Facie prima

Heute: Der eigentlich ex cathedra unzurücktretbare Zurückgetretene, Joseph Ratzinger alias (noch) Benedikt XVI.

Facie prima

Quellen: FAZ.NET

Kürzlich war er noch ein tatkräftiger Greis. Jedenfalls auf all den Bildern, die Artikel zierten, die päpstliche Themen zum Inhalt hatten. Ein fröhlich wirkender, bei Sinnen seiender Pontifex, den mancher Senior für seine Agilität beneidet haben mochte. Prompt mit der Bekanntgabe des baldigen Rücktritts und den einhergehenden Meldungen von den Altersgebrechen und den Krankheiten dieses Mannes, wechselten auch die Fotos, die man von ihm reichte. Aus dem noch kürzlich vitalen und geschäftigen Hirten, von dessen geistiger Emsigkeit man ohne weiteres überzeugt sein konnte, wurde nun ein schwacher, müder aussehender Mann, der gramgebeugt mit leerem Blick durch die Gemächer des Vatikans schlurft. Einst aufrecht, jetzt zusammengesackt. Vorher durch Sonne belichtet, jetzt im Dunkel vatikanischen Schattens. Ehedem zentrale Position des Bildes einnehmend, nun abseits, an den Bildrand arrangiert, aus dem Zentrum gedrängt.

Facie prima

Quellen: Focus Online

Der Papstkult, die Wir-sind-Papst-Gemeinde, die selbst in der evangelischen Kirche Anhänger fand, machte einen Pontifex voll Elan, kraftstrotzend im Alter, geradezu zur Voraussetzung. So einen betagten Kraftprotz erwartete man. Nun aber tritt der Papst und die Papamanie dem Ende entgegen und mit ihm versiegen auch die Bilder dieses energiegeladenen Papstes. Keine ausgebreiteten Hände mehr, das Standardmotiv dieses Papstes der Rührigkeit. Ausgebreitete Hände, die mit wenig Phantasie auch mehr als Segen bedeuten konnten. Hände, die sagten, Hier bin ich!, die augenscheinlich fraternisierten und von Fitness zeugen, Mir geht es gut! suggerieren sollten. Jetzt hebt der Ratzinger-Papst seine Hand übernächtigt, schläfrig ist er abgelichtet. Die Hand zu heben kostet ihm Mühe, kann man da sehen. Mit Eintritt seiner Krankheit in die Öffentlichkeit ist aus der Segenshand eine kraftlos gehobene Greisenhand geworden. Der optimistische Blick ist der Miene einer ins Demente weisenden Traurigkeit gewichen. Aus dem vitalen Nestor ist urplötzlich ein Tattergreis geworden.

Facie prima

Quellen: Spiegel Online

Das Amt drückt. Er, im voller Montur, mit Bischofsstab und Mitra ornata, ist offenkundig zu schwach für sein Position. Das war er vermutlich schon vor dem Tag, an dem er seinen Rückzug bekanntgab - gleichwohl bot man trotzdem einen Papst an, der voller Tatendrang schien, einen lustigen Alten gab. Just mit seinem verkündeten Rücktritt legen die gereichten Fotographien Zeugnis davon ab, dass er völlig überfordert zu sein scheint. Wie sonst könnte man das Amt als erdrückend karikieren, wenn nicht im vollem Ornat, mit schwerem Stock, mit drückender Stola? Es heißt nach schwerem Schicksalschlag sprichwörtlich, man altere über Nacht. Fotojournalistisch betrachtet ist dieser Mann, der Benedikt XVI. war, wirklich über Nacht alt geworden.

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