Fall Kachelmann: Nach den beiden letzten Verhandlungstagen wird es eng – für die Staatsanwaltschaft!

Fall Kachelmann: Nach den beiden letzten Verhandlungstagen wird es eng – für die Staatsanwaltschaft!

© Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de

Der Rechtsmediziner Prof. Bernd Brinkmann aus Münster dürfte einer der renommiertesten Vertreter seiner Zunft in Deutschland sein, und trotzdem hält gerade ihn das Landgericht Mannheim im Prozess um eine angebliche Vergewaltigung durch den Wettermoderators Jörg Kachelmann für befangen. Deswegen wurde er am 20. Verhandlungstag nur als sachverständiger Zeuge gehört. Er durfte also nur von seinen diversen Versuchen zur Prüfung der Frage, ob die Verletzungen bei der Nebenklägerin auf eine Vergewaltigung durch Kachelmann zurückzuführen sind, berichten, seine Schlussfolgerungen daraus aber nicht (offen) zu Protokoll geben.

Doch seine Untersuchungen müssen äusserst akribisch gewesen sein, wenn man den Pressemitteilungen, wie z.B. hier, Glauben schenkt:

So wurden von ihm umfängliche Selbstversuche durchgeführt, bei denen sogar extra angefertigte Apparaturen verwandt wurden, den Druck, mit dem das extra nach dem angeblichen Tatmesser hergestellte Exemplar geführt wurde,  mass man exakt, Hämatome wurden nachgestellt und vermessen, Mitarbeiterinnen des Professors machten ebenfalls Versuche – ja, sie stellten sogar Ritzmuster mit ihren Fingernägeln in Käselaiben her – kurz, es wurde dem äusseren Anschein alles unternommen, um eine Plausibilität des durch die Nebenklägerin im Ermittlungsverfahren geschilderten angeblichen Tathergangs und den angetroffenen Verletzungen herzustellen – und, wie gesagt, bei Prof. Brinkmann handelt es sich nicht um einen Todesangst erschnüffelnden Traumatologen oder einen langmähnigen Zauberlehrling aus der staatsanwaltschaftlichen Traumwerkstatt, sondern um einen ausgewiesenen Fachmann seiner Profession, der Rechtsmedizin. Umfänglich geschildert werden seine diversen wissenschaftlichen Tests zB. hier.

Ergebnis des Professors der Rechtsmedizin:

  • Die Blutergüsse dürfte sich die Nebenklägerin selbst zugefügt haben, denn die Hämatome wiesen „Sicheln“ und „Ausbuchtungen“ an den Rändern auf, als ob dort die Oberseite einer Hand mit vier Fingerknöcheln aufgeschlagen wäre – also seien sie nicht durch den Druck von Oberschenkeln eines angeblichen Täters entstanden.
  • Die Verletzung am Hals könne sich die Nebenklägerin ebenfalls  selbst zugefügt haben, jedenfalls liessen sich die Verletzungen mit dem Vergleichswerkzeug nicht herstellen.

All dies ist dazu geeignet, es der Staatanwaltschaft deutlich schwerer zu machen, die Tatbegehung durch Herrn Kachelmann mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ nachzuweisen, denn es fehlt bei einem entscheidenen Umstand schlicht an einer Kausalität zwischen angeblichem Tathergang und angeblichem Tatwerkzeug. Und all dies hat nicht mit pseudowissenschaftlichen Gerede zu tun, sondern mit wissenschaftlich belegter Prüfung eines Tathergangs im Sinne der klassischen Wissenschaften.

Zusätzlich wurde die Aussage des Prof. Brinkmann heute durch den Sachverständigen des Landeskriminalamtes (LKA) Baden-Würtemberg, Gerhard Bässler, bestätigt – und zwar in einem solchen Masse, dass selbst das dem Angeklagten mehr als kritisch gegenüberstehende Blatt „Focus“ online von einer Entlastung Kachelmanns spricht (Klick): die Spuren an dem Messer, mit dem der Angeklagte die Nebenklägerin angeblich bedroht und verletzt haben soll, lassen sich seitens des LKA eben gerade nicht zweifelfsfrei Kachelmann zuweisen. Und auch das Strickkleid der Nebenklägerin weise keinerlei Spuren einer Gewaltanwendung auf, ebenfalls lasse sich bei den geringen Blutspuren an dem Küchenmesser nicht einmal feststellen, ob es sich um menschliches Blut handele.

Und darüber hinaus wollen die Untersuchungsergebnisse nicht zum angeblichen Tatverlauf passen: auf dem Messerrücken bzw. an der Messerspitze konnten keinerlei Hinweise gefunden werden, dass damit Verletzungen herbeigeführt wurden – was aber seitens der Nebenklägerin behauptet worden war, und zwar durch eine Gewalteinwirkung von immerhin mehreren Minuten, die aber keine verwertbaren DNA-Spuren des Angeklagten hinterliess.

Für das Fehlen von verwertbaren Spuren Kachelmanns hielt sich der Sachverständige zunächst eine Hintertür offen: die Zerstörung von Spuren durch den Transport bzw. die Aufbewahrung des Messers; doch dieses Mal ist es dem Staatsanwalt Lars-Torben O. zu verdanken, dass dies zu Gunsten des Angeklagten ausgeschlossen werden konnte: nach der Beschreibung der Sicherung des Messers seitens der Ermittlungsbehörden durch den Anklagevertreter erklärte der Sachverständige Bässler, dass ein Spurenverlust nicht anzunehmen sei.

Zusammenfassend waren dies zwei gute Verhandlungstage für Herrn Kachelmann, denn eine Nutzung des Messers für die angebliche Vergewaltigung wird ihm schwerlich noch mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ nachzuweisen sein – und immerhin hatte die Staatsanwaltschaft gerade die angeblichen DNA-Spuren an dem Messer als einen der zentralen Beweise für Kachelmanns Tatbegehung präsentiert (z.B. Klick).

Man muss nun die Frage stellen, warum solche zentralen Fragen wie der Nachweis von Täterspuren auf dem angeblichen Tatwerkzeug erst am 20. und 21. Verhandlungstag des Prozesses vor dem Landgericht Mannheim erörtert worden sind – nachdem man zunächst diversen Ex-Geliebten des Wettermoderators die Möglichkeit gegeben hat, ihre für das hiesige Verfahren völlig unerheblichen „Geschichten“ ihrer Beziehungen mit dem Angeklagten zu erzählen und sich damit genügend Aufmerksamkeit zu sichern, um diese dann gewinnbringend an die eine oder andere Zeitschrift zu verkaufen; es geht doch schliesslich in einem solchen Prozess nicht darum, festzustellen, ob man Kachelmann eine solche Tat charakterlich zutraut, sondern einzig und allein darum, ob er die behauptete Tat tatsächlich begangen hat – oder eben nicht.

Und deswegen ist es auch mehr als verwirrend, dass diesen ehemaligen Geliebten (und den sie bezahlenden Journalen) noch durch das Instrument des Ausschlusses der Öffentlichkeit die Exklusivität ihrer Aussagen durch das Gericht bewahrt wird, welche erst eine medienwirksame und wirtschaftlich interessante Vermarktung möglich macht. Wer dahinter Methode vermutet, kann wohl nicht so einfach als Spinner abgetan werden.

Es ist schon ein merkwürdiger Prozess, der da in Mannheim inszeniert wird…


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