Ihr Lieben,
ich möchte Euch auf den folgenden Text aufmerksam machen, weil die Familien-krankheit Alkoholismus auch eine der Ursachen ist, warum Kinder Zutrauen zu Menschen aus dem Umkreis der Familie fassen, wenn diese ihnen mit Freundlichkeit und Zuwendung begegnen, um die Kinder anschließend sexuell zu missbrauchen:
Jenny* hat Stress. In letzter Zeit ist sie ständig müde und kann sich nicht konzentrieren. Kein Wunder: Ihre Eltern haben sich gestern im Schlafzimmer wieder gezofft und glauben, Jenny hat nichts mitgekriegt. Dabei lag sie wieder stundenlang wach und hatte Angst, dass etwas passiert.
Die Mitschüler machen sich lustig über Jenny, weil sie nach der Schule immer gleich heimgeht. Dabei hat sie Angst, dass ihre Mutter vielleicht schon am Tag betrunken ist, wenn sie nach Hause kommt. Und sie muss doch aufpassen, dass alles glatt läuft.
Ihre Mitschülerinnen finden Jenny doof, weil sie nie mit zu ihr nach Hause kommen können. Aber sie schämt sich, wie es bei ihr daheim aussieht und bringt deshalb keine Freunde mit nach Hause.
Vielleicht ist ihre Mutter auch wieder total gestresst, weil ihr Vater getrunken hat und macht Jenny wegen Kleinigkeiten an.
Jenny traut sich einfach nicht, darüber zu reden. Und jetzt bekommt sie auch noch Stress mit dem Lehrer...
So wie Jenny geht es vielen Jugendlichen. Oft ist der Grund der Gleiche: „Alkoholismus“ in der Familie. Aber darüber redet „man“ normalerweise nicht. Das ist schade, denn wenn mehr darüber geredet würde, wüssten mehr Kinder, Jugendliche und Erwachsene: Alkoholismus ist eine Krankheit, und die betrifft ganz viele Menschen auf der Welt, Männer und Frauen, Alte und Junge, Arme und Reiche. Und ganz oft leiden die Angehörigen mit, nicht nur die Erwachsenen, sondern auch die Kinder. Häufig werden die nicht trinkenden Familienmitglieder sogar (seelisch) krank und wissen nicht mehr weiter. Deshalb bezeichnet man den Alkoholismus als eine Familienkrankheit.
Wenn in einer Familie jemand trinkt und wenn ein Kind oder Jugendlicher darunter leidet, dann kann man aber darüber reden - und zwar mit anderen Kindern und Jugendlichen, die genau verstehen, wovon derjenige spricht: z.B. von der Scham, dem Stress in der Schule, dem Ärger mit der Clique, der Einsamkeit.
Kinder und Jugendliche aus alkoholkranken Familien haben die Möglichkeit, sich in Gruppen zu treffen, in denen sie unter dem Schutz der Anonymität reden können oder auch einfach nur zuhören, was die anderen so erzählen. Sie merken, dass sie nicht allein sind, und dass es keinen Grund gibt, sich zu schämen, wenn ein Elternteil krank ist.
Junge Leutekommen zusammen,
- um Erfahrung, Kraft und Hoffnung miteinander zu teilen;
- um über ihre Schwierigkeiten zu reden;
- um einen wirksamen Weg zu finden, mit ihren Problemen fertig zu werden;
- um sich gegenseitig zu ermutigen;
- dass zwanghaftes Trinken eine Krankheit ist;
- dass sie sich gefühlsmäßig von den Problemen des Alkoholikers lösen und ihn trotzdem weiterhin lieben können;
- dass sie nicht Ursache für das Trinken oder das Verhalten eines anderen sind;
- dass sie niemanden ändern oder kontrollieren können ausser sich selbst;
- dass sie geistige und intellektuelle Fähigkeiten haben, mit denen sie ihre eigene Persönlichkeit entwickeln können, ganz gleich, was zu Hause passiert;
- dass sie ihre eigenen wertvollen und befriedigenden Lebenserfahrungen machen können.
* Der Name und die Person Jenny sind frei erfunden und stehen in keinem Bezug zu einer evtl. tatsächlich existierenden Person mit diesem Namen.
Das Foto wurde von Karin Heringshausen zur Verfügung gestellt
