FemBio Frau des Monats: Mahalia Jackson (1911-1972)

Von Urzeit
US-amerikanische Gospelsängerin
100. Geburtstag am 26. Oktober 2011
Im Oktober 2011 jährt sich der Geburtstag der »Königin des Gospels« zum 100. Mal: Mahalia Jackson hatte nicht nur eine einzigartige Stimme und einen bewegenden Vortragsstil, sie entwickelte auch aus Elementen der Hymnen, des Blues und des Jazz eine ganz neue Richtung der schwarzen Musik, kämpfte voller Wärme und Energie in der schwarzen Bürgerrechtsbewegung und wurde zu einer der erfolgreichsten KünstlerInnen und Geschäftsfrauen ihrer Zeit.
»Jauchzet dem Herrn alle Welt mit der Stimme der Trompete!«
Mahalia »Halie« Jackson fing, wie sie selbst sagte, an zu singen, »fast sobald ich gehen und sprechen konnte«. Bereits im Alter von vier Jahren sang sie im Chor ihrer Kirche, der Plymouth Rock Baptist Church in New Orleans. Jackson, die Enkelin eines Sklaven, war fünf Jahre alt, als ihre Mutter starb und sie zu ihrer Tante, einer etwas strengen Christin, kam. In deren Haus war zwar nur kirchliche Musik erlaubt, aber Mahalia sang diese mit derselben Begeisterung wie weltliche Lieder aus dem Radio und von den Blaskapellen auf den Straßen von New Orleans.
Jackson musste die Schule schon mit sechzehn Jahren verlassen, um als Wäscherin ihr eigenes Geld zu verdienen. 1928 zog sie in das florierende Chicago und arbeitete als Waschfrau und Hotelangestellte für Weiße, erfolgreicher war sie jedoch bald mit ihrer Musik. Als Solistin sang sie für den Chor der Greater Salem Baptist Church zu Gottesdiensten und auf Beerdigungen, und ihre volle, warme und weit tragende Stimme wurde schnell über die Stadtgrenzen hinaus berühmt. Mitte der dreißiger Jahre war Jackson schon so bekannt, dass sie von New York bis Kalifornien eingeladen wurde, in schwarzen Kirchen zu singen. Besonders die kleineren ekstatischen Kirchen schätzten ihre ungehemmte Vortragsweise, in der Jackson den ganzen Körper in Bewegung setzte, schrie und ihr Publikum mitriss.
Sie begann, mit den »Johnson Gospel Singers« aufzutreten und nahm 1937 für Decca Records eine eigene Platte auf. Da diese sich nicht gut genug verkaufte und die »Johnson Gospel Singers« nur einen Dollar fünfzig pro Nacht verdienten, wenn sie in den Kirchen von Illinois oder Indiana auftraten, arbeitete sie zusätzlich als Kosmetikerin.
Nach jahrelangem Touren »entdeckte« der beliebte Chicagoer Radiokommentator Studs Terkel sie auch für das weiße Publikum und spielte eine ihrer frühen Aufnahmen in seiner Show immer wieder. Bess Berman von Apollo Records war zutiefst beeindruckt und bot Mahalia einen Vertrag an. Die Single Move on up a Little Higher von 1947 wurde schließlich ein großer Hit, brachte Jackson $300.000 im ersten Jahr ein und machte sie sowohl in den USA und bald darauf in Europa zu einer Berühmtheit, einer »Gospel Queen«. Es folgten die Platten God's Gonna Separate The Wheat From The Tares, My Lord, Keep Me Everyday und God Shall Wipe All Tears Away. Später wechselte sie zu Columbia Records.
Während der 1950er Jahre war Mahalia Jacksons Stimme im Radio, im Fernsehen und auf Konzerten in der ganzen Welt zu hören. Stets begleitet von ihrer exzellenten Pianistin Mildred Falls trat sie in Europa und Asien auf, wo ihre Konzerte immer ausverkauft waren, und 1954 bekam sie ihre eigene Radioshow beim Sender CBS. Sie mischte den Stil baptistischer Kirchenlieder mit dem von Bessie Smith, Ida Cox und Enrico Caruso und machte Gospel zu einer der bekanntesten und beliebtesten Musikarten Amerikas, sang sowohl für Dwight D. Eisenhower als auch zum Amtsantritt John F. Kennedys. Während ihrer ganzen Karriere blieb sie als tief spirituelle Person immer überzeugt im Glauben an ihre religiöse Sendung und sang keine säkularen Blueslieder statt ihrer Gospels. Ihre Songs vereinten die unterschiedlichsten Strömungen schwarzer Musik und formten so eine ganz neue Form spiritueller Musik.
Mit Beginn des Montgomery Bus Boykotts von 1955 engagierte sich Jackson in der schwarzen Bürgerrechtsbewegung der USA. Sie trat auf den Versammlungen von Martin Luther King auf und sang 1963 vor seiner legendären »I Have a Dream«-Rede in Washington ein altes SklavInnenlied, das dadurch zum Protestsong wurde. Fünf Jahre später sang sie auf Kings Trauerfeier. Ihre Musik wurde zwar von Weißen geliebt und gefeiert, aber Jackson blieb in den Südstaaten der USA und auch in Chicago ständigen Diskriminierungen ausgesetzt – sie lebte in einem »weißen« Viertel von Chicago, und auf ihr Haus wurde geschossen.
Mahalia Jackson heiratete zweimal, aber beide Ehen wurden geschieden. Ihr Lebensstil als selbstständige und erfolgreiche Künstlerin und Geschäftsfrau war offenbar zuviel für ihre Ehemänner. Da sie geschickt und umsichtig mit ihrem Vermögen umging, wurde sie sehr reich. Um etwas von ihrem Geld für einen sinnvollen, guten Zweck zu verwenden, rief sie die wenig bekannte Mahalia-Jackson-Stipendium-Stiftung ins Leben, die Stipendien an mittellose Studentinnen vergab.
Jacksons Gesundheit war aufgrund eines Herzleidens während ihrer letzten Jahre stark angeschlagen. Trotz Warnungen ihrer ÄrztInnen und mehreren Herzinfarkten arbeitete sie ungebremst weiter, bis sie 1971 auf Tournee in München einen Zusammenbruch erlitt. Am 27. Januar 1972 starb sie in ihrem Haus in Evergreen Park, Illinois, einem Vorort von Chicago, und wurde in ihrer Heimatstadt New Orleans beigesetzt.
Aretha Franklin sang auf Mahalia Jacksons Trauerfeier - und 37 Jahre später, 2009, zum Amtsantritt Obamas…
Britta Meyer und Joey Horsley
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Original-FemBiografie zu Mahalia Jackson von Joey Horsley unter http://www.fembio.org.