Faszienbehandlung – “Nebenwirkungen“ und Erfolgstipps

Von Analytikerin @med_Traveler

Faszie bedeutet „Band, Bündel oder auch Verbund". Gemeint ist damit im weitesten Sinne das im Körper in unterschiedlichen Ausprägungen vorkommende Bindegewebe. Bindegewebe gibt dem Körper seine spezifische Struktur, verfügt über eigene Sinneszellen und wird deshalb von führenden Faszien-Forschern auch als eigenes Sinnesorgan betrachtet. Faszien haben die Fähigkeit zur Eigenwahrnehmung. Damit der Körper einwandfrei funktionieren kann, ist diese Eigenwahrnehmung jedoch immens wichtig. Störungen in den Faszien können deshalb zu einer veränderten Körperwahrnehmung führen. Beispielsweise können in gestörten Faszien Bereichen Schmerzen oder Kribbeln entstehen. Insbesondere bei Rückenschmerzen sind häufig gestörte Faszien in der langen Rückenfaszie die Ursache für Schmerzen und weniger die in bildgebenden Verfahren sichtbaren Abnutzungserscheinungen in den Gelenken. Häufig bedingen sich jedoch beide Probleme gegenseitig.

Kategorien von Faszien - Oberflächliche Faszien

(oberflächlich verlaufende spiralförmige Faszien): Diese bestehen aus lockerem Binde- und Fettgewebe. Sie sind überwiegend in weiten Teilen des Körpers im Unterhautgewebe zu finden. Zudem umgeben sie Organe, Drüsen und neurovaskuläre Leitbahnen. Oberflächliche Faszien puffern und dämpfen Lymph-, Blut- und Nervenbahnen. Sie finden sich überwiegend an Armen und Beinen.

Tiefe Faszien

Darunter werden dichte, faserreiche Bindegewebsstrukturen mit sehr hoher Zugbelastbarkeit verstanden. Diese umschließen und durchdringen Muskeln, Knochen und Knorpel, Nervenbahnen und Blutgefäße zum Teil. Unterschieden werden flächenhafte Faszien (z.B. die Plantar Faszie - eine Sehnenplatte unter dem Fuß, die von der Ferse zum vorderen Fußballen führt und bei Störung einen Fersensporn nach sich ziehen kann) und Sehnenplatten (APO Neurosen), als Bänder (Ligamente), Gelenkkapseln, Sehnen oder Muskel Septen (Bindegewebsschichten, die zwischen zwei Muskeln liegen).

Viszerale Faszien

Indem sie die inneren Organe umgeben, hängen sie die Eingeweide auf und betten sie ein.
Doch Faszien sind mehr als nur ein „Verpackungsorgan" für körperliche Strukturen wie Muskeln, Knochen, Bandscheiben. Forschungen belegen, dass Faszien viele Funktionen haben.

Funktionen von Faszien
Faszien sind ein eigenständiges, den Körper stützendes und formendes Organ; Faszien geben dem Körper Stabilität.

Faszien enthalten eine Vielzahl an Nerven, Schmerz- und Bewegungssensoren
Faszien sind das zentrale Organ der Körperwahrnehmung; sie haben damit Einfluss auf Immunsystem und Psyche. Letztere haben umgekehrt auch Einfluss auf die Struktur der Faszien.

Faszien dienen der Kraftübertragung von Muskel zu Muskel, und
dienen der Muskelkoordination und deren reibungsloser Funktion.
Sie versorgen alle Strukturen mit Nährstoffen.
Faszien können sich - unabhängig von der willkürlich gesteuerten Skelettmuskulatur - eigenständig zusammenziehen (zum Beispiel als Reaktion auf Stress), versteifen und auch wieder entspannen. Deshalb spielen Bindegewebsstrukturen eine entscheidende Rolle bei der Kraftübertragung von dynamischen, federnden Bewegungen wie beispielsweise dem Gehen oder Laufen. Gut trainierte Muskeln sind nicht mit intakten Faszien gleichzusetzen. Vor allem bei Leistungssportlern mit ausgeprägten Muskeln finden sich beispielsweise häufig Störungen in den Faszien.

