Faule Kompromisse? Die eigene Meinung ist besser!

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„Kompromiss ist, wenn sich in der Mitte trifft“ – klingt fair, oder? Ist aber falsch und brandgefährlich.

Denn dieses naive Verständnis von Kompromiss führt dazu, dass ein Angreifer immer gewinnt. Immer, ohne jede Ausnahme. Und doch wird diese Art der Kompromissfindung jeden Tag aufs Neue nicht nur angewendet, sondern geradezu eingefordert und unseren Kindern in den Kindergärten und Schulen in ihre unschuldigen Seelen eingebrannt, bis es zum Reflex wird.

Wo liegt der Fehler?

Wo liegt nun das Problem und was macht das „Treffen in der Mitte“ generell zu einem faulen Kompromiss? Nehmen wir zur Verdeutlichung folgendes, übertriebenes Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie besitzen ein Häuschen im Grünen, bei dem die Grenze zum Nachbarn mit einem Zaun markiert ist.

Eines Tages wachen sie auf und stellen fest, dass Ihr Nachbar den Zaun eigenmächtig fünf Meter weit auf Ihr Grundstück verschoben hat. Sie sind natürlich erbost und beschweren sich. Daraufhin kommt es zu einem Streit, denn der Nachbar sieht sich aus irgendwelchen fadenscheinigen Gründen im Recht.

Komm schon, der Klügere gibt doch nach!

Der Streit eskaliert, mittlerweile haben auch andere Nachbarn Wind von der Streiterei bekommen und wollen vermitteln. Man macht einen Termin aus, setzt sich zusammen und will „eine Lösung finden“.

Es geht hin und her und irgendwann fordert man Sie auf, sich auch einmal in den anderen hineinzuversetzen. Sie sollen im Sinne eines Der-Klügere-gibt-nach einen Kompromiss finden, denn das sei „vernünftig“ und „wichtig für den Dorffrieden“.

Verständlicherweise wollen Sie aber nicht einsehen, einfach so ein Teil Ihres Grundstücks aufzugeben. Doch das interessiert die anderen Nachbarn nicht, denn Sie sind „starrsinnig“, „rechthaberisch“ und „nicht kompromissbereit“.

Das Opfer wird zum Querulanten gemacht!

Man wirft ihnen bald vor, auf die Gefühle und Argumente Ihres Nachbarn keine Rücksicht zu nehmen. Dass er in einer schwierigen Situation lebt und dass Sie mit Ihrer harten Haltung doch bitte das gute Miteinander vor Ort nicht durcheinander bringen sollen.

Sind Grundstücksgrenzen nicht ohnehin willkürlich gezogene Linien? Hatte nicht der Urgroßvater Ihres Nachbarn Ihren Vorfahren mal was Gutes getan? Und überhaupt, die paar Quadratmeter Boden! Dafür lohnt sich doch keine Dauerfehde im Ort! „Stellen Sie sich also nicht so an“, wird bald der Tenor sein.

Das Spiel ist aus!

Letztendlich einigt man sich „ganz fair in der Mitte“ darauf, dass der Nachbar Ihnen die Hälfte des geraubten Grundstückteils zurückgibt und dafür Ihre Garage nur noch sonn- und feiertags zuparkt. Für seine Kompromissbereitschaft bekommt er eine Ehrennadel des Ortsbürgermeisters verliehen.

Sie dagegen haben einen Teil Ihres Gartens eingebüßt. Ihr Nachbar hat gewonnen und Sie haben verloren. In einem völlig irren Vorgang, der sich in dieser Form aber Tag für Tag im wahren Leben abspielt, nur eben in weniger offensichtlicher Form. Fragen Sie mal Anwälte, die vor Gericht Vergleiche aushandeln. Sie werden spannende Geschichten hören.

Völlig abstrus?

