Heute gehts ENDLICH weiter mit der Serie “BBB – Bessere Blog Bilder”! Unserem kleinen “Handbuch” der Fotografie. In dieser Folge gibt mein Fotografen-Ehemann Stefan der diese Serie für euch bei mir gastbloggt, eine kleine Entscheidungshilfe für den Objektivkauf. Kit Objektiv? Zoom oder lieber Festbrennweite und was ist das überhaupt? Falls also jemand gerade überlegt was er für ein Objektiv braucht, könnte dieser Artikel helfen sich klar zu werden! Im Übrigen freut sich Stefan sehr über eure Likes auf seiner Facebookseite oder Instagram!!!
Festbrennweite vs. Zoom-Objektiv
In der letzten Folge von BBB habe ich die Bildwirkung von verschiedenen Brennweiten erklärt. Wie bei einem Weitwinkel viel von der Umgebung aufs Bild kommt – dafür aber ein von nahem fotografiertes Gesicht eine dicke Nase bekommt, oder dass man mit einem Tele hervorragend Portraitfotos schießen kann ohne dicke Nase – dafür aber mit sehr engem Blickfeld. Beide Brennweiten-Arten haben also ihre verschiedenen Einsatzzwecke, soweit so gut. Was sollte man sich aber nun als Blogger zuhause hinlegen? Ganz viele verschiedene Festbrennweiten (also für jede Brennweite ein extra Objektiv), oder lieber ein Zoom (kann aus- und einfahren und deckt so eine ganze Spanne von Brennweiten ab)? Auf den ersten Blick als Laie könnte man meinen: Prima, ein großes Zoom-Objektiv und meine Kamera kann alles, Problem gelöst. So einfach ist es nun leider nicht, und darum soll es heute gehen.
Ein gutes Objektiv ist fast wichtiger, als der Kamerabody.
Heißt: Mit einer günstigeren Kamera aber einem guten Objektiv kann man super Fotos schießen! Wohingegen einem bei einem schlechten Objektiv auch die absolute Oberklasse Kamera nichts bringt. Warum ist das so?
Gute, also hochwertige Objektive zeichnen sich durch ihre Bildschärfe, bessere Farbdarstellung und weniger Abbildungsfehler aus. Abbildungsfehler sind beispielsweise sogenannte “chromatische Aberrationen”; damit ist dieser seltsame lila/grün-Schatten gemeint, den man manchmal bei Farbübergängen wie z.B. Baumäste mit blauem Himmel drumherum bekommt. Dies entsteht durch unterschiedliche Lichtbrechung und minderwertige Linsen in Objektiven kommen damit einfach nicht klar.
Außerdem zeichnen sich hochwertige Objektive meist durch wesentlich besseres und schnelleres Fokussieren aus. Dies ist besonders wichtig z.B. wenn man kleinen Kindern hinterher-fokussiert! Jeder kennt Fotos, wo man einen Moment einfangen wollte und sicherheitshalber eine ganze Reihe Fotos schießt, das Kind aber dabei auf einen zu- oder weggelaufen ist und dann sind die Bilder alle unscharf. Hochwertige Objektive schaffen es hier i.d.R. schneller zu fokussieren.
Wenn man sich nun eine Spiegelreflexkamera anschafft, gibt es eigentlich immer zum Kamerabody noch ein “Kit Objektiv” dazu im Angebot. Diese Set Angebote sind prinzipiell ganz gut, das Objektiv ist für den verhältnismäßig niedrigen Preis schon ok, aber man kommt wirklich schnell an die Leistungsgrenze. Mein Tipp lautet hier deshalb ganz klar: Lieber das Geld für das Kit Objektiv sparen und stattdessen eine Festbrennweite kaufen! (z.B. 50mm, das ist meine “Universal-Linse” und meist auch sehr kompakt gebaut). Aber nun widmen wir uns mal der generellen Frage:
Zoom oder Festbrennweite?
Wie alles im Leben hat auch jede Objektivart seine Vor- und Nachteile, die ich euch hier mal ganz knapp auflisten möchte.
Zoom Vorteile
Ganz klar, man hat ein universell einsetzbares Objektiv mit dem man schnell von kurzer zu langer Brennweite wechseln kann, ohne die Kamera “umzubauen”. Das ist beispielsweise im Urlaub sehr praktisch, wenn man nicht einen extra Koffer für sein Fotozubehör mitschleppen möchte oder wenn ein Wechsel des Objektivs bspw. in der Wüste die Gefahr der Verschmutzung durch Eindringen von Sand in das Kamera-Innere birgt.
Zoom Nachteile
Die ganze Bequemlichkeit hat den Nachteil, dass die Bildqualität eines Zooms im Vergleich zur jeweiligen Festbrennweite meist nicht so gut ist. Es sind mehr Komponenten beweglich verbaut, was das Objektiv “fehleranfälliger” machen kann. Außerdem ist ein Zoom meist nicht so lichtstark wie eine Festbrennweite, d.h. im Normalfall ist bei f2.8 Schluss, selten auch bei f2.0, wohingegen bei Festbrennweiten auch bspw. f0.95 möglich ist.
