Facebook vor Börsengang: Gewinne sinken
Kurz vor dem geplanten Börsengang hat das soziale Internet-Netzwerk Facebook sinkende Gewinne hinnehmen müssen. Im ersten Quartal dieses Jahres sei ein Gewinn von 205 Millionen Dollar (156 Millionen Euro) erzielt worden, teilte das Unternehmen am Montag in New York mit. Im Vorjahresquartal hatte Facebook noch 233 Millionen Dollar erwirtschaftet. Facebook hatte den eigenen Angaben zufolge Ende März weltweit 901 Millionen Nutzer.
Kontrollwahn? US-Pläne für Cyber-Ernstfall
von Alfred Krüger/ZDF
SOPA, PIPA – und jetzt CISPA: In den USA jagt ein Netz-Gesetz das nächste. Der jüngste Entwurf verspricht Firmen Schutz vor Datenspionen und Hackern und soll die Weitergabe sensibler Informationen an Behörden erleichtern. Datenschützer protestieren.
Zwei Nachrichten, die unterschiedlich sind, aber die Spannbreite der Probleme im Netz aufzeigen. Auf der einen Seite eine Mega-Ausweitung eines sog. Sozialen Netzes und auf der anderen Seite Probleme mit Selbstbedienung und Kriminalität im Netz.
Auf Facebook kann man alles schreiben, was einem in den Sinn kommt. Wer es interessant findet, was sein Freund gerade auf dem Teller hat oder mit wem er sich eben in Russland unterhalten habe, beides wichtige Informationen, wenn eine Kultur besteht, die unwichtigen Informationen den Grad von Wichtigkeit zuschreibt.
Was machst du gerade?
Das ist das Frageangebot auf Facebook. Das kann nur diejenigen interessieren, die sich sozialwissenschaftlich mit der Frage beschäftigen, was Menschen zum bestimmten Zeitpunkt in bestimmten Situationen usw. tun. Daraus kann dann die Marketingabteilung Profile für Produkte erstellen, die der Verbraucher vermeintlich in bestimmten Cluster-Situationen brauchen könnte – um besser, oder besser gesagt schneller essen zu können oder sich besser verabschieden zu können.
Facebook: Nutzer nehmen überarbeitete Nutzungsbedingungen hin
„…Dokumentiert werden die erneuten Änderungen auf der Facebookseite “Facebook Site Governance“. Dennoch lassen sich die Änderungen nur mit viel Mühe nachvollziehen. So gibt es nur für den englischen Text einDokument (PDF), das die vorgenommenen Ergänzungen und Streichungen direkt anzeigt. Alle anderssprachigen Texte, darunter auch der deutsche Text, zeigen nur die aktuelle Version. Transparenz könnte anders aussehen.
Datenschützer: Änderungen noch immer nicht gesetzeskonform
Der schleswig-holsteinische Landesdatenschützer Thilo Weichert und Boris Wita, Sprecher der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein, haben sich die Mühe des Textabgleichs gemacht und kommen zu dem ernüchternden Schluss: Nein, auch die neuen Bestimmungen verstoßen weiterhin gegen viele Gesetze zum Verbraucherdatenschutz…“
Nach den Erfahrungen mit Facebook ist die Frage berechtigt: Wozu braucht man eigentlich so eine Krake im Netz, die auch mit “neuen Bestimmungen verstoßen weiterhin gegen viele Gesetze zum Verbraucherdatenschutz“ weiter macht?
Für die Frage „Was machst du gerade?“ zu beantworten braucht man so ein sog. soziales Netzwerk sicher nicht. Schon gar nicht, wenn es sich wie beim Facebook um ein Netz im Netz handelt, um eine bewusst angelegte Verflechtung, die dazu dient, Menschen im Netz zu fangen und sie an die Werbung anzubinden, weiter zu reichen. Auch der Markt braucht es nicht. Käufer, die über Profile der sozialen Netzwerke als potentielle Zielgruppe hergestellt werden, sind eine Illusion aus dem Netz. Die Zielgruppen ändern sich schneller, als das schnelle Netz meint, diese zu identifizieren. Auch die werbetechnische Manipulation von Facebook wird es nicht hinbekommen, dass die Menschen das kaufen, was sich die Werbeagenturen wünschen. Der unsoziale Effekt dabei: die Nutzer werden ausgenutzt und bleiben im Netz verfangen, ob sie wollen oder nicht. Eine undemokratische Einrichtung.
Die Antwort auf die Frage: „Was machst du gerade?“ braucht niemand. Facebook eignet sich nur für Nachrichten, die einer unbedingt und genau auf diese Weise überall verbreitet haben will. In den meisten Fällen also politische Nachrichten, die sonst keine Verbreitung finden würden. Dafür ist so ein sozialer Netzwerk geeignet. Völlig ungeeignet aber für private Fotos, private Nachrichten, für Teilung vom Gefallen an einer bestimmten Sache. Alles was die Identität und Neigungen des Nutzers preisgibt hat beim Facebook nichts zu suchen.
Für privaten Austausch können nur kleinere dezentrale soziale Netzwerke dienen, die mit entsprechenden Sicherungen ausgestattet und nach dem geltenden Datenschutzrecht aufgebaut dem Nutzer die größtmögliche Nutzersicherheit bieten können. Diese dezentralen sozialen Netzwerke können in einer demokratischen Gesellschaft überleben. Die selbstgefälligen und selbstgerechten Kraken, die versuchen sich über Gesetze zu stellen und eigene Ingroup-Gesetze als allgemeingültig durch millionenfache Nutzung zu „legalisieren“, haben ihren Kulminationspunkt überschritten.