Und doch denken Sie: das ist doch völlig absurd! Klar ist es das, aber genau so funktioniert das Prinzip der Kompromissbildung durch Mittelpunktverschiebung, wie es seit der „antiautoritären Wende“ nach 1968 als gewünschter Standard gilt.

Man hat sich in der Mitte zu treffen, auch wenn diese Mitte erst durch eine Forderung des Gegners künstlich hergestellt wurde. Doch sie müssen mitspielen, sonst gelten Sie wahlweise als „unsozial“, „aggressiv“ oder „nicht kompromissfähig“, kurzum als Bösewicht.

So gewinnt der Aggressor immer!

Der Kompromiss in der Mitte führt prinzipiell zu einer Mittelpunktverschiebung. Das bedeutet, wenn man die Konzepte von „richtig“ und „falsch“ ablehnt und die Durchsetzung von berechtigten Interessen als unlautere Aggression verteufelt, kann jeder Dahergelaufene Ihnen immer und überall die Hälfte rauben.

Denn wenn Ihre Wahrheit eine „10“ ist und der Angreifer will eine „0“, dann bedeutet ein Kompromiss beim neuen Mittelpunkt „5“ einen Sieg für den Angreifer und eine Niederlage für Sie. Wenn Sie dem Gegner die Berechtigung der Forderung „0“ absprechen, behalten Sie zwar recht, gelten aber als asozialer Aggressivling.

Ohne jede Chance!

Dieses Kompromisskonzept führt daher ohne jede Ausnahme zum Nachteil des Angegriffenen. Dank dieses kranken Haltung gewinnt immer der Angreifer. Stets und ausnahmslos. Sie brauchen nur eine Forderung aufzustellen, irgendeine, und sei sie noch so abstrus oder egoistisch – und sie werden ca. 50% davon bekommen.

Das ist die Logik und die Konsequenz der modernen Kompromisspfuscherei. Man kann dieses Prinzip sogar jeden Tag in den Abendnachrichten besichtigen. Da fällt zum Beispiel ein Land in einem anderen ein. Das Opfer schießt zurück und erhält dann ordentlich mediale Dresche für seine „aggressive“ Gegenwehr.

Rechte Wange, linke Wange?

Natürlich kommen jetzt ein paar theologisch mittelmäßig sattelfeste Schlaumeier um die Ecke und sagen, auch Jesus habe beide Wangen hingehalten. Nun gut, schauen wir uns auch das an. Diese Leute irren, denn sie verstehen eines nicht: Der Messias war kein devoter Masochist, der unbedingt Prügel wollte. Er hat sich auch nicht mit dem Gegner auf halbem Weg getroffen.

Nein, er stand fest und aufrecht und war bereit, dafür, also für seine felsenfeste Standhaftigkeit auch die andere Wange hinzuhalten. Wer sich als Wir-treffen-uns-in-der-Mitte-Kompromissfeigling auf Jesus beruft, der hat wirklich so gar nichts verstanden. Die Sache mit den beiden Wangen ist geradezu der ultimative Aufruf gegen faule Kompromisse mit Mittelpunktsverschiebung.

Mut zu den Fakten!

Was ist nun aber ein guter Kompromiss? Auf jeden Fall nicht, an einem Baggersee im Taunus zu urlauben, wenn der eine ans Meer wollte und der andere in die Berge. Vielmehr geht es darum, dass man klipp und klar macht, für welche Wahrheit man steht.

Dann gilt es in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob überhaupt ein Mischkompromiss möglich erscheint. Wenn dies nicht der Fall ist, dann sollte lieber einer gewinnen und einer verlieren.

Das ist wenigstens ehrlich – und beim nächsten Mal kann man im Sinne der ausgleichenden Gerechtigkeit dem Willen des anderen nachgeben. Das ist eine Form von fairem Kompromiss: mal gewinnt der eine, mal der andere Kontrahent.

Hütet Euch also vor faulen Kompromissen. Sie tun alles, nur nicht gut.


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