"Existentialism revisited"

Von La_vache_qui_rit

1

Endlich ist es soweit, Monate haben wir darauf gewartet: es gibt, veranstaltet von der trans-lab, dem „Praxis der Theorie“-Projekt der neuen Bibliothek im IVI, transLib, eine neue Veranstaltungsreihe zum Existenzialismus: Existentialism revisited. Aus dem Programm: vier Lesekreise und Lektüreworkshops, zwei Vorträge bedeutender feministischer Theoretikerinnen der Gegenwart über Simone de Beauvoir (Andrea Truman, Roswitha Scholz), zwei Vorträge über Sartre und den Marxismus aus unterschiedlichen Perspektiven, Filmvorführungen, ein existenzialistischer Kneipenabend im IVI … Ich zumindest bin schon sehr gespannt und freue mich auf mehrere Monate intensiver Theoriearbeit.

Download des Flyers.

Vor einem Jahr haben wir ja bereits eine Reihe unter dem Titel „Der Gangsterboss des Existenzialismus“ zum 30. Todestag Jean-Paul Sartres veranstaltet, aus der sich einige fruchtbare Debatten ergaben und in deren Tradition die jetzige steht. Alle wesentlichen Informationen dazu finden sich auf diesem Blog unter der Kategorie „Existenzialismus“.

Was gibt es sonst noch zu sagen? Am 16.1. um 18 Uhr geht’s in gemütlicher Runde im transLib-Raum im IVI los beim Anschauen der BBC-Doku Human all too human über Nietzsche, Heidegger und Sartre. „Experten“ werden sich vielleicht ein wenig langweilen, aber man kann ja im Anschluss dann im Ausgleich dazu ein wenig über die gewählte Art der Präsentation fachsimpeln. Am 30.1. startet dann der Lesekreis über den Abschnitt „Die konkreten Beziehungen zu anderen“ aus der „Bibel“ des Existenzialismus – Sartres supergenialem Alle-großen-Fragen-ein-für-allemal-letztgültig-Beantwortungs-Werk Das Sein und das Nichts.

Zu guter letzt habe ich es mir – natürlich in bester Tradition – nicht nehmen lassen, einfach mal in literarischer Form zu versuchen darzulegen, was für mich eigentlich das tolle, geniale, interessante, frappante am Existenzialismus ist und wie meines Erachtens (neo-)existenzialistisches Denken heute aussehen könnte. Eigentlich eignet sich der Existenzialismus wie wohl nur wenige Philosophien der emotionalen Darstellung – weil er einfach konkret ist, er ist die desintegrierte Aufhebung aller Gegensätze, in denen sich die analytischen Hanswurstiaden (Sprachanalyse, Seinsdenke, Struk, Poststruk, Destruk, Neostruk …) bewegen (und wer wissen will was „desintegrierte Aufhebung“ meint – tja, der muss wohl mal bei uns vorbeischauen ). Denn nur eine Idee, die bereits in sich konkret lässt, lässt sich in sinnlicher Form – also künstlerisch – ausbreiten, ohne dass es gekünstelt wirkt.

Genug der Vorrede, hier meine kleine Einführung in den Existenzialismus:

Situation

Meine Wort plätschern wie von selbst dahin, ab und zu werfe ich einen verstohlenen Blick auf sie, um sicherzugehen, ob sie immer überhaupt zuhört oder – schlimmer noch –, ob ich sie langweile. Ich weiß, dass ich sie mit meinen Worten eigentlich nicht erreichen kann und deshalb ist es im Grunde völlig bedeutungslos, was ich sage. Lächerlich, dass ich meinen Worten überhaupt eine solche Bedeutung beimesse. Ich höre ihr ja auch oft nicht zu, wenn sie was sagt, weil es mich einfach nicht interessiert. In dem Stück, dessen Autor, Publikum, Hauptfigur, Rezensent und Intendant zugleich ich bin, hat sie im Grunde eine stumme Rolle zugewiesen bekommen. Ich weiß garnicht, warum ich das überhaupt noch mache. Sie lächelt und ein heraufziehendes angenehmes Gefühl in der Magengegend erinnert mich wieder daran. Nein, natürlich mag ich sie auch wegen ihrer Intelligenz und wegen der Sätze, die sie sagt. Rede ich mir zumindest ein. Ich will es garnicht so genau wissen. Ich mache eine Bemerkung, die sie offensichtlich sehr komisch findet und freue mich ein wenig darüber. Zumindest etwas. Wenigstens tauge ich dazu, ihr die Zeit mit komischen Bemerkungen zu vertreiben. Ich spüre so etwas wie Sinn in meinem Leben und nehme einen Schluck Bier um zu zeigen, wie sinnvoll mein Leben ist. Hier bin ich: intelligent, gewitzt, jung, verliebt, sitze einfach nur da und trinke ein Bier wie alle anderen auch. Doch im nächsten Moment fühle ich mich schon wieder gänzlich ausgehöhlt und lasse die Protagonistin wider Willen an meiner Seite schöne Haare haben.
Das schlimme ist, dass die anderen im Grunde ja auch im Publikum sitzen und sich an meiner Lächerlichkeit ergötzen können.

Weiter im Text als pdf.

  1. Mehr zu Heidegger auch hier: http://www.youtube.com/watch?v=1K-0sf7PfXM [zurück]