via rgb128.com
Fast alle Spiegelreflexkameras und auch einige Modelle der Kompaktklasse bieten den Benutzern die Wahl zwischen den zwei Farbräumen AdobeRGB und sRGB, wenn es um das Speichern der Fotos auf der Speicherkarte geht. Doch worin liegt eigentlich der Unterschied zwischen diesen Farbräumen und welcher Farbraum ist für welchen Zweck besser geeignet? Und was muss man für Equipment haben, um Bilder am PC überhaupt farbecht bearbeiten zu können? Damit beschäftigt sich meine kleine Reihe “Farben und Farbräume in der Bildbearbeitung”. Im ersten Teil soll es zunächst um die beiden bekanntesten Farbräume sRGB und AdobeRGB gehen. Der Fokus liegt dabei vor allem auf der Verwendung im Alltag. High-End-Lösungen gibt es genug, aber für den normalen Anwender reichen weitaus günstigere Lösungen für ausreichend gute Ergebnisse.
Doch was ist eigentlich ein Farbraum und wozu braucht man den? Wir alle sind uns wahrscheinlich einig, was Rot für eine Farbe ist. Doch was ist denn nun das kräftigste Rot? Für den Computer ist das im Prinzip klar: bei einer Bilddatei ist das in der Regel die RGB (Rot-Grün-Blau)-Kombination [255-0-0]. Diese Information wird nun über die Grafikkarte an den Monitor weitergegeben. Mehr nicht. Und jetzt kommt es auf den Monitor und dessen Fähigkeiten an, die Farbe rot darzustellen. Jeder Monitor stellt den RGB-Wert [255-0-0] so kräftig dar, wie es die verbaute Hardware erlaubt. Das kann zu riesigen Unterschieden in der Darstellung führen und ist kann sehr ernüchternd sein, wenn die ausbelichteten Fotos nachher ganz anders aussehen als ursprünglich am Monitor betrachtet. Es muss also ein Standard her. Den Gedanken hatten mehrere, so dass es auch mehrere Standards gibt. Jeder Standard gibt genau Auskunft darüber, was z.B. das kräftigste Rot ist. So ein Standard nennt sich Farbraum und kann in Bilddateien hinterlegt werden. So ist auf seiten der Bilddatei klar, welches Rot gemeint ist, wenn der RGB-Wert [255-0-0] verwendet wird.
Damit ist aber leider noch nicht alles in Butter. Die Bilddatei kann jetzt zwar Auskunft darüber geben, welches Rot gemeint ist, aber der benutzte Monitor muss jetzt auch noch gesagt bekommen, welcher monitoreigene Rotton dem Rotton in der Bilddatei entspricht. Dazu muss jemand das sRGB-Rot und das Monitor-Rot in ein korrektes Verhältnis setzen. Denn in der Bilddatei steht jetzt nur folgende Information: “RGB (255-0-0) mit Farbraum sRGB” – das heißt für einen Monitor mit Werkseinstellungen weiterhin: “Gib mir das intensivste Rot, das du darstellen kannst”! Also muss der Monitor profiliert werden, damit das Betriebssystem weiß, dass das stärkste sRGB-Rot noch lange nicht das stärkste Rot ist, das der Monitor darstellen kann. Welche Einstellungen dafür notwendig sind, wird im zweiten Teil dieser Reihe behandelt.
Die Standards AdobeRGB und sRGB
In vielen Foren taucht immer ein sehr amüsantes Gerücht auf, das sich seltsamerweise schon über Jahrzehnte lang hält:
Der Farbraum “AdobeRGB” speichert mehr Farben als der Farbraum “sRGB”
Das ist schlicht falsch. AdobeRGB beinhaltet nicht mehr Farben, sondern andere Farben. Das mag auf den ersten Blick verwirren, gerade wenn man sich die obige Grafik anschaut. Dort ist zu sehen, dass AdobeRGB einen weiteren Farbraum abdeckt, insbesondere in den Cyan-,Grün- und Gelbtönen. Eigentlich müssten dann doch auch mehr Farben gespeichert sein…
Leider ist das nicht so. Fotos werden aber immer in einer bestimmten Farbtiefe (ausgedrückt in Bits pro Farbkanal) gespeichert: 8-bit, 16-bit, 32-bit. 8-bit pro Farbkanal bedeutet 256 (“2 hoch 8″) Rottöne, 256 Grüntöne und 256 Blautöne. In Kombination ergibt sich damit eine Farbanzahl von (256*256*256 =) 16,7 Millionen Farben. Diese Farbanzahl bleibt für eine Bitmapgrafik (z.B. JPG) immer gleich, egal in welchem Farbraum sie kodiert ist. Dennoch gilt für AdobeRGB, dass dieser Farbraum speziell im Bereich der Grüntöne wesentlich facettenreicher ist und diese Farbtöne wesentlich detaillierter wiedergeben kann. Die Farbräume AdobeRGB und sRGB teilen die typischen 16,7 Millionen Farben also einfach anders auf.
Warum also sollte man dann jemals sRGB wählen?
Die Antwort darauf ist ziemlich einfach: die meisten Durchschnittsmonitore können die erweiterte Farbpalette von AdobeRGB gar nicht wiedergeben. Es ist sogar tatsächlich so, dass viele preiswerte Monitore noch nicht einmal sRGB komplett wiedergeben können. Insbesondere Laptops (auch teure Modelle) haben oft eine ziemlich schlechte Farbwiedergabe. Das merkt man spätestens dann, wenn das gerade erworbene Kleidungsstück zuhause ein ganz anderes Blau hat als im Online-Shop. Und wie soll man überhaupt Farben in Fotos nachbearbeiten, die man größtenteils gar nicht sehen kann? Ohne einen halbwegs professionellen Monitor ist das schlicht unmöglich. Bei den meisten Dienstleistern für den Druck bzw. die Ausbelichtung der eigenen Fotos sieht das nicht anders aus – meistens kann man irgendwo im Kleingedruckten lesen, dass lediglich Bilddaten mit dem Farbraum sRGB akzeptiert werden und für andere Farbräume keine Gewähr übernommen wird.