FDM - hoch effiziente und unmittelbar wirksame manuelle Schmerztherapie
Die FDM-Methode geht zurück auf den US-amerikanischen Notfallmediziner und Osteopathen Stephen Typaldos.

Besonders wichtig für eine korrekte Diagnose und Therapie sind die Art und Weise, wie der Patient dem Behandler seine Schmerzen zeigt, die so genannte Schmerzgestik.
Aufgrund dieser spezifischen Gestik kann der erfahrene FDM-Therapeut die jeweiligen Verformungen (Distorsionen) erkennen und in die entsprechenden Techniken umsetzen. Die Interpretation der Gestik des Patienten ist das Kernstück dieser Behandlungsmethode.
Dabei wird davon ausgegangen, dass der Patient seinen Körper und seine Schmerzen am besten kennt; der Patient gilt als der Experte seines Körpers. Häufig führen Störungen der Faszien auch zu einer veränderten Körperwahrnehmung.

Ein FDM-Therapeut versucht, die Sprache des Patienten zu verstehen!

Röntgenbilder und sonstige Untersuchungen haben nur einen geringen Stellenwert. Ausschlaggebend ist die Eigenwahrnehmung des Patienten. Der Patient gibt durch seine Gestik und Beschreibung seiner subjektiv empfundenen Schmerzen oder Einschränkungen die Therapie vor.
Beim Fasziendistorsionsmodell (FDM) werden körperliche Beschwerden wie Schmerzen und / oder Bewegungseinschränkungen auf eine besondere Weise betrachtet. Ursachen für diese Beschwerden sind nach FDM auf spezifische Verformungen oder Verdrehungen (Distorsionen) der Faszien (des Bindegewebes) zurückzuführen. Indem mittels manueller Therapie das Gewebe in seine Ausgangsposition gebracht wird, können Beschwerden verschwinden oder zumindest deutlich reduziert werden.

FDM hat sich in der Praxis als hoch effizient erwiesen. Sowohl akute als auch chronische Schmerzen am Bewegungsapparat lassen sich behandeln und dadurch verbessern, beheben oder ganz beseitigen.

Insbesondere im Spitzensport nimmt FDM mittlerweile einen nicht mehr wegzudenkenden Platz ein. Gründe dafür sind vor allem:
kein Einsatz von Medikamenten sofortige Belastbarkeit nach der Behandlung kein Muskelabbau durch Ruhepausen (diese entfallen praktisch).
In der Regel führt die Behandlung nach dem FDM zu einer unmittelbaren Verbesserung der Symptome, so dass das Behandlungsergebnis sofort spürbar ist. Krankheitszeiten können somit deutlich verkürzt werden. FDM verzichtet auf in der Schmerzmedizin sonst übliche Medikamente und deren mögliche schädliche pharmakologische Nebenwirkungen.

FDM-Behandlung nach Typaldos: die Besonderheiten

Verschiedene Schmerzqualitäten (brennend, ziehend, dumpf, stechend, großflächig, punktuell) werden genau unterschieden. Zusätzlich wird differenziert, ob eine Schwäche, Steifheit oder Instabilität vorliegt. Aus diesen Hinweisen wählt der Therapeut/in die geeignete Methode. Weil jeder Patient als Experte für seinen Schmerz betrachtet wird und die Art und Weise, wie er diesen wahrnimmt und darstellt, ein entscheidender Bestandteil in der Art der Behandlung ist, entsteht zwischen FDM-Therapeut und Patient ein lösungsorientierter, gleichberechtigter Dialog, der zu einer erfolgreichen Behandlung führt. FDM ermöglicht eine Behandlung, die unabhängig von einer (schul-)medizinischen Diagnose ist. Stattdessen geht der FDM-Therapeut gezielt auf die Schmerzen des Patienten ein und behandelt diese direkt. Dies unterscheidet FDM grundsätzlich von Ansätzen aus dem Bereich der Orthopädie. Die Aussagekraft und Eigenwahrnehmung des Patienten gelten als richtig bzw. wegweisend.

