Februar | Monat des Eulenspiegels | Herbert Fritsche

Februar | Monat des Eulenspiegels | Herbert Fritsche Dem Bedürfnis des Menschen, Superlative auszuteilen, ist zwar ein jeglicher Monat gewachsen, dennoch wird sensiblen Seelen immer wieder der Februar als der schönste der zwölf Monate gelten. Der unbeschreiblich feine Seidenglanz auf den Rinden der Bäume - der Weiden und Pappeln insbesondere -, der vom Steigen der Säfte kündet und zuweilen mehr Lenzesseligkeit verheißt, als März und April hernach zu verwirklichen imstande sind, zittert über sich selbst hinaus wie das Licht einer Aura, deren Wahrnehmung nur Sonntagskindern möglich ist. Jedoch macht ein Februar-Abend, den weicher Westwind durchwühlt und über dessen Vorstadtgiebel und Baumkonturen ein Sichelmond voller orientalischer Verheißungen dahingleitet, nicht uns alle zu Sonntagskindern? Die Neuwerdung, im Januar noch verkapselt und versiegelt, übergreift im Februar das gesamte All. Am Tag Mariae Lichtmess, dem 2. Tage des Monats, ist der Sieg des Lenzes gleichsam entschieden, komme, was kommen mag. Fröste ungeheuerlichen Ausmaßes mögen, so Gott will, noch hereinbrechen, Schneestürme das Gelände zuschütten, nichtsdestoweniger webt sich das siegende Licht inniger und erweckungsmächtiger durch alles Sein, eine tiefgreifende Erneuerung wird zum Gebot der Stunde, wohin man immer mag. Das Jahr, kurz zuvor noch erstarrten und harten Antlitzes, beginnt sich umzuschminken auf eine fast närrische Weise, ehe es schließlich, dem Lenz entgegen, sein holdestes Antlitz zu offenbaren gewillt ist. Ein einziger Einbruch des Tauwindes - und die gläsernen Zapfen an den Dachrinnen tropfen und trommeln, das Glatteis bringt die übereilten Passanten zu Fall, selbst Hieronymus im Gehaeus erhebt sich vom Lehnstuhl und tritt ans Fenster, weil von den Gassen her die Musik des Westwindes lockt und ein Schellengeklirr darinnen vernehmlich wird: vorbei ist es jetzt mit den winterlichen Meditationen, die Weltzugewandtheit des Fahrensmannes regt sich auf den Chausseen, aber was da draußen geschieht zwischen triefendem Kraut und erstem Erblühen voreiliger Weiden, dort, wo die Füchse sich nicht mehr gute Nacht, sondern guten Morgen zu sagen beginnen, kann so bitter ernst nicht genommen werden - und deshalb trägt der Fahrensmann Schellen an der Kappe, einen Spiegel in der Hand und die Eule im Wappen. Der Fasching, der Karneval und seine Äquivalente - nichts anderes sind sie als Abzahlungen in Kleinmünze an den Gott Dionysos, der die wirre Vielfalt liebt im gesamten All und in jeglichem Geschöpf zugleich. Ist der Mensch, wie die alten Weisen es seit eh und je verkünden, ein Abbild des Weltalls im kleinen, ein Mikrokosmos, komponiert aus der Überfülle dessen, was als Äther, Mineral, Pflanze und Tier, als Stern und Atom die unendlichen Wirklichkeiten ausstattet, so muss dieses in ihn hineingeronnnene Überfülle sich selbst ergreifen über das Begrenzende hinaus, das uns zur Persönlichkeit zusammenrafft. So bietet uns denn der Monat des Tauwindes, der Meister des Schminkens, der Erweicher des Erstarrens die Maske an, den Taumel, die Verwandlung in Fremdes, welches zugleich nichts anderes ist als unterirdisch eingesperrtes Eigensein. Der Eulenspiegel-Mensch des Februar, der Domino, die Faschingsvermummung -: sie leben in kurzem, taumelbuntem Ausbruch für die Frist eines Jahres aus, was ohne diese Befreiungstat eine Mitgift gefesselter Mächte wäre, die den Lenz verdunkeln und den Sommer mit stöhnendem Spuk überschwemmen. Nach der Aschermittwochs-Stunde, wenn die schweifenden Geister ins Leben und Sterben der ihnen zugewiesenen Wirklichkeit gebannt wurden, hebt das Leisewerden an, die Fastenzeit, das Hineinführen des Leibes in die Selbstreinigung und das Lauschen der Seele auf das Lied vom Sieg des Lichtes, das die Meisen morgens früh vorm Fenster singen.




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