Wenn jemand in der Politik "nach bestem Wissen und Gewissen" gehandelt haben will, dann ist Gefahr im Verzug.
Karl-Theodor zu Guttenberg verteidigte so einst seine Doktorarbeit, genauso Annette Schavan. Franz Josef Jung rechtfertigte mit diesen Worten seine Informationspolitik zum Kundus-Luftangriff. Und auch Hans-Peter Friedrich versuchte, auf diese Weise seinen Kopf in der Edathy-Affäre zu retten. Allen ist gemeinsam: Es half nichts.
Nun also die Bundeskanzlerin: Energisch weist Angela Merkel den Verdacht zurück, die Bundesregierung habe die Öffentlichkeit im Wahlkampf 2013 über die Aussichten auf ein No-Spy-Abkommen mit den USA getäuscht. Jeder habe nach "bestem Wissen und Gewissen" gearbeitet, beteuert Merkel am Montag - sie meint damit vor allem ihre früheren Kanzleramtsminister Thomas de Maizière und Ronald Pofalla. Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert assistiert: "Wir haben nach bestem Wissen und Gewissen die Öffentlichkeit informiert."
Natürlich, ein Rücktritt steht angeblich nicht bevor, schon gar nicht der der Kanzlerin. Aber die Lage ist ernst, die Regierung alarmiert. Es geht jetzt um Lüge und Wählertäuschung. Die Glaubwürdigkeit der sonst so unangreifbar erscheinenden Regierungschefin leidet in der BND-Affäre. Tag für Tag muss sich das Kanzleramt als Fachaufsicht des deutschen Auslandsgeheimdienstes gegen neue, unangenehme Enthüllungen wehren. Und inzwischen fällt der Bundesregierung nicht mehr viel ein zur eigenen Verteidigung, außer zu rufen: Vertraut uns einfach!
Natürlich muß so ein Nonsens, Unsinn - oder wie wollen wir es nennen - geheim bleiben. Glaubt ja sonst kein Mensch.
Aber was heißt das eigentlich, man habe immer nach "bestem Wissen und Gewissen" gearbeitet und informiert? Klingt hochmoralisch. Doch so lässt sich so ziemlich jede Anschuldigung, es sei getrickst, getäuscht, betrogen oder gelogen worden, zurückweisen. Das gilt erst recht, wenn die Bundesregierung keine inhaltlichen Belege oder Argumente vorbringt. Ist ja alles streng geheim!
Vollmundige Ankündigung - kein Abkommen
So will Regierungssprecher Seibert die interne E-Mail-Korrespondenz zwischen Merkels Sicherheitsberater Christoph Heusgen und seinem Counterpart im Weißen Haus Karen Donfried aus dem Jahr 2013 nicht kommentieren. Der Rechercheverbund von "Süddeutscher Zeitung", WDR und NDR hatte diese am Wochenende veröffentlicht und damit belegt, dass die US-Seite nie eine belastbare Zusage für ein No-Spy-Abkommen gegeben hatte. Die Bundesregierung dagegen hatte im Wahlkampf mehrfach öffentlich erklärt, dass die Amerikaner den Abschluss eines solchen Anti-Spionage-Paktes versprochen hätten.
Wie kam es zu der vollmundigen Ankündigung? Dazu gibt es keine konkrete Auskunft. Seibert erklärt lediglich, die USA hätten angeboten, bestehende "Vereinbarungen zu verallgemeinern und auf ganz Deutschland auszuweiten". Die E-Mails suggerieren, die Bundesregierung könnte eine wohlwollende Aussage des Nationalen Geheimdienstdirektors James Clapper als Versprechen gewertet haben. Der hatte aber auf die Zuständigkeit des Weißen Hauses verwiesen.
Verließ sich die Bundesregierung zu leichtgläubig auf Clapper? Handelte sie also wirklich nach "bestem Wissen und Gewissen", als sie das No-Spy-Abkommen als beschlossene Sache darstellte? Das wäre peinlich. Dann hat sie sich in den Verhandlungen wie ein diplomatischer Anfänger vorführen lassen. Schließlich musste die Bundesregierung ein paar Monate später öffentlich einräumen, dass das Abkommen tot ist.
Dass die deutsche Seite so naiv war, ist schwer vorstellbar. Wusste Merkel also von Anfang an Bescheid? Wollte sie kurz vor der Bundestagswahl in der NSA-Affäre aber als entschiedene Streiterin für die Rechte des Wahlvolkes erscheinen, die den Amerikanern ein No-Spy-Versprechen abgerungen hat? Der E-Mail-Verkehr zwischen Kanzlerberater Heusgen und Donfried zeigt zumindest, dass sich die Regierung innenpolitisch unter Druck sah. Man rang um ein Signal der US-Seite, dass man der deutschen Öffentlichkeit als Erfolg verkaufen konnte. Dass man deswegen den Wunsch kurzerhand als Wirklichkeit verkaufte, wird in der Bundesregierung aber als eine Art Majestätsbeleidigung gewertet.
Dabei ist es nicht das erste Mal, dass die Bundesregierung in der BND-Affäre in Wissens- und Gewissenskonflikte gerät. Im April hatten Kanzleramt und Innenministerium auf eine parlamentarische Anfrage erklärt, es gebe keine Erkenntnisse zu US-Wirtschaftsspionage in Deutschland. Wie sich herausstellte, hatte der BND aber eben solche Hinweise kurz zuvor ans Kanzleramt übermittelt. Die Verteidigungsstrategie auch hier: Die Antwort sei "nach bestem Wissen und Gewissen" erfolgt. Aber: Man wolle nun noch mal überprüfen, ob die gegebenen Antworten zu diesem Komplex noch haltbar seien.
Quelle spiegel.de
Stellt sich die Frage, ob man sich auf das Wissen und Gewissen der Bundesregierung noch verlassen kann. Absolut No! Und Ottonormalverbraucher malocht ständig zum Mindestlohn ...
Arbeitslos?