Bestandteile der „Faszien-Anamnese"

Der Dialog zwischen Patient und FDM-Therapeut ist die Basis einer erfolgreichen Faszien-Behandlung. Der Therapeut stützt sich dabei auf vier Aspekte:

    Schmerzgestik: wie zeigt der Patient seine Schmerzen?
    Beschreibung der subjektiven Beschwerden des Patienten (ziehend, brennend, tief, oberflächlich, Schmerzen in Ruhe versus Schmerzen bei Belastung)
    Mechanismus der Schmerzentstehung (auslösendes Ereignis, Art und Richtung der einwirkenden Kräfte)
    objektive Befunde (Funktionsuntersuchung, Mobilitätstest, Abtasten des Schmerzbereiches)

FDM unterscheidet sich von anderen Behandlungsmethoden dadurch, dass nicht nur Bewegungseinschränkungen oder "Blockaden" behandelt werden, sondern über die Behandlung des Gewebes „manipuliert" wird. Sechs verschiedene Faszien Distorsionen werden unterschieden. Sie lassen sich nach äußerer Form und Lage der Faszien differenzieren. Je nach Art der Distorsion entstehen Schwäche, Bewegungseinschränkung, Instabilität, Kribbeln oder Schmerz. Die einzelnen Distorsionen müssen entsprechend unterschiedlich erkannt und - sofern verschiedene Distorsionen vorliegen - in einer bestimmten Reihenfolge behandelt werden.
Faszien Distorsionen werden in der Regel ausschließlich durch gezielte Handgriffe an den Schmerzbereichen des Patienten korrigiert. Häufig wird dabei mit starkem Druck auf bestimmte Punkte oder Bahnen gedrückt. Distorsionen im Bereich von Gelenken können zudem mit Kompression oder Zug (Traktion) „manipuliert" werden. Auch Flächenbehandlungen von oberflächlich verlaufenden spiralförmigen Faszien sind Bestandteil dieser manuellen Therapiemethode.

Anwendungsgebiete von FDM

    akute und chronische Sportverletzungen akute und chronische Rückenschmerzen Schulter- und Nackenschmerzen Gelenkschmerzen akute Schmerzen durch Verstauchungen und Verrenkungen von Gelenken, Hexenschuss, steifem Nacken Bewegungseinschränkungen nach Operationen Sensibilitätsstörungen, Kraftverlust fehlendes Balancegefühl

FDM am Beispiel Arthrose

Die Behandlung von Arthrose nach dem Fasziendistorsionsmodell richtet sich ausschließlich auf die aus der Arthrose resultierenden Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, die der Patient dem FDM-Therapeuten zeigt. Die vorliegenden strukturellen Veränderungen, die dem Gelenk zugrunde liegen, spielen hierbei keine Rolle. Die Schulmedizin fokussiert sich hingegen auf die Diagnose. Daraus resultiert eine Behandlung in Form von Medikamenten und Injektionen. Die umliegenden, schmerzbedingten Anpassungsvorgänge finden hier keine Berücksichtigung.

FDM - „Nebenwirkungen" und Erfolgstipps

Die Behandlung selbst ist bis auf die Manipulation der Faltfaszien in den Gelenken nicht schmerzfrei, da die Faszien selbst über viele Nerven verfügen, auf die während der Behandlung häufig ein starker Druck ausgeübt wird. Allerdings werden einige Minuten Schmerzen mit der Aussicht auf überdurchschnittliche Erfolgschancen gern akzeptiert im Gegensatz zu chronischen Schmerzen in Folge von gestörten Faszien. Vielen Patienten hilft es, während der Behandlung gezielt tief in den Schmerz hinein zu atmen, um sich so besser entspannen zu können. Auch der Therapeut durchläuft während der Behandlung eine Gratwanderung zwischen „Vollzug" und Sensibilität.

