsächlich: Rangleklods machen Musik, die auf dem Album überaus akzeptabel klingt, aber noch mehr gemacht ist für Live-Auftritte. Das ganze Publikum wurde in einen Rave-Sog hineingezogen, man schloss die Augen und war weg. Für eine gute Stunde. Ein weiteres Hochlicht war selbstverständlich die Zeitverschiebung: Da konnte man eine Stunde länger tanzen. Die Afterparties hatten jeweils ein Motto wie beispielsweise “Unknown Pleasures”. Uns zog es jedoch in den dunklen Keller des Stereo. Leute haben da ein wenig gelächelt, wenn man ihnen erzählte, dass wir um 4.30 Uhr in der Nacht den Fernbus zurück nach Zürich nehmen müssen. Im Burger King haben wir dann später einen Power Nap gerissen, ehe es dann wirklich auf den Bus in Richtung Schweiz zurückging.

Die Biermarke Schanzenbräu war offizieller Bier-Sponsor des nürnberg.pop. Auch dem Rangleklods-Sänger hats vorzüglich geschmeckt! (Neues Werbeplakat?)

Phoria aus England gaben ein hyperaktives Konzert, das einen gefüllten Publikumssaal erfreute.

Everything is illuminated.

Geisterstunde? Nöö, Rangleklods. Sie spielten um Mitternacht.

Birth Of Joy rockten das Ding. Es wurde sogar im Kreis getanzt vor der Bühne.

Die  freudig-haspelnden Electro-Pop Mitglieder der britischen Band MAUSI heizten dem Publikum bereits um 20.00 Uhr ein!

Rakede mit d. Das Abschlusskonzert.

Sogar unsere Kamera bewegte sich zur Musik.

“Vielen Dank, für die Blumen…”. Beste Installation ever: Eine künstliche Topfblume auf einem sich drehenden Plattenteller. Wir wollen das im Wohnzimmer.

Wir danken fürs Lesen und für ein eindrucksvolles Erlebnis. Weiter so Nürnberg, you rock!
KEEP BUZZIN


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