Feindliche Übernahme einer Genossenschaft?

Feindliche Übernahme einer Genossenschaft?

Halt, werden Sie jetzt sagen. Eine Genossenschaft kann man nicht übernehmen. Sie kann nicht von Einzelnen dominiert werden. Doch lassen Sie mich das Ganze mal näher betrachten und ein wenig durchspielen, wie es gehen könnte.

Zunächst die Rahmenbedingungen:

Was ist eine Genossenschaft?

Wikipedia, das Wirtschaftslexikon Gabler und natürlich das Genossenschaftsgesetz geben dazu folgendes bekannt:

  • „Eine Genossenschaft ist ein Zusammenschluss von natürlichen bzw. juristischen Personen, die sich gemeinsam wirtschaftlich fördern.“
  • „Eine eingetragene Genossenschaft (eG) muss drei Organe haben: Vorstand, Aufsichtsrat und General-/Vertreterversammlung. Leitungsorgan ist der Vorstand; der Aufsichtsrat ist das überwachende und beratende Organ, die General- bzw. Vertreterversammlung kann als Parlament der Genossenschaft (Legislative) eingestuft werden. Die Organe der Genossenschaft sind gleichgeordnet, es besteht also keine Über- oder Unterordunung.“

Das heißt:

  1. Aufsichtsrat = Kontrollgremium des Vorstandes, welches von der Generalversammlung gewählt wird.
  2. Der Vorstand ist für das operative Geschäft zuständig.
  3. Generalversammlung = Parlament.

Nun die fiktive Geschichte:

Die Gründung

Zwei Vertriebler wollten Investitionsmöglichkeiten für den kleinen Mann in regenerativen Energien anbieten. Sie trafen auf einen jungen Windradbauer, der interessante Alleinstellungsmerkmale aufwies und natürlich auch den Absatz seiner Windräder ankurbeln wollte. Dazu brauchte er ein Referenzprojekt. Aber wer sollte die fünf Millionen Euro zahlen? Für eine Anlage, von der Kritiker nicht glaubten, dass sie so gut funktioniert, wie es der Entwickler versprach.

2012 ist das Jahr der Genossenschaften. Energiegenossenschaften sind in aller Munde und erfreuen sich zunehmender Beliebtheit.

Also entschlossen sie sich, eine Genossenschaft zu gründen. Sie suchten sich Mitstreiter, die den Aufsichtsrat und Vorstand der Genossenschaften bilden sollten. Es war nicht schwer, Mitstreiter zu finden, die die Idee gut fanden, mit regenerativen Energien Geld zu verdienen.

Damit die beiden Vertrieblern nicht dem Vorwurf ausgesetzt würden, dass sie Geschäfte mit sich selbst machten, blieben sie im Hintergrund — in der Vertriebsgesellschaft. Die Leitung der Genossenschaft übertrugen sich den Mitstreitern.

Da sich die Vertriebler um das kümmerten, was sie am besten konnten — um den Vertrieb — kam schnell die erste Million zusammen, dann die zweite und die dritte. Während sie mit dem Gewinnen neuer Mitglieder beschäftigt waren, waren Vorstand und Aufsichtsrat damit beschäftigt, Erfolge zu feiern und sich mal etwas zu gönnen.

Das fiel den beiden Vertrieblern rasch auf. Sie entschlossen sich aus Anlass des Ausscheidens eines Aufsichtsratsmitglieds, den Rat von drei auf fünf Personen aufzustocken und drei Kontrollpersonen in den Aufsichtsrat wählen zu lassen. Dazu riefen sie eine Generalversammlung, also das Parlament ein und kümmerten sich darum, dass genügend Mitglieder kamen und die Versammlung beschlussfähig war. Dazu kündigten sie neben den trockenen Tagungsordnungspunkten auch eine kurzweilige Präsentation des neuen Windradtypus an.

Die Generalversammlung ist bekanntlich das Parlament und bestimmt den Aufsichtsrat, der den Vorstand und das operative Geschäft kontrolliert. Sie hofften nun auf einen sorgsameren Umgang mit den Einlagen der Genossenschaftsmitgliedern, denen gegenüber sie sich in der Pflicht sahen.

Soweit so gut.

Die Wahl vor der Wahl

Der Windradanbieter stellte die fleißigen Vertriebler vor die Wahl, entweder er darf in den Aufsichtsrat oder er zieht das Projekt zurück.

Oh, mein Gott, dachten die Vertriebler. So viele Mitglieder eingeladen, so viel Geld eingesammelt und alles umsonst? Dornröschen küsste die Kröte, sie schluckten die Kröte und schlugen den Mitgliedern vor, den Windradbetreiber als kompetenten Mann auch in den Aufsichtsrat zu berufen.

Die Generalversammlung

Die Mitglieder vertrauten den Vertrieblern und winkten die Vorschläge durch.

In den folgenden Monaten hörten die durch den Vorstand verursachten Unregelmäßigkeiten nicht auf. Nein, sie wurden schlimmer. Ein klarer Fall für den Genossenschaftsprüfverband. Schließlich ist es seine Aufgabe, nach dem Rechten zu schauen und dies nicht nur zum Jahresabschluss. Er ist eine zusätzliche Kontrollinstanz. Das Genossenschaftsgesetz, § 53 kennt den Begriff der Betreuungsprüfung.