Am Tag der Behandlung und an den Tagen danach kann es an den behandelten Stellen zu Hämatomen (Blutergüssen), Hautrötungen und muskelkaterartigen Schmerzen kommen. Eine Erstverschlimmerung ist ebenfalls möglich. Manchmal entsteht auch ein Krampfgefühl durch Kontraktion und Entspannung. Eine positive „Nebenwirkung" ist, dass viele Patienten sich im Anschluss an die Behandlung regelrecht befreit fühlen - von physischen und psychischen Schmerzen.

Damit FDM erfolgreich wirkt, ist sofortige Bewegung im Anschluss an die Behandlung empfehlenswert. Dies sollte kein Leistungssport sein; ein zügiger Spaziergang hilft Ihren Faszien, sich mit der neuen Ordnung zu Recht zu finden. Auch wohliges Dehnen unterstützt die neue Struktur Ihrer Faszien.
(aus: Homepage Annette Schwarze, USA modifiziert)

Weiterführende Informationen zum Thema Faszien

Webseiten
* http://fdm-europe.com: Guter Überblick über FDM und aktuelle Neuigkeiten.
* http://www.myofascial.de: Website der Deutschen Gesellschaft für Myofascial Release e.V.. Erklärt, warum FDM wirkt. Enthält weiterführende Links.
* http://www.doctorschierling.com/fascia-research-page.html: englische, sehr ausführliche Website, die gut den Zusammenhang zwischen chronischen Schmerzen im (unteren) Rücken und gestörten Faszien aufzeigt. Viele Patientenstimmen auch bei anderen Schmerzstörungen.
* http://www.typaldos-akademie.de/faszien-nervensystem/: Eine der führenden deutschen Akademien für FDM erklärt den Zusammenhang zwischen gestörten Faszien und veränderter Körperwahrnehmung.

Fernsehsendungen
* "Auf der Spur der Faszien - Die neue Dimension im Körper": WDR-Sendung von Johanna Bayer „Quarks & Co" vom 15.04.2014
* „Faszien - geheimnisvolle Bänder", ARD-Sendung vom 14.10.2012
Faszien-Training für zu Hause
* Faszien-Training für zu Hause (PDF-Datei)
* Fascial Fitness - Training zum Aufbau eines geschmeidig-kraftvollen Bindegewebes. Autoren: Dr. Robert Schleip, Divo Müller, ISBN-13: 9783981371420, DVD mit 20-seitigem Booklet, ca. 35.- Euro. Das Trainingsprogramm enthält Übungen für zu Hause. Dazu gibt es Informationen über das System und die Eigenschaften der Faszien im ganzen Körper.
Lesetipps:
* „Ganzheitliche Körperarbeit mit den Faszien. Rolfing", Susanne Noll in: Yoga Journal 03/2014"
* Fascia - The Tensional Network of the Human Body Herausgeber: Robert Schleip, Thomas W. Findely, Leon Chaitow, Peter A. Huijing ISBN: 978-0702034251 (in englischer Sprache) Ein informatives Fachbuch in englischer Sprache. Wissenschaftler beschreiben Anatomie und Physiologie der Faszien. Außerdem geben sie Informationen zu Therapien wie Rolfing, bei denen die Faszien eine Rolle spielen. Das Buch gibt Fachleuten einen guten Überblick über den aktuellen Forschungsstand
* Noah Karrasch: „Meet Your Body: CORE Bodywork and Rolfing Tools to Release Bodymindcore", ISBN: 978-1848190160 (in englischer Sprache), http://noahkarrasch.com/media/books/
Ein Buch, das faszinierende Einblicke in den Zusammenhang zwischen Faszien und im Körper abgelegter Information bietet. Mit praktischen Übungsbeispielen für zu Hause.

Eine Dokumentation über Faszien