Ein weiterer Nachteil: Man lernt das Fotografieren einfach nicht so schnell. Man steht an einer Stelle und zoomt hin und her, statt sich zu bewegen und zu erfahren was für eine Bildwirkung der Standortwechsel und die jeweilige Brennweite hat. Denn GANZ WICHTIG: Man benutzt das Zoom bzw. die lange Brennweite als erfahrener Fotograf nicht, weil es so schön ist, entfernte Dinge bequem nahe ranholen zu können! (Die Ausnahme bilden bspw. Sportfotografen, die nicht näher an die zu fotografierenden Spieler ran kommen weil sie sonst den Fußballern auf dem Platz ganz schön im Weg stünden). Sondern man benutzt ein Zoom, um schnell viele Brennweiten abdecken zu können, da diese jeweils völlig verschiedene Bildwirkungen haben und man vielleicht aufgrund der Situation nicht ständig das Objektiv wechseln kann. (Hier gehts nochmal zum Artikel über Bildwirkung!).
Tamron 24-70mm f2.8
Tamron 24-70mm f2.8
Festbrennweite Vorteile
Vorteil einer Festbrennweite ist zunächst mal, das solch ein Objektiv meist günstiger ist als ein Zoom. Zudem ist die Bildqualität besser und es ist lichtstärker als ein Zoom (hat also eine bessere Blendenzahl, f1.4, f1.2, etc.). Unter Umständen braucht man erst viel später eine zusätzliche Lichtquelle wie einen Blitz.
Außerdem lernt man eine Menge über die Bildwirkung, wenn man mit Festbrennweiten fotografiert und kann seine Fähigkeiten da wirklich schnell verbessern! Der Look eines Fotos welches mit einer Festbrennweite gemacht wurde, ist häufig viel “schöner” als mit einem Zoom. Es ist schwer zu beschreiben, aber manchmal haben die Fotos dann einfach etwas an sich, was man als “schön” wahr nimmt: das weiche Bokeh (hier gehts zum Artikel über Bokeh!), die Farben, ein dreidimensionaler Look. Man spricht hier in Fotografenkreisen vom “Charakter” einer Linse
Festbrennweite Nachteile
Natürlich hat auch ein Objektiv mit Festbrennweite Nachteile, ihr merkt es schon: es ist nämlich nur EIN Objektiv mit EINER Brennweite. Man ist also verhältnismäßig unflexibel, man muss “manuell” (nämlich durch hin und her laufen) den Abstand zum Objekt ändern und manche Fotos “geh’n einfach nicht”. Das bringt meine Frau dann auf die Palme, wenn wir Fotos für den Blog machen und sie hat plötzlich eine Idee und ich sage, ja aber du kannst dich jetzt nicht auf die andere Seite vom See stellen ich hab nur die und die Brennweite dabei, dann bist du zu weit weg! Man braucht also für verschiedene Anlässe und Begebenheiten verschiedene Objektive, die man dann auch wechseln muss. Oder man braucht zwei Bodys, also zwei Kameras!
Sigma 50mm f1.4 Art
Sigma 85mm f1.4
Wie man sieht, muss man also abwägen, welches Objektiv in welcher Situation für einen persönlich am besten funktioniert. Wenn ich in den Urlaub nur ein Objektiv mitnehmen könnte, würde ich wohl eine 35mm Festbrennweite (weil nicht zu nah und nicht zu weit) oder ein Standardzoom (z.B. 24-70mm) wählen. Will man aber z.B. in einer “düsteren” Kirche oder einem anderen Bauwerk ohne Blitz fotografieren, dann bekommt man definitiv bessere Bilder mit einer Festbrennweite. Will man lernen und sich verbessern, dann definitiv mit Festbrennweiten fotografieren, weil man sich mehr bewegt und die Bildwirkung wesentlich schneller versteht.
Mein Tipp: Wenn man eh schon das Kit Objektiv besitzt, dann könnte man gut ein 50mm dazu kaufen, gibts beispielsweise mit f1.8 von Canon für um 100€ (für Nikon und andere gibts sowas auch). Dann hätte man für den Preis eine unschlagbar günstige und gute Festbrennweite, mit Blende bis 1.8 und man kann schön mit der Schärfentiefe spielen.
