Feigheit siegt oder Wie sich die Bürgermeister im Kreis Ostallgäu vom Lobbyismus des Landrats für sein Hauptstadt-Krankenhaus ins Bockshorn jagen ließen

Alea iacta est: die Bürgermeister im Landkreis Ostallgäu haben sich "mit deutlicher Mehrheit für den Erhalt aller fünf Standorte im Klinikverbund Ostallgäu-Kaufbeuren ausgesprochen" berichtet die Allgäuer Zeitung vom 07.07.11 ("Bürgermeister: Alle fünf Kliniken im Ostallgäu sollen erhalten bleiben").
Nach einer "ausgesprochen offenen, umfassenden, ehrlichen und sachlichen Debatte" (heißt wohl: nachdem die Defizit-Gegner vehement gegen die neuerliche Verschleppung einer beherzten Sanierung der Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren protestiert hatten), einigte man sich mal wieder auf einen Formelkompromiss:
"Die Bürgermeister sind sich einig, dass der Erhalt aller Standorte nur «auf der Basis einer konsequenten Konzentration und Spezialisierung von Krankenhausleistungen und bei der Umsetzung weiterer Maßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit im neu strukturierten Kommunalunternehmen nachhaltig zu erreichen» sei. Die nötigen Schritte müsse der Verwaltungsrat «konsequent und ergebnisorientiert» beschließen und umsetzen. 
Falls bis 2014 das Defizit nicht sinkt, so die Bürgermeister, müsse sich der Verwaltungsrat «bereits jetzt» auf Maßnahmen zur Reduzierung der Klinikstandorte festlegen ."
Wenn der letzte Satz tatsächlich in dieser in sich widersprüchlichen Form beschlossen wurde, zeigt das die Verwirrung der Teilnehmer. Hätte man den Verwaltungsrat insoweit tatsächlich auf eine Vorentscheidung festnageln wollen, hätte man ganz präzise fordern müssen:
"Der Verwaltungsrat wird aufgefordert, bereits jetzt Maßnahmen zur Reduzierung der Klinikstandorte zu beschließen, die spätestens im Jahr 2015 automatisch umzusetzen sind, wenn die Defizite bis dahin nicht auf xxx € reduziert wurden".
In der vorliegenden Form wird der Verwaltungsrat den Beschluss (zwar sinnwidrig) dahin gehend auslegen, dass man sich erst im Jahre 2014 Klinikschließungen überlegen muss (sofern dann weiterhin ein hohes Defizit besteht).
Die Widerstände gegen eine Verschleppung müssen bei den ostallgäuer Bürgermeistern jedoch groß gewesen sein. Um sie "auf Linie" zu bringen, entblödete sich der Landrat Johann Fleschhut nicht, den Kommunalpolitikern Behauptungen aufzutischen, deren Haltlosigkeit er selbst bestens kennt:
"Fleschhut befürchtet ferner, dass es - öffne man die Tür für eine Schließung - nicht bei einem Haus bliebe. «Auch Füssen» könne so in Gefahr geraten, sagte er gegenüber unserer Zeitung" berichtete die AZ am 05.07.11. 
Offenbar hatte Fleschhut Angst, dass die Kreispolitiker aus dem südlichen Ostallgäu für eine Schließung von MOD stimmen würden. In Wirklichkeit sieht aber die Unternehmensberatung Kienbaum  gerade eine 'Zweihäusigkeit' mit Kaufbeuren und - Füssen (!) als betriebswirtschaftliches Optimum an. (Vgl. dazu auch meinen vorangegangenen Blott "Die bockigen Gärtner des Landkreises Ostallgäu: politischer Interessenfilz im Verwaltungsrat der Ostallgäu-Kliniken".) Ohnehin hat Füssen das einzige kommunale Krankenhaus im südlichen Teil des Landkreises Ostallgäu, während es im mittleren und nördlichen Bereich 4 gibt. Bei dieser Sachlage wird der Kreis die Füssener Klinik ganz gewiss nicht schließen, denn von hier würden die Patienten ins Klinikum nach Kempten ausweichen, anstatt andere Häuser im Ostallgäu zu belegen und damit deren Rentabilität zu steigern.
Leider verteidigt der Herr Landrat zu Lasten der Steuerzahlergemeinschaft die bestehende Zwerghäusigkeit gegen das Konzept der Zweihäusigkeit.
Der Kreisbote vom 05.07.11 ("Die Fronten sind verhärtet") zitiert eine weitere Falschbehauptung dieses landrätlichen Winkeladvokaten:
"Wenn es nicht gelinge, eine Lösung ohne Schließung eines Hauses zu finden, dann sei der Defizitabbau auch mit vier Krankenhäusern nicht zu schaffen, erklärte Landrat Johann Fleschhut anlässlich der Kreisausschusssitzung am Montag."
Hätte er Recht, würde er der Unternehmensberatung Kienbaum widersprechen, die gerade für den Fall einer Reduzierung auf 4 kommunale Krankenhäuser eine substantielle Defizitminderung errechnet hatte. Fleschhut selbst hat jedoch die Arbeit der Unternehmensberatung früher gelobt; wenn er deren Ergebnis nun implizit als falsch darstellt, muss er sich fragen lassen, warum er
a) seine Meinung geändert haben will und
b) als vermeintlicher Besserwisser überhaupt Steuergelder für ein solches Gutachten rausgeworfen hat.
Auf jeden Fall kann er sich für den Erfolg seiner üblen Täuschungsmanöver an die Brust klopfen:
"Dabei [also bei der Entscheidung für einen Fortbestand der fünfhäusigen Zwerghäusigkeit] habe die Solidarität aller Gemeinden eine Rolle gespielt, so Fleschhut. Denn wenn man anfange, ein Haus zu schließen, dürften weitere folgen."
Das kann man auch anders formulieren: 'Wenn schon Defizite, dann aber richtig'.
Oder: 'Kumpanei zu Lasten der Steuerzahler wird den Bürgern als Solidarität verkauft'!
Wenn man befürchtet, dass jede Schließung eines Hauses zwangsläufig zur Schließung weiterer Kliniken führt, muss man (und wird man leider wohl auch!) jegliche durchgreifende Sanierung auf den St.-Nimmerleins-Tag verschieben.
Besonders frustrierend an dem ganzen Trauerspiel ist für mich noch der Umstand, dass Landrat Fleschhut von den Freien Wählern kommt. Gerade von denen hätte ich einen Blick für das Ganze erwartet, anstatt Lobbyismus für Partikularinteressen. Aber offenbar sind die keinen Deut besser als  die 'richtigen' Parteien.
Textstand vom 08.07.2011

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