FDP: Lindner aus der Asche

Von Stefan Sasse

Der NRW-Wahlkampf ist ein Biotop, in dem die Thesen des NDS-Gründers Albrecht Müller quasi im Praxisversuch erlebt werden können. Die FDP, die im Saarland krachende 1,2% eingefahren hatte und mit Prognosen von um 3% in den Wahlkampf zog, bekam mit Lindner, dessen persönliche Karriereplanung mehr politisches Geschick als die von Philipp Rösler erkennen lässt, einen medientauglichen Vorsitzenden - und ab dann erfolgte der Wiederaufstieg der FDP wie nach Drehbuch. Einem unschönen Drehbuch zu einem echt schlechten Film, sicherlich, aber die Begeisterung für die FDP und der Raum, den sie in den Medien einnimmt, ist kaum zu leugnen (Lenz Jacobsen hat das in der ZEIT schön dargestellt).

Die LINKE dagegen wird geradezu totgeschwiegen und ignoriert. Fair ist das nicht, denn beide Parteien sind in einer vergleichbaren Situation, sowohl vom Wahlergebnis 2010 als auch von der Bedrohung des Wiedereinzugs her; bundesweit ist die LINKE sogar deutlich stärker. Warum also die Konzentration auf die FDP, die massive Schützenhilfe aus dem Blätterwald? Ist es ein Versuch eines Meinungskartells, ihnen genehme politische Lösungen zu forcieren? Das spielt mit Sicherheit hinein. Aber es gibt auch andere Gründe.


Das Offensichtliche zuerst. Die Zeitungsredaktionen dieses Landes sind, unabhängig vom Bundesland, mit Sicherheit eher auf der Seite der FDP als auf der Seite der LINKEn. Das brauchen wir überhaupt nicht zu debattieren. Die Liberalen bekommen tendentiell eine deutlich positivere Presse als die Linken. Diese Wahlwerbung für die Partei fällt mal mehr, mal weniger unverholen aus, kommt mal im Gewand reiner Berichterstattung über Parteitage, mal in Form knackiger Kommentare mit Wahlaufruf daher. Die LINKE dagegen ist praktisch unsichtbar, der Gegner heißt Rot-Grün - ob Klaus Ernsts Partei den Wiedereinzug schafft oder nicht scheint irrelevant. Dummerweise spiegelt dies die Realität zu einem gewissen Teil wieder.


Die LINKE befindet sich bereits seit 2009 in einem ständigen, siechenden Abstieg. Die polarisierende Wirkung, die sie zwischen 2005 und 2009 entfalten konnte, ist dahin. Neue Stars beherrschen die Bühne und haben die Aufmerksamkeit (und oft genug die Abneigung) der Medien auf sich gezogen; erst die Grünen und das Jubelgerufe von der "neuen Volkspartei", das sich mit der Berlinwahl in Nichts auflöste, dann der Dreck, der kübelweise über die kriselnde FDP ausgeschüttet wurde, dann der Aufstieg und kollektive Verriss der Piraten. Da man in der LINKEn zwischenzeitlich von Glückwunschtelegrammen an Castro und Debatten über den Nutzen der Mauer abgesehen hat, bleibt da wenig Aufmerksamkeit übrig (wie übrigens auch für die SPD, die seit geraumer Zeit auch nur sehr eingeschränkt stattfindet).


Dazu kommt, dass Lindner und die FDP einfach eine tolle Geschichte sind. Lindner ist charismatisch, sein Einsatz als Brandhelfer in NRW wurde sorgfältig durchchoreographiert. Hier sind Profis am Werk. Wer dagegen ist LINKE-Spitzenkandidat? Der FDP war klar, dass nur ein Knalleffekt sie in NRW über die 5%-Hürde würde hieven können, und dieser Knalleffekt ist Lindner, ein Medienliebling, jemand, der völlig problemlos Titelseiten zieren kann. Die Medien funktionieren so, so sehr man das bedauern kann und muss. Hätte die LINKE Lafontaine als Spitzenkandidat ins Rennen geschickt, oder vielleicht Sahra Wagenknecht, sie hätte auch wenigstens etwas mehr Publicity. Aber wer erwartet ernsthaft überschriftentaugliche Zitate von der NRW-LINKEN? Mit Lindner dagegen ist das praktisch garantiert. Es war clever von der FDP, die ihre knappen Ressourcen hier bestmöglich genutzt hat, ohne Zweifel. Man kann ihr ein krachendes Scheitern nur innigst wünschen.


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