Der Urlaubär berichtet von seinen Erlebnissen während seiner Fahrradtour mit Chris
Was bisher geschah ...
"" Expedition1000GER Teil 1 - Das Allgäu
"" Expedition1000GER Teil 2 - Augsburg & Nürnberg
"" Expedition1000GER Teil 3 - Weltuntergang in Thüringen
Unsere nassen Sachen vom Vortag sind zum Trocknen über das ganze Zimmer verteilt. Bevor Chris und ich aber anfangen alles zusammenpacken, genießen wir das reichhaltige Frühstückbuffet im „Schlundhaus" in Meiningen. Wir sitzen an einem Tisch am Fenster von wo aus wir über den Meininger Marktplatz schauen können. Bei Brötchen, Rührei, Jogurt, Orangensaft und frisch gebrühtem Kaffee wird uns bewusst, dass wir noch nicht einmal die halbe Distanz unserer Expedition hinter uns gebracht haben. Und das, obwohl wir seit mittlerweile einer Woche unterwegs sind ... Das soll sich heute aber ändern.
Die Erfahrungen der letzten Tage mit den sintflutartigen Regenfällen bringen Chris zudem ins Grübeln, wie er sich besser vor solchen Wetterverhältnissen schützen kann. Die Variante mit den gelben Säcken als Regenschuhe war leider nicht besonders erfolgreich und seine Regenjacke hält diesem Wetter auf Dauer auch nicht stand. Daher schmieden wir folgenden Plan, bevor es heute weiter in Richtung Norden gehen soll. Erstens, wir organisieren uns ein paar stabilere Plastiksäcke, um daraus einen Regenponcho zu basteln. Zweitens, wir werden alle Geschäfte abklappern, um ein paar echte Regenschuhe zu kaufen. Radfahren mit nassen Füßen macht nämlich überhaupt keinen Spaß.
Beim Auschecken stattet uns der Hotelier mit einigen blauen Müllsäcken aus. Die machen einen wesentlich stabileren Eindruck als die gelben Säcke vom Vortag. Ernsthaft, solltest du jemals in eine solche Situation kommen, dann versuche es erst gar nicht mit gelben Säcken. Die bringen es einfach nicht. Oder sei einfach besser vorbereitet als wir und nimm ein paar echte Regenschuhe mit auf deine Reise. 😉
Die Suche nach Paar Regenschuhen in der Innenstadt von Meiningen stellt eine echte Herausforderung dar. Wir klappern sämtliche Sport- und Fahrradgeschäfte dieses kleinen aber schönen Städtchens ab, um letztendlich festzustellen, dass nahezu kein Laden so etwas führt. Lediglich ein Fahrradladen bietet ein Paar an. Die sind Chris allerdings viel zu klein.
Positiver Nebeneffekt der Suche ist allerdings, dass wir dadurch die Möglichkeit für etwas Sightseeing haben. Wir besuchen also unter anderem Schloss Elisabethenburg, wo gerade eine Einschulungsfeier stattfindet. Das 1682 erbaute Schloss dient heute als naturwissenschaftliches und geschichtliches Museum.
Chris ist sichtlich enttäuscht, dass wir keine Regenschuhe bekommen konnten. Wir senden also ein Stoßgebet gen Himmel, dass das Wetter besser wird und machen uns auf den Weg in Richtung Hessen. Immerhin konnten wir ein paar blaue Müllsäcke auftreiben.
Unser Gebet wird aber leider nicht erhört. Es muss in etwa an der 500 Kilometer-Marke sein, als das Mistwetter wiedereinsetzt. Wir machen also einen Stopp an einer Bushaltestelle und Chris bastelt sich aus den blauen Säcken einen Regenponcho sowie ein Paar Regenschuhe. Zeitgleich denken wir daran, einfach den nächsten Bus zum nächstliegenden Bahnhof zu nehmen und mit dem nächsten Zug nach Hause zu fahren. Dann müssten wir uns jedenfalls nicht mehr mit dem anhaltenden Regen abgeben. Auf Dauer ist es nämlich sehr frustrierend und so richtig Spaß macht das Radeln so auch nicht.
Wir verwerfen diesen Gedanken aber recht schnell! Stattdessen erfreuen wir uns an Chris' neuem selbstgebasteltem Outfit und belohnen uns dafür, dass wir die 500 Kilometer Marke geknackt haben, mit einer Handvoll Gummibärchen.
Dann reden wir uns ein: 500 Kilometer sind geschafft. Von jetzt an geht es nur noch bergab!
