Facing India in Wolfsburg - nur noch 3 Tage, bis 7.10.2018 im Kunstmuseum Wolfsburg

Facing India in Wolfsburg, die Ausstellung über indische Gegenwartskunst von Frauen - nur noch 3 Tage, bis 7.10. 2018 im Kunstmuseum Wolfsburg

Beim Eintritt fällt der Blick auf eine 14 m lange Weltkarte an der Wand, die aus Elektrokabeln geknüpft wurde: stacheldrahtähnliche Kabel zwischen den Kontinenten zeigen Migrationswege an, sie verbinden und trennen zugleich. Eine Metapher für die Ambivalenz jeglicher Grenzziehung, die immer auch die Möglichkeit zu Kommunikation und (weiblichen) Netzwerken bietet? Nach Überwindung von Hindernissen? „Woven Chronicle“ von Reena Saini Kallat ist eine „Handarbeit“, wie sie weltweit immer noch mit weiblichem Rollenmuster verknüpft werden.

Potnis Capsule 1a

Prajakta Potnis: Capsule I, 2012, Digitaldruck auf Stoff, Aluminiumleuchtkasten und Leuchtmittel, 182 x 304 x 12 cm;
© Courtesy of the artist and Project 88, Mumbai

An anderer Stelle ein Bild auf Stoff, von hinten beleuchtet, das Einblick in einen Kühlschrank ohne Lebensmittel gewährt: er enthält stattdessen zwei Rolltreppen, die ins Nirgendwo führen ... Das Küchengerät markiert den Ort, an dem die traditionelle indische Frau auch heute noch praktisch den ganzen Tag tätig ist – die Rolltreppen aber symbolisieren die Shoppingmalls, in denen sich junge Städterinnen treffen und austauschen. Diese Arbeit – „Capsule I“ (2012) von Prajakta Potnis – wirkte auf mich wie eine Umstülpung, sie zeigt innen das, was anzustreben ist, wenn auch mit kritischen Fragezeichen; was außen ist, wird eingekapselt. Wohin führen „die Rolltreppen“ – die neue Zeit, die Konsumwelt wirklich? Ist dieser Weg vielleicht eine Sackgasse? Die Werke in der Wolfsburger Ausstellung werfen mehr Fragen auf, als dass sie Antworten geben. Welche Sprache finden indische Künstlerinnen für das Unausgesprochene? Wie nutzen sie heute ihre Stimme? Wie gehen sie mit ihrer sozialen Verantwortung um? Das sind die Leitfragen dieser besonderen Kunstausstellung.

Ein Gleichstellungsgesetz gibt es auch in Indien – die Wirklichkeit aber ist vollkommen anders. Bis auf wenige Ausnahmen (wie bei den Khasi und bei den Garo) ist die indische Gesellschaft vom Patriarchat geprägt. Der Wandel beginnt sichtbar bei jungen Menschen in den Großstädten, auf dem Lande aber sind die Kräfte der Tradition stark und zäh. Rund 1,3 Milliarden Menschen leben heute in Indien, es gibt offiziell etwa 120 Sprachen und entsprechend zahllose Ethnien, unzählige Religionen mit geschätzt 330 Millionen Gottheiten – und etwa 4000 Kasten. Schon diese bloßen Zahlen zeigen an, dass Indien ein pluralistisches Land mit vielen Widersprüchen und Polaritäten, ein Schmelztiegel ohnegleichen ist. „Ganz Indien dreht sich um Grenzen. Im Westen hält man Indien fälschlicherweise für eine anarchische, chaotische Gesellschaft. Dabei ist Indien ein Meister im Grenzenziehen ...“, zitiert Museumsdirektor Ralf Beil in seinem einleitenden Aufsatz im Katalog die Schriftstellerin Arundhati Roy. So kann Indien als Modellfall genommen werden: „Indien ist eines der Labore für das Gelingen oder Scheitern unserer globalen Zukunft. Ob Geschlechter-, Umwelt-, Digitalisierungs- oder Nationalitätsfragen, alles ist auf das Extremste verdichtet ...“ Ralf Beil sagt aber auch: „Die Ausstellung ist ein Signal fürs Gelingen.“

Die Wolfsburger Ausstellung mit einem Vorlauf von rund zweieinhalb Jahren konzentriert sich auf sechs junge Künstlerinnen (im Alter von 38 bis 49 Jahren) – eine kluge Entscheidung. Die Kuratorin Uta Ruhkamp hat nach drei Reisen und vielen Gesprächen und Kontakten die Auswahl getroffen. „Facing India“ ist im ständigen Dialog mit den Künstlerinnen und teilweise erst in Wolfsburg entstanden und „spiegelt eine Art kollektives Plädoyer für Kommunikation und die Einheit in der Vielfalt jenseits von Schubladen- und Kastendenken“ (Pressetext). Die Ausstellungsarchitektur wurde entsprechend gestaltet.

Die sechs Künstlerinnen: Vibha Galhotra (*1978), Bharti Kher (*1969), Prajakta Potnis (*1980), Reena Saini Kallat (*1973), Mithu Sen (*1971) und Tejal Shah (*1979).

Um noch einmal auf diese ganz besondere Ausstellung aufmerksam zu machen, gebe ich hier den Anfang eines Artikels wieder, den ich für die Kulturzeitschrift "Die Drei" geschrieben habe. Fortsetzung hier.

Weitere Einzelheiten auf der Netzseite des Kunstmuseums Wolfsburg.

Autor dieses Textes: Dr. Helge Mücke, Hannover

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Vorne v.l. Reena Saini Kallat, Mithu Sen, Prajakta Potnis, Vibha Galhotra; hinten Kuratorin Dr. Uta Ruhkamp
Foto: Marek Kruszewski

Facing India Wolfsburg noch Tage, 7.10.2018 Kunstmuseum

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