Ferienprogramm: Eine Eselswanderung im Toggenburg

Von Die Angelones @DieAngelones

Esel lieben die Fellpflege!

Gestern haben wir etwas Einmaliges erlebt: Wir waren bei der Famile Schmid zu Gast, die im toggenburgischen Wildhaus auf rund 1’100 Meter Höhe nicht nur einen Bio-Bauernhof betreibt, sondern auch Eselswanderungen anbietet.

Schmids Eselsherde zählt zehn Esel verschiedenen Alters sowie verschiedener Grösse und Eigenart. Mit uns auf die Wanderung kamen gestern der 9-jährige Peppino, der trotz seiner nicht allzu grossen Statur eindeutig das Alpha-Tier der Herde ist und am meisten Erfahrung mit Menschen und Wanderungen verfügt sowie Romeo, ein 4-jähriges grossgewachsenes, liebes Tier mit Flausen im Kopf.

Die Pflege schafft Vertrauen.

Bevor wir uns auf den Weg machten, durften wir die Esel striegeln und bürsten, während Werner Schmid die Hufe reinigte. Die Esel genossen unsere Pflege sehr, auch deshalb, weil sie gerade im Fellwechsel vom Winter zum Sommer stehen und froh sind, wenn dieser sonst eher lang dauernde Vorgang etwas beschleunigt wird.

Glücksmomente!

Für die Fellpflege haben wir uns genügend Zeit genommen, weil diese nicht zuletzt dazu dienen sollte, uns gegenseitig besser kennen zu lernen, eventuelle Ängste abzubauen und vor allem ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Tier aufzubauen.

Vertrauen als Basis für eine Beziehung

Irgendwann war es dann klar: Unser Kleiner fand Peppino sympathisch und ich hatte ebenfalls das Gefühl, mit dem “Chef im Stall” eine gute Beziehung aufgebaut zu haben. Also bildeten wir schon mal das erste Trio.

Zwei, die sich mögen!

Der Esel: ein liebenswürdiges und intelligentes Tier

Das zweite Trio hatte sich auch rasch formiert: Der grossgewachsene Romeo stand sozusagen auf Augenhöhe mit dem Familienoberhaupt, das selber auch rasch einen guten Draht zu diesem Tier aufgebaut hatte. Und Romeo war auch von seiner  Statur her besser geeignet, den Grossen auf seinen Sattel zu nehmen.

Das Familienoberhaupt auf erste Tuchfühlung mit Romeo

Ganz so einfach und entspannt waren die ersten Meter, die wir wanderten, allerdings nicht – vor allem nicht für mich und das Familienoberhaupt, da wir die Tiere führen mussten.

Esel sind Herdentiere, die eine Rangordnung haben. Diese wird immer wieder neu festgelegt und der Mensch sollte in dieser Ordnung ganz oben das Leittier darstellen. Leichter gesagt als getan, wenn man ausgerechnet mit dem Alpha-Tier unterwegs ist…

Noch etwas verkrampft…

Um als Leittier betrachtet zu werden, sollte man keine Kompromisse machen und vor allem mit Körperhaltung und Sprache Selbstsicherheit ausstrahlen, konzentriert sein, immer die gleichen Befehle geben und auf  Signale achten.

Vertrauen und klare Rangordnung: Der Beginn einer guten Beziehung

Gar nicht so einfach alles. Denn Esel sind richtig gefrässig und lassen kaum eine Situation aus, am Strassenrand Gras zu ergattern versuchen. Ziehen, schimpfen oder hin und wieder gewähren lassen, um sie dann zum Weiterlaufen zu motivieren? Das waren die – uns irgendwie sehr bekannt vorkommenden! – Fragen, die uns auf den ersten Metern laufend beschäftigten.