Vorsicht bei der Bildbearbeitung in AdobeRGB
Größere Farbräume sollte man für die Bildbearbeitung nur dann verwenden, wenn das Bild noch in mehr als 8-bit pro Farbkanal vorliegt. Das schließt zum Beispiel JPG-Dateien von vorneherein aus. Da AdobeRGB nicht “mehr” Farben speichert, sondern lediglich einen größeren Farbraum mit der gleichen Anzahl an Farben speichert, bedeutet dies, dass die Abstände zwischen den einzelnen Farben größer sind als bei sRGB. Gerade, wenn man bei Bildern mit großen Farbräumen Änderungen vornimmt (z.B. indem man einen blauen Himmel abdunkelt), können diese Abstände zu sichtbaren Farbübergängen im Bild führen, wenn man an einem 8-bit-Foto herumschraubt. Insofern sollte man Fotos immer erst nach ihrer Bearbeitung in 8-bit speichern und ansonsten 16-bit bevorzugen. 16-bit-Fotos speichern so unvorstellbar viele Farben, dass eigentlich keine sichtbaren “Farblöcher” entstehen können. Zumindest nicht ohne sehr viel Aufwand.
Theorie vs. Praxis
Man könnte jetzt den Eindruck gewonnen haben, dass AdobeRGB trotz allem den weitaus besseren Bildeindruck vermittelt und sRGB unprofessionell ist. Dazu sei gesagt, dass jeder FullHD-Film auf schicker Bluray-Disc in einem Farbraum gespeichert ist, der sRGB sehr, sehr ähnlich ist. Und ich kann mich nicht erinnern, dass sich jemals jemand nach dem Genuss eines solchen Films über die unprofessionellen Farben darin beschwert hat. sRGB ist übrigens auch der Standard-Farbraum für Windows. Geschätzt 99% der Software geht ebenfalls von sRGB aus. Wer also mit AdobeRGB arbeitet, muss sein gesamtes System genau konfigurieren können. Und das ist leichter gesagt als getan. Da kauft man sich einen teuren Monitor und ein ebenfalls sehr teures Gerät für die Kalibrierung und Profilierung (zusammen kann das locker im vierstelligen Eurobereich liegen) und muss dann feststellen, dass viele Anwendungen (wie z.B. Computerspiele) komplett darauf pfeifen und die Farben im Spiel aussehen wie direkt aus einer Bonbonfabrik entflohen. Übrigens: einer der wenigen Webbrowser, der tatsächlich Fotos mit AdobeRGB-Farbraum erkennen und korrekt wiedergeben kann, ist Mozillas Firefox – zumindest, wenn man diese versteckte Funktion zu aktivieren weiß.
Und wie oben bereits erwähnt, nehmen die meisten Bilderdienste (z.B. pixum.de & saal-digital.de) ausschließlich den Farbraum sRGB an. Meistens können auch Fotos in AdobeRGB eingeschickt werden, aber sie werden bei Ankunft eh konvertiert. Wendet man sich also nicht an einen Bilderdienst, der sich explizit auf die Arbeit mit Profifotografen spezialisiert hat, ist die Farbraumfrage schon vorab geklärt. Es hängt eigentlich immer nur von dem ab, was man letztendlich mit den Bildern machen will. Werden die Bilder für ein typisches Fotoalbum entwickelt, reicht sRGB absolut aus. Wird dagegen auf hohe Farbgenauigkeit geachtet (z.B. bei Modefotografie, Industriefotografie), ist ein großer Farbraum unerlässlich.
Ironischerweise landen die meist aufwendig bearbeiteten Fashion-Fotos in irgendeinem Online-Shop und werden dort eh auf sRGB heruntergerechnet. Und dann können die meisten Computer die Farben trotzdem nicht korrekt darstellen, weil Monitore im Consumer-Bereich ab Werk nicht auf sRGB eingestellt sind, sondern ihr eigenes Farbsüppchen kochen.
Wie ich meine Fotos bearbeite
Ich fotografiere jedes Mal im RAW-Format (RAW-Dateien besitzen noch keinen Farbraum) und bearbeite die Fotos anschließend in Lightroom. Mein Monitor ist ein kalibrierter DELL U2711, mein Betriebssystem und meine Bildbearbeitungssoftware ist auf sRGB eingestellt. Als Monitorprofil habe ich im Betriebssystem das Profil hinterlegt, was mir meine Kalibrierungssoftware nach der Messung des Monitors ausgespuckt hat.
Am Ende der Bildbearbeitung wandel ich die Bilddaten in JPG-Dateien (8-bit) mit dem Farbraum sRGB um. Denn, sind wir mal ehrlich – meine Hochzeitsfotos landen bei den Brautpaaren entweder in deren Fotoalben oder werden per E-Mail an Freunde und Verwandte verschickt. Die Fotos in AdobeRGB an meine Brautpaare zu versenden, ist meiner Meinung nach absolut sinnlos, da sie mit 99%iger Wahrscheinlichkeit nicht korrekt dargestellt werden. Ich möchte, dass es meine Brautpaare einfach haben. Sie sollen sich nicht mit diesem technischen Schnickschnack auseinandersetzen müssen. Auf speziellen Wunsch gibt es die Hochzeitsfotos aber gerne auch in AdobeRGB oder ProPhotoRGB.