Familienausflug

Bei unserem ersten Ausflug zu viert wurde uns trotz genauster Planung wieder einmal gezeigt, dass Entfernung nicht gleich Entfernung ist.

Als Pärchen ohne Kinder ist man in das Auto gestiegen und meist erst am Zielort wieder ausgestiegen. Dabei passte das Gepäck bequem in den Kofferraum eines Kleinwagens. Mit zwei Kindern scheint selbst das Ladevolumen eines Hochdachkombis zu gering zu sein. Die Fahrt wird auch nicht in einem durchgezogen, sondern von Still- und Bewegungspausen unterbrochen. Zum Glück lassen sich diese ganz gut kombinieren. Einen enormen Vorteil haben die länger dauernden Fahrten: Entfernungen werden einfach wieder bewusster wahr genommen.

Trotzdem erreichten wir jedes unserer Ziele, nur etwas später als gewohnt.

Getroffen haben wir auf unserer Reise die unterschiedlichsten Familienmodelle:

Modell A: Zwei Erwachsene ein Kind in einer Dreizimmerwohnung

Modell B: Eine Erwachsene und ein Kind in einer WG

Modell C: Zwei Erwachsene, zwei Kinder, ein Hund, eine Katze und mehrere Hühner in einem Einfamilienhaus auf dem platten Land.

Besuch bei Modell A stand unter keinem guten Stern, da dies unser erster Anlaufpunkt direkt nach der langen Autofahrt war. Der Kleine zeigte sich mit der Gesamtsituation etwas unzufrieden, was er auch deutlich zum Ausdruck brachte. Meine Liebste hatte ihn also die ganze Zeit an der Brust hängen, was ihre Bewegungsfreiheit natürlich extrem einschränkte. Der Große schien zufriedener, da er sich nach der langen Fahrt endlich wieder bewegen konnte. Allerdings bedeutete dieser erhöhte Bewegungsdrang mehr Stress für mich, da ich ständig hinter ihm her laufen musste, damit er nichts zerstörte, was den Wohnungseigentümern am Herzen liegt.

Der Besuch bei Modell B stand unter einem besseren Stern, da die Anfahrtszeit geringer war- wir waren ja schließlich schon vor Ort. Genauer genommen war das ein Doppelbesuch: Wir besuchten eine gute Freundin meiner Liebsten- also ein Treffen unter Erwachsenen und unser Großer traf seine Krabbelgruppen-Freundin, mit der er die ersten anderthalb Jahre seines Lebens viel Zeit verbrachte.

Was mir bei diesem Besuch ziemlich deutlich gemacht wurde, war, dass ein wenig Anhänglichkeit auch seine Vorteile hat. Die Freundin unseres Großen hat ein starkes Bedürfnis in der Nähe ihrer Mutter zu bleiben, unser Sprössling vermittelt dahingegen stark den Eindruck, die für ihn fremde Stadt auf eigene Faust erkunden zu wollen. Ein gemeinsamer Spaziergang wurde so zu einer Geduldsprobe.

Da wir ja mittlerweile zu routinierten Reisenden geworden waren, standen die Vorzeichen für einen Besuch bei Modell C am Günstigsten. Hier konnten wir uns als Erziehende mal zurücklehnen, da die beiden Großen absolut selbstständig miteinander spielten. Dabei stellte ich ein Abhängigkeitsverhältnis fest: Unser Großer, knapp anderthalb Jahre jünger als sein Spielkamerad, ernannte diesen zum Vorbild. Sein Vorbild wiederum sah in ihm eine Art Versuchskaninchen: Unter anderem probierte unser Kind weihnachtliche Fensterdekoration aus Gummi, testete die Reaktion von uns Erwachsenen auf die Treppe herabfallende Spielsachen usw. Unser Großer ist bei diesen Aktivitäten natürlich nicht als Opfer sondern als Mittäter zu betrachten.

Außer dass wir Erwachsenen uns bei diesem Besuch erholten und ziemlich wohl gefühlt  hatten, erweckte er in uns Zukunftsträume: Der Wunsch nach einem eigenen Haus mit abgeschlossenem (großem!!!) Garten. In meinen Augen das Beste, wenn man ein Kind mit erhöhtem Bewegungsdrang hat.

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