Es dürfte hinlänglich bekannt sein, wie verweichlicht berufstätige Eltern in der Schweiz sind. Kaum muss ein Kind mal krankheitsbedingt ein paar Tage das Bett hüten, jammern wir auch schon rum, die gesetzlich bewilligten Fehltage würden nie und nimmer ausreichen.
Die Schulleitung unserer Primarschule hat ganz richtig erkannt, dass mit solchen Memmen-Eltern kein Staat zu machen ist. Darum baut sie gerne mal ein kleines Spontaneitätstraining in den Schulalltag ein. Dieses Programm ist simpel, aber sehr wirkungsvoll:
Du schickst dein Kind am Donnerstagmorgen wie gewohnt zur Schule, wo es von einer Lehrperson empfangen wird, die auf dem Zahnfleisch geht und verkündet, den Vormittag könne sie gerade noch knapp durchstehen, aber am Nachmittag müsse sie im Bett bleiben. Dein Kind kommt darum mittags mit einem Brief nach Hause, in dem die Schulleitung mit in ein paar trockenen Sätzen erklärt: Lehrerin leider krank – heute und morgen kein Unterricht – falls niemand zu Hause ist, wird das Kind in einer anderen Klasse betreut.
Und das ist die Botschaft, die zwischen diesen trockenen Zeilen steht: „Wir haben wahrlich Besseres zu tun, als auf die Schnelle eine Stellvertretung aufzutreiben, bloss weil einige von euch Eltern glauben, sie müssten berufstätig sein. Klar können unsere anderen Lehrerinnen und Lehrer zur Not auch mal ein paar Stunden eure Blagen beaufsichtigen, aber glaubt bloss nicht, die hätten dann auch noch Zeit, denen Lerninhalte weiterzugeben. Aber ist ja nicht unser Problem. Ihr wolltet ja unbedingt beides haben – Kinder und Job. Da müsst ihr halt um Gottes willen ein wenig flexibel sein.“
Tja, und flexibel wirst du, ob du nun willst oder nicht. Du kannst ja nicht den Chef anrufen und sagen: „Ich kann heute leider nicht zur Arbeit kommen. Unsere Lehrerin liegt mit hohem Fieber im Bett.“ Wo die Arbeitgeber doch schon Freudensprünge machen, wenn du dich wegen eines kranken Kindes von der Arbeit abmeldest.