Immer mehr Mütter müssen und wollen trotz Kinder berufstätig sein. Sie fordern zu recht „Beruf und Familie müssen vereinbar sein“ und „Männer sollen sich mit ihnen die Elternzeit teilen“. Aber das ist gar nicht so einfach. Dennoch sehe ich mit großer Freude, dass immer mehr Väter für sich die Elternzeit in Anspruch nehmen und sich um ihre Kinder kümmern, während die Mütter wieder schnell in ihren Beruf zurückkehren können.
Als Papi hätte ich mich gern von Anfang an um meine 2 Töchter gekümmert, Elternzeit genommen und mich mit Windeln, Babylärm, verklebten Böden und Wäschebergen herumgeschlagen. Stattdessen musste ich arbeiten und das bis zu 200 Stunden im Monat. So ist das, wenn die Familie über die Runden kommen muss. Da gibt es kein wenn oder aber. Hatten meine Frau und ich überhaupt eine andere Wahl? Nein! Weil ich als Mann, wie bei vielen anderen Paaren, mehr verdiene als meine Frau. Da liegt es auf der Hand wer von uns die Betreuung der Kinder übernimmt.
Da aber heute ein arbeitendes Elternteil längst nicht mehr ausreicht, um alle Kosten zu decken, muss unbedingt ein Umdenken stattfinden. Wir müssen weg kommen von der klassischen Rolle „Männer schaffen das Geld heran, während die Frauen daheim die Kinder hüten und groß ziehen“. Ob man dieses Rollenbild mag oder nicht, es funktioniert in vielen Fällen heute nicht mehr und immer mehr Beziehungen drohen daran zu zerbrechen. Das ist Fakt. Was mich daher sehr beschäftigt ist die Tatsache, dass sich heute immer noch viele Frauen ihrem Arbeitgeber gegenüber unwohl fühlen, wenn sie ihm wie ein verängstigtes Mäuschen „beichten“ das sie schwanger sind. Da fließen nicht selten Tränen. Ich habe das selbst erlebt. Dabei sollten die Frauen doch stolz sein Mütter zu werden und mit einen Kind ist ihr Berufsleben nicht beendet. Aber sie haben Angst ihre Arbeit zu verlieren. Zu recht wie ich es selber erleben musste.
Ich möchte an dieser Stelle auch ein sehr persönliches Erlebnis einfließen lassen, über das ich öffentlich bisher noch nicht geschrieben habe: Meine Frau war angestellt und wurde schwanger. Trotz Übelkeit und Erbrechen ging sie arbeiten. Sie verlor unser Kind in der 8. Woche. Ihr Arbeitgeber verlangte ein Gespräch nach nur einem Tag, als sie aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Ich redete meiner Frau dennoch gut zu, obwohl sie sich total unwohl fühlte. Sie ging zum Gespräch. Mit Tränen erzählte sie ihm, was passiert ist. Er kündigte sie danach feige und prompt per Post. Sie wurde arbeitslos. Ein Jahr später wird unsere Tochter Melina-Sophie (2) geboren. Meine Frau rutschte in Hartz IV. Das sind nur zwei Beispiele, wie es unseren schwangeren Frauen im beruflichen Alltag ergehen kann.
Mit solch einer Last haben wir Männer nicht zu kämpfen. Wir sind oft fein raus. Für uns laufen unser Körper und die Arbeit problemlos weiter, während unsere schwangere Frau mit Schmerzen, Übelkeit oder Stimmungsschwankungen zu kämpfen hat, sich auf Arbeit schleppt und sich kaum traut ihrem Chef unter die Augen zu treten. Doch das ist noch nicht das Ende vom Lied. Zum Großteil gehen die Mütter in die Elternzeit. Oft ist es dann so, dass ihr trotz Mutterschutz der Weg zurück ins vertraute alte Berufsleben kaum mehr möglich ist. Sie gerät ins berufliche Aus. Der Vater arbeitet und die Mutter kümmert sich weiter und weiter, weiter und immer weiter um die Kinder. Der berufliche Wiedereinstieg wird immer schwerer.
Das ist ein ganz wichtiges politisches, wirtschaftliches und gesellschaftliches Problem. Ich mag jetzt nicht politisieren. Das ist nicht meine Aufgabe. Mir ist viel wichtiger, was wir jetzt schon im Kleinen, jeder für sich ändern kann. Die 5 cm vor der eigenen Nase so zu sagen.
Es ist mir wichtig, das sich Mütter und Väter die Arbeit, die Kinder mit sich bringen, partnerschaftlich teilen – wie die Elternzeit. Gemeinsames Leid ist geteiltes Leid. Es stärkt das gegenseitige Verständnis und die Beziehung. Ich z.B. habe aus diesem Grund meine zeitintensive Arbeit aufgegeben, mir einen neuen Job gesucht, um mehr Zeit mit meinen zwei Töchtern zu verbringen und meine Frau zu unterstützen. Dies war gewiss kein leichter Schritt. Aber wer gibt schon gern einen sicheren und ganz gut bezahlten Job auf und verzichtet freiwillig auf mehr Luxus?
Sollten wir noch einmal ein drittes Kind bekommen, dann werde auch ich einen Teil der Elternzeit in Anspruch nehmen, so dass meine Frau schnell in ihren Beruf zurückkehren kann. Die Kleinen werden so schnell groß. Es wäre schade, wenn ich das verpasse. Arbeiten kann man noch das ganze Leben. Dass Familie und Karriere zusammen möglich sind, das wollen meine Frau und ich zeigen. Wir machen uns Selbstständig und werden so besser als vorher Familie und Karriere vereinen können, da wir flexiblere Arbeitszeiten haben werden.
Derzeit gehe ich Vollzeit als Verkäufer im Schichtdienst arbeiten, bin Kleinunternehmer mit meinem Online Shop Nostalgia-pur, schreibe zu guter Nachtstunde für meinen Blog papiredetmit.de und bereite nebenbei zusammen mit meiner Frau, die derzeit noch in Elternzeit ist, unsere Selbstständigkeit vor. Wenn die Elternzeit vorbei ist, wird meine Frau unser geplantes Geschäft eröffnen. Ich werde vorerst weiter angestellt bleiben und meinen Online Shop als Kleinunternehmer im Nebenerwerb betreiben.
Das heißt auch für mich, dass ich mich noch mehr um meine Töchter kümmern muss, als ich es jetzt schon tue. Ein hartes Stück Brot. Aber wer das eine will, muß das andere mögen. So einfach ist das.
Ein Gastbeitrag von Christian Kempe, Blogger auf papiredetmit.de
Er ist Teil der Aktion “Zwischen Frauentag und Muttertag: Platz für die Väter!”