Bis wir dann aber mit der Zeit tatsächlich soviel Selbstsicherheit entwickelt hatten und dadurch die Selbstbestimmung wieder zurück gewannen – dann ging es besser. So richtig gut ging es aber erst dann, als wir einen Weg fanden, die Tiere durch Überzeugung zu führen. Anders als Pferde lassen sich Esel nicht einfach so “dressieren”  und dies zeugt nicht von Dummheit, sondern im Gegenteil von einer grossen Intelligenz. Ein Esel tut erst etwas, wenn er davon überzeugt ist, dass es Sinn macht für ihn.

Voran gehen, führen, aber dem Tier trotzdem seine Freiheit lassen

Dann liefen wir plötzlich selbstsicher und bestimmt voraus und die Esel liessen sich dadurch auch ganz anders von uns führen. Wir fühlten uns mit der Zeit dann auch so sicher, dass wir nicht ständig nach hinten schauen mussten, sondern alleine am Zug der Zügel schon merkten, wie sich der Esel grad so fühlte und darauf reagieren konnten.

Insbesondere auf einem morastigen Wegstück konnten wir die Tiere so richtig spüren: Anders als ein Pferd wählt der Esel nämlich seinen eigenen Weg durch den Morast. Da nützt alles Führen nichts – das Tier entscheidet selber, wo es laufen will. Und lieber bleibt es stehen, bevor es im Morast stecken bleibt. Dieses Verhalten erachten wir von Aussen betrachtet als stur, doch es zeugt von Intelligenz.

Auch ein Zückerli liegt drin!

Wenn die Beziehung zum Tier mit der Zeit geklärt ist und man wirklich der Leader ist, dann entscheidet man auch selber, wann wieder Grasfressen angesagt ist und gewährt solche Motivationspausen auch ganz bewusst. Und nicht deshalb, weil das Tier trotzt.

Vieles an diesem Nachmittag erinnerte uns ans Familienleben, an die Kindererziehung, an den zuerst noch so unbeholfenen, unsicheren Umgang mit Babys und die spätere gewonnene Selbstsicherheit im Umgang mit Kindern, an die ständige Überzeugungskraft, die man an den Tag legen muss, aber auch an die immer stärker werdende Bindung, die nur auf Vertrauen basieren kann.

Wenn Selbstverständlichkeit eintritt, dann ist es gut.

Auf der rund zweistündigen Wanderung ergab sich dann irgendwann eine gewisse Selbstverständlichkeit und sogar das Abwärtslaufen – bei welchem der Esel gerne dazu neigt, schneller zu werden und die Führung zu übernehmen – gelang dies sehr gut.

Das Familienoberhaupt: Von der Pflicht zur Kür!

Zum Abschluss der Wanderung zeigte uns Werner Schmid noch ein paar zusätzliche Tipps und Tricks im Umgang mit Eseln, die wir jetzt auf der Vertrauensbasis, die wir auf der Wanderung geschaffen hatten, auch sehr gut umsetzen konnten.

Streicheleinheiten zum Schluss

Zum Abschluss reinigten wir die Tiere wieder, bevor sie zurück in den Stall durften, während wir …

Wo man isst, da lass dich nieder!

… in den Genuss eines feinen Zvieri kamen!

Die Erfahrungen, die wir alle auf dieser Eselswanderung gemacht haben, sind vielfältig: Wir haben gewisse Ängste und vor allem Vorurteile gegenüber diesen faszinierenden und höchst intelligenten Tieren abbauen können, wir haben uns auf sie einlassen und einen Weg finden müssen, um gemeinsam auszukommen. Alles, was sich in diesen Stunden abgespielt hat, haben auch unsere Buben gesehen und erfahren und es war auch für sie – die ja sozusagen “nur” reiten und geniessen durften – sehr eindrücklich. Ausserdem ist alleine das Toggenburg einen Ausflug wert!

Wer von Euch hat schon eine Eselswanderung gemacht? Oder sonst Erfahrungen mit Eseln sammeln können? Wer kennt das Toggenburg?

Alle weiteren Infos findet Ihr unter www.esel-wanderungen.ch und schon bald auf buureTV.ch!