Schneidig im Aufstieg, g’schmeidig im Abgang! Mit Ski durch die Nord-Ost-Flanke des Faulkogels.
Zugegeben: Mit der nötigen Portion Fantasie und einer gewissen Hartnäckigkeit bei der Suche findet man in fast jeder Region ein Pendant zum Matterhorn. Beim Faulkogel lässt sich aber zumindest eine gewisse Ähnlichkeit nicht abstreiten. Von allen vier Himmelsrichtungen steigen steile Grate zum Gipfel an; den Platz dazwischen füllen ausgesetzte Flanken aus. Randvoll mit Schnee gefüllt ist die Nord-Ost-Flanke für eine Skitour auf den Faulkogel (2.654 m) besonders reizvoll.
Bei sicheren Verhältnissen, die man in den Niederen Tauern am ehesten im Spätwinter vorfindet, erfüllen dir Aufstieg und Abfahrt die sehnlichsten Wünsche eines Skibergsteigers: Einsamkeit, Herausforderung und jede Menge Spaß in eindrucksvoller Berglandschaft!
Das Pongauer Matterhorn. Der Faulkogel zieht auch bei einer Skitour aufs Liebeseck alle Blicke auf sich.Von Flachauwinkel auf das Pongauer Matterhorn
Der Tag bricht gerade an, als wir am Eingang ins Marbachtal bei Flachauwinkel parken. Früh aufbrechen sollten wir schon, wollen wir bei guten Schneebedingungen vom Faulkogel abfahren, haben wir uns am Vorabend überlegt. Denn die Ostwand des Faulkogels ist früh der Sonne ausgesetzt. Die Deadline für den Aufbruch um sechs Uhr überziehen wir nur um zehn Minuten.
Weil der Frühling dieses Jahr eingeschlagen hat wie eine Bombe und die Straße bereits schneefrei ist, müssen wir die Skier etwa einen Kilometer ins Tal tragen. Oft schon bin ich diesen Weg gegangen. Im Sommer bei unserer Bergtour auf den Faulkogel oder im Winter während unserer zahlreichen Skitouren aufs Liebeseck.
Im Talschluss des Marbachtals. Der Faulkogel als Ziel der Skitour in der Bildmitte. Der weitere Aufstieg führt uns über das Schneeband und den ausgesetzten Quergang im rechten Bildrand.Der Weg bis zum Talschluss zieht sich ewig. Aber ein ums andere Mal ist er eindrucksvoll schön. Wie ein stiller Herrscher wacht der Faulkogel über dem Marbachtal. Als einer der markantesten Gipfel der Umgebung besitzt er natürlich eine besondere Anziehungskraft. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts glaubte man sogar, er sei der höchste Berg der Niederen Tauern.
Skitour auf den Faulkogel: ein Quergang und ein Höhenflug
Etwa fünf Kilometer folgen wir der Forststraße – vorbei an mehreren Almen – bevor uns das Gelände die ersten Spitzkehren aufzwängt. Die Lärchen, die im Marbachtal üppig wachsen, werden bald lichter und geben einen uneingeschränkten Blick auf den Faulkogel und den Weiterweg frei.
Der Wald lichtet sich und wir können weite Spitzkehren bis zum ersten Steilaufschwung ziehen.Der Einstieg in die Nord-Ost-Flanke befindet sich oberhalb des Neukarsees, der auf einem Plateau zwischen Faulkogel und Moosermandl liegt. Um zum Neukarsee zu gelangen, muss man im Talschluss eine knapp 200 Meter hohe Steilstufe überwinden. Da sie stark von Felsen durchsetzt ist, bieten sich dafür zwei Varianten an: entweder man wählt den Sommerweg und damit einen unangenehmen Quergang oberhalb der Felsstufe, oder man durchsteigt vom Fuße der Felswand eine Rinne und trifft im Ausstieg auf den Sommerweg.
Weil eine Lawine den Schnee aus der Rinne gefegt hat und die Felsen deshalb blank vor uns liegen, macht nur die erste Option Sinn. Wir halten uns im Aufstiegssinne weiterhin rechts und ziehen lange Spitzkehren nach oben, bis uns hohe Felswände auf einer Höhe von 1.900 Metern zwingen, nach links zu queren.
Quergang. Der Sommerweg ist im Winter etwas heikler.Der erste Teil des Quergangs ist gut auf Skiern machbar, der zweite weniger. Ein kleines Podest bietet Platz, um die Skier am Rucksack zu verstauen. Dann stapfen wir zu Fuß weiter. Steigeisen? Geht auch ohne, der Schnee ist eh schon weich.
Wieso ich Quergänge hasse? Darum!
Im Sommer lockert dieser seilversicherte Quergang die Bergtour auf den Faulkogel angenehm auf – im Winter entpuppt er sich als Schlüsselstelle der Skitour. Das Stahlseil ist tief im Schnee vergraben, also unbrauchbar, und der Steig stark abschüssig. Zur linken Seite bricht eine Felsstufe ab. Den nächsten Satz kennst du: Man darf hier nicht ausrutschen, sonst tust du dir weh oder das war’s. Der Satz geht auch mir durch den Kopf, als ich meine Skischuhe in die Tritte setze.
Stabil und sicher fühlt sich das nicht an. Warum war ich zu faul, meine Steigeisen anzuziehen? Zudem liegt der Quergang bereits länger in der Sonne und ich vertraue der Schneeschicht unter mir nur zaghaft mein Gewicht an.
Nach 150 Metern bin ich erlöst und kann meiner Skier wieder anlegen. Dass wir den Quergang heute noch ein zweites Mal machen müssen, verdränge ich in der Zwischenzeit.