Natürlich geht es nicht nur noch bergab ... Der westliche Teil von Thüringen ist durchaus bergig. Daher müssen wir den ersten Gang unseres Fahrrades sehr oft benutzen, um überhaupt bergauf zu kommen und ein paar Kilometer hinter uns zu lassen. Die Anstrengung steht Chris buchstäblich ins Gesicht geschrieben. Ich kann von meinem Extraplatz für den Urlaubär aus beobachten, wie er vor Anstrengung komische Grimassen macht, wenn es bergauf geht. Ich kann Euch sagen, das ist nicht wirklich schön anzusehen ... Jeder, der den starken Jungs im Fitnessstudio schon einmal beim „Eisen biegen" zugeschaut hat, kann sich vorstellen was ich meine. 😉
Die heutige Nacht verbringen wir in einem Gästehaus in Richelsdorf in Hessen, da wir bei diesem Wetter keine Lust auf Camping haben. Wir beginnen uns zu fragen, warum wir die Campingausrüstung überhaupt mit uns herumschleppen? Benutzen können wir sie die meiste Zeit sowieso nicht. Vielleicht sollten wir sie einfach nach Hause schicken und stattdessen mit leichterem Gepäck weiterreisen!?
Im Restaurant des Gasthauses gönnen wir uns ein Schnitzel zum Abendessen und hauen uns danach aufs Ohr.
Am Wetter hat sich auch am nächsten Morgen nichts geändert. Die Wettervorhersage für den Tag besagt aber Sonnenschein. Wir sprechen mit dem Gasthaus-Inhaber über unsere Erlebnisse der letzten Tage. Er spricht uns Mut zu und sagt: „Wartet noch ein wenig. Die Sonne kommt bald raus."
Wir lassen uns also Zeit mit dem Frühstück und setzen unsere Reise mit dem ersten Sonnenstrahl fort. Es ist ein großartiges Gefühl endlich mal wieder bei Sonnenschein Rad zu fahren und wir genießen jeden Augenblick, auch wenn das zu durchquerende Terrain durchaus anspruchsvoll ist.
Am frühen Nachmittag erreichen wir die Stadt Eschwege. Wir machen eine Pause am Marktplatz und während wir ein paar Snacks mampfen, fällt uns auf, dass viele Leute hier wie Hippies gekleidet sind. Scheinbar stehen die Menschen hier auch auf Gummistiefel, obwohl es ausnahmsweise mal gar nicht regnet. Alle diese Leute scheinen außerdem alle in die gleiche Richtung zu laufen ...?! Wir entschließen uns also den seltsam gekleideten Menschen zu folgen, um herauszufinden was das Ganze auf sich hat.
Nach nur wenigen Minuten hören wir laute Musik und stellen fest, dass gerade das in der Stadt gerade das „ Open Flair Festival" stattfindet. Es handelt sich hierbei um ein mehrtägiges Musikfestival, das jährlich in der Eschweger Innenstadt stattfindet. Wir schieben unser Fahrrad jetzt also durch eine Menge betrunkener Leute und lassen die Festivalatmosphäre auf uns wirken. In diesem Augenblick wünschen wir uns, dass wir etwas mehr Zeit im Gepäck hätten, um uns ins Festivalgeschehen stürzen zu können. Leider ist das nicht der Fall und so setzen wir nach kurzer Zeit unseren Weg entlang des Flusses Werra auf dem Fahrrad fort.
Der Radwanderweg entlang der Werra schlängelt sich durch eine malerische Landschaft. Er ist umgeben von Bergen und Wäldern, während der Radweg selbst flach ist. Der Weg ist teilweise zwar sehr matschig, aber dafür gibt es unzählige Brombeersträucher am Wegrand, wodurch man buchstäblich zum Naschen gezwungen wird. Auf einem der Berge ragt zudem die Ruine der Burg Hanstein empor, was dem Werratal das gewisse Etwas verleiht. Der Werratal-Radwanderweg gehört definitiv zu unseren liebsten Abschnitten auf unserer bisherigen Reise.
Das gute Wetter scheint uns heute außerdem zu beflügeln. Wir radeln gute 90 Kilometer anstatt der sonst durchschnittlich 70 Kilometer pro Tag. So macht das Reisen Spaß! Heute Nacht schlagen wir unser Zelt hinter einem Maisfeld direkt an der Leine auf. Jetzt sind wir wieder froh, dass wir all das Camping-Equipment dabeihaben.
Eine Fortsetzung unseres Berichtes folgt demnächst in Teil 5 ...
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