Im Rahmen dieser Betreuungsprüfung verlangten die Prüfabgesandten ein Absetzen des Vorstandes. Dies erfolgte auch, allerdings unter starkem Widerstand und Postensicherungsaktivitäten. So erklärten sich aus Pflichtbewusstsein die beiden Kontrollpersonen bereit, nun die Geschicke der Genossenschaft zu einem Besseren zu wenden. Sie wechselten aus dem Aufsichtsrat in den Vorstand.

Während sie mit dem Tagesgeschäft beschäftigt waren, die Vertriebler Vertrieb machten, baute der Windradbetreiber seine Stellung im Aufsichtsrat aus, in dem er die beiden verbleibenden Mitglieder, die ja vor der Generalversammlung auch nicht gerade durch Kompetenz und Sparsamkeit glänzten, den Verlockungen des großen Geldes ein Stück näher brachte.

Wer viel macht, macht viele Fehler ... Naja, Sie kennen den Spruch. Der Tag kam und der Aufsichtsrat hatte sich in den Augen der Windradbetreiber-Klicke zuviel geleistet. So hatte auf einer außerordentlichen Generalversammlung, die einige Satzungsänderungen vornehmen sollte, nämlich dem Wunsch vieler Mitglieder folgend, die Abwahl der frohlockten beiden Aufsichtsratsurbesetzungsmitgliedern auf die Tagesordnung gesetzt. Oh, welch Frevel!

Der Aufsichtsrat kontrolliert den Vorstand, setzt ihn ein oder ab. Und Absetzen, das machte der windradgetreue Aufsichtsrat mit dem Vorstand, der aus dem ursprünglichen Kontrollern bestand. So schlägt er zwei Fliegen mit einer Klappe. Die gewählten Kontroller wurden also erst in den Vorstand gelobt, also weggelobt und nun abgelobt (abgesetzt).

Die Generalversammlung beruft den Aufsichtsrat oder beruft ihn ab. Damit die Generalversammlung überhaupt nicht ruft, wurde sie kurzerhand abgesagt. Gründe, eine Sache nicht zu tun, gibt es bekanntlich tausende. Gründe, eine Sache zu tun, nur einen. Das Parlament, also die Generalversammlung, kommunzierte schlecht miteinander und so sprach sich aus Angst, die Mitglieder zu verunsichern, der eine Grund nicht herum, warum es wichtig war, mal klar Schiff zu machen.

Das gleiche Ziel, der gemeinsame Weg

Der nun bereinigte Aufsichtsrat und mit dem alten Vorstand verstand sich sowieso am besten. Schließlich hatten alle das gleiche Ziel - den eigenen Geldbeutel. Und was sind schon ein paar hunderttausend Euro bei drei Millionen?

Damit die beiden fleißigen Vertriebler den neuen Frieden beim Genießen der Millionen nicht stören, wurde ihnen parallel der Vertriebsvertrag gekündigt.

Dass die Frohlockten nicht mit Geld umgehen können, diesen Vorwurf wollten sie sich nicht machen lassen. Die Räume für die nun abgesagte Generalversammlung waren bezahlt, das Essen bestellt.

Also warum nicht eine Präsentationsveranstaltung für einen neuen Vertrieb, der neue Mitglieder in die Genossenschaft bringt, die den alten Geist der Vertriebler und ihrer geworbenen Mitglieder durch neue Mitglieder mit neuem Geist übertüncht?

Dazu hat der Windrad-Clan ein halbes Jahr, bis die nächsten ordentliche Generalversammlung stattfinden muss — nämlich nachdem der Prüfverband den Jahresabschluss testiert haben wird.

Bis dahin ist genügend Geld eingesammelt, das Pilot-Windrad steht und der Windradbauer hat einen Vertrieb, der nichts kostet und trotzdem das macht, was er will. Geld allein macht nicht glücklich, aber es beruhigt ungemein.

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Ja, so etwas kann man nachts träumen oder tags spinnen. Die Wahrscheinlichkeit, dass so etwas passiert, ist sicher gering. Aber wenn Prüfverband ein zahnloser Tiger ist und der Windradbauer geschickt die Fäden im Hintergrund zieht, Intrigen spinnt, desinformiert und gut schmiert, kann man auch eine Genossenschaft feindlich übernehmen. Freilich werden bei der nächsten Generalversammlung die Karten neu gemischt. Aber wer kennt schon die Fingerfertigkeit des Kartengebers?

Was meinen Sie, ist die feindliche Übernahme einer Genossenschaft möglich?

Was hätten die Vertriebler tun sollen, um die geplatzte Generalversammlung doch stattfinden zu lassen? Denn der amtierende Aufsichtsrat und Vorstand hatten ja daraus eine Präsentationsveranstaltung gemacht.

Und was passiert, wenn der windradgetreue Clan aus Aufsichtsrat und Vorstand den Prüfverband davon überzeugt, dass alles bestens ist und die Finanzen der Genossenschaft sich prächtig vermehren und das Pilotwindrad bald steht? 


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