Das Internet ermöglicht mehr Transparenz und mehr Demokratie. Das aber auch nur, wenn im Internet und bei dessen Nutzung Gesetze gelten, eingehalten werden und auch einklagbar sind. Netzwerke, die diesen grundgesetzlichen Bedingungen nicht entsprechen bleiben das was sie sind: Werbeportale. Wahrscheinlich wird Facebook bei seinem Börsengang als das größte Werbeportal gefeiert. Das sollten die Nutzer vom Facebook wissen und bei der Nutzung von Facebook immer vor Augen haben: Wenn ich eine Botschaft oder Werbebotschaft verbreiten und immer verbreitet haben will, ist Facebook dafür gut geeignet. Alles Private ist in einer Email besser aufgehoben. Dezentrale Netzwerke mit Emailfunktionen werden diese Marktlücke der Kommunikation noch entdecken. D. h.: Facebook ist für die Nachricht gut, die ich auch überall sonst verbreiten möchte und wo es mir gerade darauf ankommt, dass diese Nachricht aus dem Netz nicht verschwindet und wirkt.
Das trifft auf die privaten Äußerungen, die Nutzer auf Facebook millionenfach tun nicht zu. Die Illusion eines Freundeskreises bei einem Betreiber eines sozialen Netzwerks, bei dem nicht einmal ein Foto endgültig gelöscht werden kann, ist perfekt.
Für diese Illusion sollen nun Anleger auch Geld in die Hand nehmen und Aktien zeichnen. Gut. Ein Börsengang von Facebook ist ein Ereignis, das nicht alle Tage zu haben ist. Die Wachstumsmöglichkeiten dabei sind es nicht. Die Illusion des Freundeskreises hat sich nicht zuletzt wegen der Datenschutzprobleme bei Facebook schnell gezeigt. Die Einfachheit, mit der auf Facebook die Antwort auf die Frage „Was machst du gerade?“ publiziert werden kann ist lange Zeit sehr verführerisch gewesen, vor allem gewinnt plötzlich jede alltägliche Aktivität wie Kochen, Putzen, Telefonieren, Date machen usw. mit der Publikation im Internet eine Bedeutung, die sie vorher ohne nicht hatte. Man kann oder konnte sich wichtig finden. Und das ist der Trugschluss, von dem Facebook lebt und dem die Anleger aufsitzen werden.
Facebook publiziert zwar die Nutzerzahlen, aber verliert keine Silbe davon, in welchen Sparten der Interessen die Facebook-Nutzer zugelegt oder abgenommen haben. Ich würde davon ausgehen, dass die Menschen der Illusion nicht lange folgen werden und tatsächlich immer nur das im Facebook publizieren, ins Netz stellen werden, was ihnen ohne sich zu schaden nützlich erscheint. Sie nutzen ein Netzwerk dazu, was sie verbreitern wollen, worauf sie aufmerksam machen wollen, wovor sie warnen wollen. Alleine in dieser Funktion, solange die nicht durch staatliche Eingriffe korrumpiert wird, könnte man Facebook als demokratisch sehen. Wie lange?
Mit dem Börsengang wird mehr Kapital gesucht, die Eigner von Anteilen wollen diese handelbar versilbert sehen. Es würde mich nicht verwundern, wenn nach dem erfolgten Börsengang dann der große Ausverkauf stattfindet, so schnell wie es geht, die Anteile in bare Münze umtauschen.
Eine neue Illusion von Facebook? Vermutlich. Das was einige Jahre bei den Anwendern von Facebook funktioniert hat, versucht nun Facebook mit dem Börsengang schnell bei den Anlegern zu realisieren. Eine neue Dotcom-Blase? Facebook zu Ende?
Ich meine ja. Die Idee hat sich durchgesetzt, hat Erfolg gebracht, der sich nun wegen der der Probleme beim Facebook auf einer abfallenden Kurve befindet. Facebook hat es nicht verstanden, zu einem sozialen Netzwerk zu werden, Betonung auf sozial, sondern ist das geblieben, womit es Geld verdient: eine Saugmaschine von Informationen, die sich verkaufen lassen. Und: Facebook versucht vorbei an eigene Gesetze zu etablieren. Das ist dessen Verhängnis.
Technologisch wird es wohl eine andere Entwicklung geben, die solchen netzen wie Facebook die Luft aus den Segeln nimmt. Der Fortschritt in der Smartphone-Technologie wird es mit sich bringen, dass sich die Nutzer in von ihnen selbstbestimmten Gemeinschaften zusammen finden werden und dazu dank der Technik keine Kraken mit riesigen Server-Farmen brauchen werden. Hierbei müsste es gewaltig bei den Entwicklern bei Nokia in den Ohren klingen – denn diese Art Community war mal die Stärke von Nokia, die wohl die Finnen unter dem Druck der momentanen Beherrschung im Markt von Apple und Co. irgendwie vergessen haben. Denn auch Cloud ist nicht die Zukunft, sonder nur ein Versuch, die Internetgemeinschaft auf die eigene Farm zu locken.
Wenn es gelingt, mit privaten Geräten ein Netz ohne Server-Farmen privat zu bilden, dann wird die laufende Demokratisierung in Verbindung mit der technologischen Entwicklung dafür sorgen, dass es nachhaltige soziale Kontakte unter Ausschluss der Öffentlichkeit geben kann. Zugleich werden die neuen Möglichkeiten neue Plattformen schaffen, in denen nicht nur Information sondern weitergehend, Meinungsbildung erfolgen kann – bis zu Präsentationsvorlage. Solche Möglichkeiten bleiben den bestehenden und etablierten „sozialen Netzwerken“ verschlossen, weil uneffektiv, undemokratisch, ungesichert und mit der Gefahr verbunden: wer sich bindet, hat sich schon verkauft. Wohl dem, der bei seinen Anlageüberlegungen an die eigene und die Zukunft aller denkt.