«Hat mal jemand eine Zigarette», fragt Schauspieler Udo Schenk im Spaß. Natürlich kann dem Arzt aus der ARD-Erfolgsserie In aller Freundschaft niemand weiterhelfen. Denn die Sachsenklinik in Leipzig, in der seit 1998 für das Fernsehen operiert wird, ist rauchfrei. Dafür wurde der Serie das Rauchfrei-Siegel des Aktionsbündnisses Nichtrauchen in Zusammenarbeit mit der Deutschen Krebshilfe verliehen – und das natürlich stilecht im OP-Saal, in dem vorher noch gedreht wurde.
In aller Freundschaft gehöre zu jenen TV-Produktionen, die Nein sagen, «Nein zu dem falschen Vorbild, Rauchen sei cool und ein Sinnbild für Freiheit», lobte Fritz Pleitgen, Präsident der Deutschen Krebshilfe, während der Verleihung. Dies sei keine Selbstverständlichkeit, und das obwohl zwei Drittel aller Deutschen Nichtraucher seien. Gerade Ärzte und Krankenschwestern dienten als Vorbilder für gesundes Leben und würden in der Fernsehklinik auch als solche gezeigt.
Das Rauchfrei-Siegel bezeichnete Pleitgen als «Modul im Kampf gegen Krebs» und freute sich, die erfolgreichste Serie im deutschen Fernsehen damit auszeichnen zu können. «Dafür bin ich extra Präsident der Krebshilfe geworden», scherzte er. Ernster sehen da die Zahlen aus, denn noch immer sterben 100.000 Deutsche jährlich an den Folgen des Tabakkonsums. Das seien mehr als durch Alkohol, andere Drogen, Autounfälle und Verbrechen zusammen, so Pleitgen. Schon der erste Griff zur Zigarette müsse deshalb verhindert werden.
Vorbild vor und hinter der Kamera
Die sucht man in den Räumen der Sachsenklinik vergebens. Die Schauspieler der Serie und MDR-Fernsehfilmchefin Jana Brandt zeigten sich darüber sichtlich stolz. Schon 2009 hatte eine ihrer Serien, Schloss Einstein, das Rauchfrei-Siegel erhalten. Ein drittes Mal sei schon in Planung. Brandt selbst gab zu: «Ich verlasse jegliche Sitzung, sobald der Erste anfängt zu rauchen.»
Auch Cheryl Shepard alias Dr. Elena Eichhorn ist überzeugte Nichtraucherin. «Ich sollte mal für eine Figur rauchen, aber nach zwei Versuchen hat der Regisseur abgebrochen, weil ich nur gehustet habe», sagte die Schauspielerin im Gespräch mit news.de. Am Set werde konsequent nicht geraucht, was sie sehr schätze, denn auch in ihrem privaten Freundes- und Familienkreis gebe es keine Raucher.
«Ich sehe mich da auch als Vorbild für meine Kinder und in der Serie als Vorbild für Jugendliche vor dem Bildschirm», so Shepard. Dennoch werde das Thema Rauchen in der Serie nicht ausgespart. «Wir haben schon Lungentumore behandelt und ich habe Patienten auch schon die Frage gestellt, ob sie rauchen.» Die Serienärztin kann sich sogar an einen Fall erinnern, der ausgebüxt ist, um seiner Sucht nachzugehen, vom Klinikteam aber zurückgeholt wurde.
Die Versuchung ist groß
Der Sprecher des Aktionsbündnisses Nichtrauchen, Uwe Prümel-Philippsen, begrüßt einen solchen Umgang mit dem Thema Rauchen beziehungsweise Nichtrauchen im Fernsehen. «Beim Umgang damit sollte klar werden, was wünschenswert ist und was nicht», sagte er zu news.de. Es gehe nicht darum, nie eine Zigarette zu zeigen. Nur solle ein Raucher nicht als Vorbild dienen, sondern sein Laster problematisiert werden, um die Zuschauer bewusst zu sensibisieren.
Während seiner Arbeit im Aktionbündnis, das das Rauchfrei-Siegel seit 2003 an bereits zehn Serien (darunter Gute Zeiten, schlechte Zeiten, Soko Leipzig und Sturm der Liebe) vergeben hat, merke Prümel-Philippsen immer wieder, dass insbesondere in Krimis und Actionformaten geraucht werde, ohne dass das zur Handlung gehöre. Und das mit steigender Tendenz.
Erwiesenermaßen begünstige das die Nachahmung. «Studien belegen, dass je höher der Raucheranteil in Serien ist, auch das eigene Rauchverhalten zunimmt», so Prümel-Philippsen. Wer also viele solcher Serien sieht, der greife selbst eher zum Glimmstengel, beginne das Rauchen oder bleibe dabei. Gerade Jugendliche, die sich nicht nur an der eigenen Peergroup, sondern auch an der in TV-Serien orientierten, fühlten sich häufig motiviert, es auszuprobieren.
Wie viel Rauch darf’s sein?
Ein generelles Rauchverbot im Fernsehen würde Prümel-Philippsen daher begrüßen, auch wenn er kein militanter Nichtraucher sei. «Das ist genauso wie im Restaurant. Da kann ich mein Essen auch besser genießen, wenn keiner raucht», erklärt er. Insbesondere in Produktionen für Kinder und Jugendliche sei eine rauchfreie Umgebung erstrebenswert. Die ließe sich etwa in Form einer Freiwilligen Selbstkontrolle, wie sie schon in anderen Bereichen stattfindet, umsetzen und – sofern nicht vorhanden – gesondert kennzeichnen.
Gerade was die Einhaltung des gesetzlichen Werbeverbotes für Zigaretten angeht, dürfte das gar nicht so ferne Zukunftsmusik sein. Jüngst geriet ein Auftritt von Altkanzler Helmut Schmidt, bekennender Raucher, in Günther Jauchs ARD-Talkshow in die Kritik. Darin paffte der Politiker, was das Zeug hielt. Für eine Nichtraucher-Initiative Grund genug, Anzeige zu erstatten.
Mitarbeiter der Sendung seien vorsätzlich vermeidbaren Gesundheitsgefahren ausgesetzt worden. Und – noch schlimmer – habe Jauch Schleichwerbung gemacht, indem er Schmidt dazu annimierte, Rauchen als für seine Urteilskraft förderlich zu bezeichnen. Auch Krebshilfe-Präsident Pleitgen fand in Leipzig eher strafende Worte, so sehr er Schmidt als Mensch auch schätze: «Ein solcher Auftritt vor fünf Millionen Zuschauern ist nicht sonderlich verantwortungsvoll und überhaupt nicht vorbildlich.»
Wie Sie vom Glimmstengel lassen können, lesen Sie hier.
Quelle:
Nachrichten -
Medien Nachrichten -
«In aller Freundschaft» – Fernsehen ohne Glimmstengel