Die von Felsen durchzogene Ostflanke des Faulkogels. Wir steigen über die linke Seite ein.Vom Neukarsee durch die Nord-Ost-Flanke auf den Faulkogel
Nach dem Quergang flacht das Gelände ab. Ein weitläufiges Plateau breitet sich vor uns aus und das Panorama über die Niederen Tauern haut mich fast wieder aus der Bindung. Während im Tal bereits der Frühling einkehrt, sind die Gipfel tief verschneit. In Schattenlagen hält sich sogar noch Pulverschnee.
Wir halten geradewegs auf die Ostflanke des Faulkogels zu und machen, bevor die Wand anzusteigen beginnt, einen Schwenk nach Links Richtung Mosermandl. Wer die Gegend im Sommer kennt weiß, dass unterhalb der Schneedecke der Neukarsee schlummert. Am Ufer des Sees entlang suchen wir uns einen geeigneten Weg, um in die Flanke einzusteigen.
Einsames Plateau rund um den Neukarsee.Durch felsdurchsetztes Gelände steigen wir mit Skiern auf, bis das Gelände kein Weiterkommen mit Spitzkehren mehr erlaubt. Die linke Wandseite verengt sich nach oben hin in die Neukarrinne. Dort erkennen wir einige Abfahrtsspuren. Rechts ist die Flanke ähnlich steil, aber offener.
Zuerst auf Ski. Später zu Fuß.Wir steigen im rechten Wandteil auf. Zuerst auf Skiern, später, als die Skier im schmierigen Firn immer schlechter Halt finden, stapfend. Die Flanke ist anhaltend steil, aber nie so steil, dass ich meinen Pickel vom Rucksack nehmen müsste. Auch auf die Steigeisen verzichten wir, weil die Schuhe ausgezeichnet greifen. Es ist ein echter Genuss, durch diese Wand zu steigen! Nie zu fürchten, aber trotzdem herausfordernd!
Im Mittelteil der Nord-Ost-Flanke.Aufstieg auf den Faulkogel: anstrengend aber großartig!
Im Mittelteil der Flanke blicke ich auf die Uhr und kann nicht glauben, dass der Gipfel noch so weit entfernt sein soll. Fast zweifle ich an der Korrektheit meines Höhenmessers. Doch der Blick nach oben lässt vermuten: Hinter dem nächsten Buckel versteckt sich ein weiterer Aufschwung.
Höhenmeter schlucken. Schneidiger Aufstieg.Von unten schien der Durchstieg durch die Nord-Ost-Flanke des Faulkogels wie ein Katzensprung. Direkte Linie, dann der kurze Gipfelgrat. Fertig. Aber die Dimensionen täuschen. Spätestens nach 200 Höhenmetern Stapferei fühlt sich die Wand endlos lang an. Am Neukarsee ist der Gipfel noch 550 Höhenmeter entfernt; dort wo die Flanke wirklich steil wird fehlen immer noch 350.
Voll im Flow! Verschnaufen auf einem kurzen Flachstück.Dafür ist der Aufstieg kurzweilig und unkompliziert. Keine nervigen Felsvorsprünge stellen sich in den Weg, kein lästiges Queren mehr und wirklich gar nichts trübt die Weitsicht. In direkter Linie machen wir schnell Höhenmeter. Die Schneeverhältnisse sind so gut, dass ich mich im Aufstieg richtig wohl fühle. Wir sind im Stapf-Flow und kosten jeden kräftezehrenden Schritt bis zum Gipfelgrat voll aus.
Letzter Steilaufschwung vor dem Gipfelgrat.Unterhalb des Gipfels treffen wir wieder auf den Sommerweg und folgen diesem bis zum Gipfelgrat. Hier lassen wir die Skier liegen und erreichen nach kurzer und einfacher Kletterei und einem ausgesetzten Übergang den Hauptgipfel des Faulkogels.
Ein schiefes Eisenkreuz schmückt den höchsten Punkt. Es ist auf eine hässliche Weise schön und passt irgendwie richtig gut auf diesen Felskoloss.
Das Ziel ganz nah. Nur noch der kurze Gipfelgrat trennt uns vom Tagesziel. Kurzer, ausgesetzter Übergang zum Gipfel des Faulkogels.Das beste an der Skitour auf den Faulkogel? Klar, die Abfahrt!
Als Abfahrtsvarianten bieten sich zwei logische Linien an: entweder man nimmt die Neukarrinne im Sinne der Abfahrt ganz rechts. Sie führt in direkter Linie zum Neukarsee hinab. Oder man folgt eher der Aufstiegsspur. Dieser Teil der Wand ist stärker der Sonne ausgesetzt und verspricht heute perfekte Firnverhältnisse.
Die Rinne ist zwar pulvrig, aber schon ziemlich verspurt, weshalb wir uns für den Firn entscheiden. Eine ausgezeichnete Wahl, wie wir nach den ersten Schwüngen feststellen. Oben durchpflügen wir sogar eine feine Pulverschicht, bevor sich die Schneeauflage in Firn verwandelt.
Skitour Faulkogel Radstädter Tauern
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Am Ende der Tour bin ich hin und weg, wie genial die Skitour auf den Faulkogel war. Sie stand schon lange auf meiner Wunschliste und jetzt ist klar: sie wird ein Fixpunkt in jeder Skitourensaison werden!
Infos zur Skitour auf den Faulkogel
- Aufstieg: 1.550 Höhenmeter
- Abstieg: 1.550 Höhenmeter
- Distanz: 17 Kilometer
- Schwierigkeit: schwer; S+/SS- nach SAC-Skala
Diese Ausrüstung war dabei
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