Ewig und ein Sommer von Kerstin Arbogast

Von Madamelustig

Erschienen: März 2017 im Drachenmond Verlag | Format: Softcover/Ebook | Seiten: 368 | Webseite der Autorin: Kerstin Arbogast | Bewertung: 4 von 5 Fläschchen

Meine Meinung als Podcast:

Wenn es draußen herbstlich oder gar winterlich ist, während es doch eigentlich frühlingshaft und sommerlich sein sollte, holt man sich gerne das Schönwetterfeeling in die eigenen vier Wände. Was die einen mit Dekoration, Blumen und vielleicht auch sommerlich leichten Gerichten tun, mache ich am liebsten mit Büchern. Durch sie kann ich mich über räumliche Grenzen hinwegsetzen und an die Riviera reisen, nach Spanien, Griechenland, zu den Nordlichtern oder auch einfach in Deutschland bleiben und den Sommer hier in vollen Zügen genießen. So geschehen bei Ewig und ein Sommer.

Worum geht es genau?
Sophie und Konrad sind beide dazu abgestellt worden, sich bei dem anstehenden Schulfest um den Waffelstand zu kümmern. Hierfür bedarf es vorweg natürlich einiger Vorarbeit, wie zum Beispiel die passenden Plakate erstellen und auch das perfekte Waffelrezept will erst noch gefunden werden. Weder Sophie, der verrückte Wildfang noch Konrad, der beliebte Nerd hätte anfangs gedacht, dass sie sich so gut verstehen und Spaß miteinander haben würden. Ebenso wenig, wie sie gedacht hätten, dass sie sich gemeinsame Zeit herbeisehnen und in der Gegenwart des anderen so wohlfühlen würden, dass sie sie selbst sein können. Es könnte also alle so perfekt sein, wenn da nicht der Fluch wäre, unter dem die Arndt-Mädchen stehen und auch Konrad hat so seine Bedenken, denn Mädchen wie Sophie stehen in seiner Welt nicht sonderlich hoch im Kurs und was die anderen denken ist ihm sehr wichtig. Oder doch nicht?

Sommer, Sonne, Witz
Mit Ewig und ein Sommer ist Frau Arbogast genau das gelungen, was ich mir von dieser Lektüre erhofft hatte. Sie hat mir den Sommer ins Wohnzimmer gebracht, mich die Sonnenstrahlen auf der Haut spüren, Spaß haben und einfach nur den Moment leben lassen. Ich habe mit Sophie und Konrad über die Stränge geschlagen, habe mit ihnen Wasserschlachten gemacht, bin in sommerlicher Hitze Fahrrad gefahren, habe Eis gegessen, einfach den Moment genossen und dabei zugesehen, wie die beiden nach und nach zu sich selbst und zueinander finden. Dieses besondere Feeling, diese Leichtigkeit, die sich durch die Geschichte zieht, ist zum einen der verrückten, leicht durchgeknallten Sophie zu verdanken, die nicht nur ihr Herz auf der Zunge trägt, sondern einfach aus dem Bauch heraus handelt und dabei wenig auf das gibt, was andere über sie denken könnten. Zum anderen ist es Frau Arbogasts Schreibstil, der diesen Sommer mit all seinen Facetten perfekt einfängt, lebhaft und witzig macht. Einzig die Vergleiche, durch die sie manche Dinge beschreibt, wurden mir hin und wieder etwas zu viel, weil ich mich durch sie immer dazu verleitet gefühlt habe, genauer darüber nachzudenken, was mich dann leider vom lesen abgehalten hat.

Gefühle erfordern manchmal Mut
Der Sommer mit Sophie und Konrad war aber viel mehr als nur die Ferien mit Spaß zu füllen. Hinter der Fassade, die alle Welt zu sehen bekommt, verbergen sich nämlich junge Menschen mit Selbstzweifeln, gebrochenem Herzen, Sorgen, die so schwer sind, dass man sie kaum schultern kann und so wurde Ewig und ein Sommer zu einer Lektüre, in der es nicht nur darum geht, den Moment zu leben, sondern auch zu sich selbst zu finden und erwachsen zu werden. Dazu gehören natürlich auch Gefühle und diese sowohl zu erkennen als auch zu ihnen zu stehen ist manchmal gar nicht so einfach, sondern erfordert Mut. Mut, seine Ängste über Bord zu werden, einen Pfifferling darauf zu geben, was andere denken und auch Mut das Risiko einzugehen, verletzt zu werden. Und auch wenn man weiß, in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln und wie sie mit großer Wahrscheinlichkeit ausgehen wird, habe ich mich während des gesamten Weges dorthin nie gelangweilt oder gedacht, dass es an der Zeit wäre, einen Schritt vorwärts zu machen. Im Gegenteil, Sophie und Konrad haben sich den nötigen Raum gegeben und die Zeit gelassen, die sie brauchten und das war gut so.

Schwere Kost zwischen Waffeln und Eis
Weder Cover noch Klappentext haben mich erahnen lassen, auf welch bedrückendes Thema ich im Laufe dieser Geschichte treffen würde. Eine Figur zu begleiten, die unter Depressionen leidet, sorgt in den meisten Fällen schon für gedrückte Stimmung, viel Traurigkeit und Mitgefühl, aber eine Figur zu begleiten, die hilflos dabei zusehen muss, wie ein ihr nahe stehender Mensch unter heftigsten Depressionen leidet, ist nochmal eine ganz andere Hausnummer. Ich war stellenweise extrem traurig, schockiert und auch wütend angesichts der Konsequenzen, mit denen dieser junge Mensch leben und die große Verantwortung, die er auf seinen Schultern tragen muss. Frau Arbogast hat die Situation dabei so authentisch und einfühlsam ausgearbeitet, dass ich eine Gänsehaut bekam, während mir gleichzeitig das Herz blutete.

Kurzum
Erwartet habe ich von Ewig und ein Sommer eine locker leichte Geschichte, die mir das Sommerfeeling auf das heimische Sofa zaubert. Bekommen habe ich eine Geschichte voller Charm, Witz und auch Traurigkeit. Eine Geschichte, die dazu ermutigt, anders zu sein und sich Menschen zu öffnen. Eine Geschichte, die gleichzeitig kitschig und tiefgründig sein kann. Eine Geschichte, die von den Dingen erzählt, die im Leben wirklich wichtig sind.

Weitere Meinungen zu dem Buch: Kumos Buchwolke | Leselurch | Wortmalerei | Elchi's World of Books & Craft