Hätte ich mein 50mm f1.8 nicht mitsamt Kamera Body runter geworfen, würde ich es zu einigen Anlässen immer noch verwenden. Ich habe es nach dem “Unfall” noch ein wenig zurecht gebogen und versucht zu retten, und konnte es sogar noch mit manuellem Fokus benutzen, aber irgendwann ist das Vorderteil dann einfach abgefallen…
Wenn man das Kit Objektiv nicht gekauft hat, lautet mein Tipp: Auf jeden Fall das 50mm f1.8 kaufen! Noch besser wäre es, wenn der Geldbeutel ein bisschen was hergibt, ein 35mm f1.8, da die 35mm besonders auf einer Cropkamera (APS-C bei Canon, DX bei Nikon) doch etwas universeller einsetzbar ist. Die f1.4er Objektive sind zwar noch um eine zweidrittel Blende lichtstärker und i.d.R. in der Farbdarstellung und Fokus besser, allerdings sind sie im Vergleich zu den f1.8er Objektiven auch um einiges schwerer, größer und teurer! Für den Anfang genügen 1.8.
Wenn man seeehr nah fotografieren möchte, benötigt man ein sogenanntes Makro Objektiv. Damit werden z.B. Insekten fotografiert oder ganz kleiner Kleinkram eben. Es ist eher ein spezielles Objektiv. Die “normalen” Objektive fokussieren ab einer zu kleinen Distanz zwischen Objekt und Objektiv nicht mehr (dies ist die sogenannte Naheinstellgrenze, ab da wird es einfach nicht mehr scharf). Das erlebt meine Frau öfter, wenn sie mit dem Handy ein Rezept aus einer Zeitschrift abfotografieren möchte – erst ist sie ganz nah dran mit dem Handy und geht dann ein Stück weiter weg bis der lustige grüne Kasten erscheint und anzeigt, dass es jetzt scharf sein sollte. Makros setzen also genau dort an, sie schaffen es nämlich, bis auf wenige Zentimenter zwischen Objektiv und Objekt zu fokussieren. Im Normalfall braucht man aber kein Makro. Die Detailaufnahmen, die ich für Katja mache, schieße ich mit einer ganz normalen Festbrennweite von 50mm.
Noch ein ganz wichtiger Tipp von mir: Macht bloß nicht den Fehler, euch einen ganzen Park an Objektiven zuzulegen! (Die Stoffsucht sollte sich nicht zur Objektivsucht erweitern.) Wenn man nur eines oder zwei hat, hat man auch nicht die Qual der Wahl und kann stattdessen seine Energie in kreative Ideen umwandeln. Ich fotografiere momentan 90% der Zeit bei meinen Hochzeitsreportagen mit nur zwei Objektiven! Und da habe ich ja auch viele wechselnde Situationen und Motive.
Fazit: Wenn ihr die Flexibilität eines Zooms nicht zwingend benötigt, fotografiert lieber mit Festbrennweiten.
Und noch eine letzte wichtige Sache: Beachtet den Cropfaktor!
Alle Brennweitenangaben beziehen sich auf das Vollformat, die meisten werden aber eine Cropkamera (hier gehts zum dem Blogartikel über Sensorgröße, also Vollformat vs. Crop) besitzen. Das bedeutet, ihr bekommt auf einer Cropkamera mit 50mm Objektiv einen anderen Bildausschnitt als auf einer Vollformatkamera mit dem gleichen 50mm Objektiv. Wenn ihr eine Cropkamera mit APS-C Sensor habt (Canon), so ist der Cropfaktor 1,6. Das bedeutet ihr multipliziert die 50mm mit diesen 1,6 und tada, ihr wisst, wie sich dieses 50mm Objektiv auf eurer Cropkamera verhält, nämlich wie ein 80mm Objektiv (50 x 1,6 = 80). Wenn ihr sowieso nur mit Cropkameras fotografiert habt, dann werdet ihr sowieso schon wissen, wie sich 50mm auf eurer Kamera anfühlen. Jedoch müsst ihr beachten, dass egal wo ihr was über Fotografie/Kameras lest (Blogs, Zeitschriften, Bücher, etc.) immer von den Brennweiten auf Vollformat die Rede ist. Da bin ich auch anfangs drüber gestolpert, dass ein 14mm Weitwinkel auf Vollformat viel weiter ist als auf Crop. Oder die klassische Reportagelinse mit 35mm doch nicht mehr so reportagegeeignet auf Crop ist, da sie 56mm entspricht und somit viel enger ist.
Beispielbilder
Hier noch einige Bilder. In der Bildunterschrift seht ihr mit was für einem Objektiv sie aufgenommen wurden. Könnt ihr einen Unterschied erkennen? Alle Bilder wurden mit maximaler Blendenöffnung fotografiert (also f1.4 bzw f2.8).
Tamron 24-70mm f2.8
Tamron 24-70mm f2.8
Tamron 24-70mm f2.8
Sigma 85mm f1.4
Sigma 50mm f1.4 Art
Nikon 85mm f1.4
Nikon 85mm f1.4
Sigma 50mm f1.4 Art
Sigma 50mm f1.4 Art
Tamron 70-200mm f2.8
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