Fahrschule weitermachen?

Von Berlinerbande @berlinerbande

Gestern erhielt ich eine total liebe SMS von meinem Fahrlehrer mit dem Kontext, ob wir denn mal bald wieder fahren wollen. Und in mir erwachte die Frage: „Will ich die Fahrschule weitermachen?“

Ich habe ja im letzten Jahr angefangen, aber dann unterbrochen: zuerst zog mich Stephan’s Geburtstag in ein Depri-Tief, dann folgte der Umzug, dann Weihnachten und der Todestag – alles Zeiten, in denen ich keinen Kopf für irgendwelche fahrschulbezogenen Dinge hatte. Nun ist das alles einigermaßen an mir vorübergezogen und das neue Jahr beginnt emotional eher ruhig und friedvoll. Ich fühle mich endlich wieder „normal“.

Der besagten SMS schenkte ich zuerst nicht viel Beachtung. Doch abends im Bett kamen dann die Gedanken…

Nach der Überlegung, wann ich denn wieder einmal eine Fahrstunden nehmen möchte, machte sich sofort der – nicht gewollte, aber altbekannte – dicke fette Knoten der Angst in mir breit.

Panik im Anflug.

Hatte ich lange nicht. Will ich auch nicht mehr. Wegen nicht’s.

Um so mehr ich versuchte, mir das Positive der bisherigen Fahrstunden in Erinnerung zu rufen, um so mehr Panik bekam ich.

Dieses Gefühl, nicht’s mehr zu wissen, von dem, was ich schon gelernt hatte. Das Wissen, dass ich Theorie pauken muss, um diese zu bestehen. Es hat Spaß gemacht – keine Frage. Und doch ist die Attacke nicht aufzuhalten gewesen. Schwer zu erklären: wer es selbst nicht kennt, kann vielleicht nicht nachvollziehen, wie die wirbelnden Gedanken im Kopf umherschwirren und einen nicht zur Ruhe kommen lassen. Man kann sie auch nicht unterdrücken – sie sind da und bleiben hartnäckig und die Panik wächst und wächst, bis nur noch das Gefühl hilft, wenn man alles auskotzt. Verbal oder richtig.

Schlußendlich habe ich erst Ruhe gefunden, als mir bewußt wurde, dass ich kein wirkliches Argument für einen Führerschein fand. Ist das die Lösung?

Ich habe in den letzten 25 Jahren keine Fahrerlaubnis gebraucht. Warum sollte das also in Zukunft der Fall sein?

Um meinem Schatz 2 x im Jahr die Möglichkeit zu geben, auch etwas zu trinken, wenn wir irgendwo zu Besuch sind? Ich weiß, dass er darauf auch verzichten könnte.

Damit wir uns auf langen Urlaubsfahrten ablösen können? Dann machen wir halt einen Tag länger daraus und übernachten unterwegs.

Ich brauche das Auto nicht beruflich. Und ich plane auch keinen Beruf zu ergreifen, bei dem ich Auto fahren können muss.

Damit ich auch mal im Garten Frühstücksbrötchen holen kann? Dann gibt’s halt keine frischen, sondern die vom Vortag.

Die Liste könnte ich immer weiterführen. Das größte Argument ist allerdings: René wird das Auto hauptsächlich fahren. Schließlich benötigt er es, um seine Arbeit zu erreichen. Für mich bleibt dann also sowieso nur die Ausnahme. Außer wir legen uns ein zweites Auto zu (was ja aber mit laufenden Kosten verbunden ist). Und nur, damit ich das Fahren bzw. die Lust daran nicht verliere? Ne – dafür ist mir das Geld viel zu schade.

Spricht eigentlich etwas für den Führerschein?

Ja sicher das Argument, dass ich ja schon Geld investiert habe. Aber 😉 : das, was ich noch bezahlen muss ist der weitaus größere Betrag.

Ansonsten gelten natürlich die gleichen (in meinen Augen unwichtigen) Argumente, die ich oben schon genannt habe: Entlastung von René auf längeren Fahrten, Fahren im Ausnahmefall (der aber hoffentlich nicht eintrifft).

Angefangen habe ich damals eigentlich nur, weil die Gesamtsituation eine so verworrene und außergewöhnliche war. Damals war ja nicht abzusehen, dass es mit uns Beiden so schnell so positiv weitergeht.

Damit ich ein gewisses Freiheitsgefühl habe? Nein – das reicht mir nicht: frei fühle ich mich auch so. Es ist mega selten, dass ich mich eingeschränkt fühle, nur, weil ich keinen Führerschein habe.

Damit ich mir beweisen kann, dass ich es schaffen kann? Ich weiß, dass ich das schaffen würde. Ist ja nur eine Frage des Übens.

Und nun?

Ich bin immer noch hin- und hergerissen. Wäge ab. Suche Argumente – für beide Seiten. Habe mir selbst noch ein bisschen Zeit zum Antworten gelassen.

Und in ein paar Tagen werde ich mir die Frage noch einmal stellen – sollte dann wieder die Panik in mir auftauchen und sich auch nicht verdrängen lassen, werde ich abbrechen. Denn ich hasse dieses Gefühl. Ich hasse es, unterdrückt zu werden – wenn auch „nur“ von panischen Gefühlen. Aber das ist mir das Ganze dann doch nicht wert…