Evo Morales beklagt die Luftverschmutzung Reagans am polnischen AfD-Gedenkstein - Vermischtes 28.11.2019

Die Serie „Vermischtes" stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

Vom geplanten Entschuldungsprogramm des Bundes sollen nach dem Willen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz 2.500 besonders stark kreditbelastete Kommunen in Deutschland profitieren. Im kommenden Jahr sei eine Grundsatzentscheidung von Bund, Ländern und den mehr als 11.000 Gemeinden dazu möglich, sagte der SPD-Politiker. "Und dann können wir das politisch auch hinkriegen." Aus der SPD gebe es positive Signale. Kredite in Höhe von knapp 50 Milliarden Euro könnten die betroffenen Gemeinden allein nicht schultern, sagte Scholz zum Abschluss eines zweitägigen Treffens der SPD-Fraktionsvorsitzenden aus und Länderparlamenten. Die Länder sollen sich an der Entschuldung beteiligen. Überschuldete Kommunen gebe es in allen Bundesländern, sagte Scholz - bei einer Konzentration in Nordrhein-Westfalen, im Saarland, in Hessen und in Rheinland-Pfalz. [...] Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Christian Dürr, warf Scholz vor, seine Position in der laufenden SPD-internen Stichwahl über den Vorsitz verbessern zu wollen. Die Kommunen, die in der Vergangenheit gut gewirtschaftet und Schulden ohne Hilfe vom Bund abgebaut hätten, dürften jetzt nicht die Dummen sein, sagte er weiter. (dpa, Die Zeit)

Auch ein blinder Scholz findet einmal ein Korn. Ein Entschuldungsprogramm für die Kommunen ist eine mehr als sinnvolle Maßnahme. Die Lebensqualität der Einwohner hängt massiv vom Spielraum der Kommunen ab, und hier besteht in Deutschland eine schwere Schieflage. Wir haben, besonders im Ruhrgebiet und im Osten, viele überschuldete und in einem degenerierenden Teufelskreis gefangene Kommunen und gerade im Süden Deutschlands viele sehr prosperierende Kommunen. Das Problem ist, dass das dumme Geschwätz von Dürr sich zwar bei der FDP-Stammwählerschaft sicher gut macht, aber wenig mit der Realität zu tun hat. Der Finanzspielraum der Kommunen ist viel zu gering, als dass "gutes Wirtschaften" und das "Abbauen von Schulden ohne Hilfe des Bundes" groß in ihrer Macht lägen. Sie sind vielmehr abhängig von einer Riesenlatte äußerer und struktureller Faktoren. Es macht daher absolut Sinn, diese Ungleichgewichte auszutarieren. Es steht schließlich nicht zu erwarten, dass Bund und Länder den Kommunen bald größere Kompetenzgebiete abgeben werden, und genauso wenig, dass sie ihre bestehenden weiter einschränken und zentralistischer arbeiten. Da den Kommunen aber nun mal eben nur relativ wenig ernsthafte Steuerungsgrößen zur Verfügung stehen, muss Hilfe zwangsläufig von außen kommen, und das passierte einerseits wegen dieser bescheuerten Ideologie, wie sie Dürr ausspricht, und andererseits wegen der größeren politischen Vertretungsmacht der reichen Kommunen nicht.

2) Das deutsche Auto als Sicherheitsrisiko

In der Trump-Administration erlebt das Konzept wirtschaftlicher Sicherheit nun eine Konjunktur, wie es sie seit der Hochzeit der scharfen amerikanisch-japanischen Konflikte in den 80er und frühen 90er Jahren nicht gegeben hat. Wie damals sehen sich die Amerikaner heute mit einer sich rasch wandelnden globalen Konstellation konfrontiert. China verschiebt die ökonomischen Gewichte in ähnlich dramatischer Weise wie seinerzeit Japan. Chinas Aufstieg erscheint indes noch alarmierender, weil die Volksrepublik - anders als Japan - auch nach militärischer Macht strebt und die internationale Ordnung unter Washingtons Führung offen in Frage stellt. Befeuert werden diese Entwicklungen durch rapiden technologischen Wandel. Die Durchbrüche in Künstlicher Intelligenz, 5G oder Supercomputing sind Nachfahren der Computerrevolution, die vor vierzig Jahren das traditionelle amerikanische Wirtschafts- und Sicherheitsdenken umstürzte. Die gegenwärtig in den Vereinigten Staaten zu beobachtende Konjunktur des Konzepts „wirtschaftlicher Sicherheit" ist beunruhigend. Sie spitzt die Konflikte mit China zu und birgt die Gefahr, den globalen Handel im Hochtechnologiebereich tiefgreifend zu verändern, wie die Auseinandersetzung um Huawei zeigt. In der Tat verschiebt das wirtschaftliche Sicherheitsdenken das amerikanische Verständnis des internationalen Systems so sehr, dass selbst Verbündete durch diese Brille betrachtet werden. In diesem Sinne sind die angedrohten Zölle auf Automobilimporte kein Kollateralschaden der größeren chinesisch-amerikanischen Konflikte. Sie sind Ausdruck einer historisch fundierten Reinterpretation der internationalen Beziehungen durch die Trump-Administration, die weit über China hinausweist. (Mario Daniels, FAZ)

Zwei Gedanken hierzu. Einerseits ist das kein amerikanisches Phänomen, wenngleich die europäische Dimension sich überwiegend auf die Rüstungsindustrie beschränkt. Hierzulande gibt es aktuell in der EU-Handelspolitik den Konflikt darum, wann ein Land Gebrauch von der Möglichkeit macht, bestimmte Technologien - aktuell umstritten die neue deutsche Fregatte - als die nationale Sicherheit im Kern berührend zu erklären und dann nicht europaweit ausschreiben zu müssen. Ich würde allerdings erwarten, dass das gerade von Akteuren wie Frankreich oder natürlich den rechtspopulistischen Autokratien, die alle ohnehin nie eng mit dem Freihandelskonzept à la WTO verbandelt waren, Impulse in die Richtung zu erwarten sind. Der andere Punkt ist, dass diese Befürchtungen eine völlig berechtigte Grundlage haben. Chinesische Handys oder Digitalinfrastruktur etwa sind ein gigantisches Sicherheitsrisiko, das bemerkt ja gerade etwa Italien, die mit ihrer Privatisierung der Häfeninfrastruktur, die von chinesischen Staatskonzernen gekauft wurden, mittlerweile massive Abhängigkeiten der unangenehmsten Art entwickelt haben. Ich wäre nicht überrascht, wenn die Zeit des freien Welthandels in den nächsten Jahren völlig zum Erliegen kommt und deutlich abgeschotteteren und fragmentierteren Märkten Platz macht. Gerade aus deutscher Sicht ist das natürlich ein massives Problem, weil wir als Exportnation so sehr von freien Märkten abhängen.

3) Deutscher Gedenkstein sorgt für Empörung

Am Volkstrauertag haben Angehörige der deutschen Minderheit im polnischen Bytom einen Gedenkstein eingeweiht, mit dem an die gefallenen Soldaten des Ersten und Zweiten Weltkriegs sowie an "Selbstschutz- und Freikorpskämpfer" gedacht werden soll. Dieses Denkmal sei durch Spenden erst möglich geworden, schreibt der "Deutsche Freundeskreis in Schlesien" auf Facebook. Unter anderem habe der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Protschka das Projekt finanziell unterstützt. Neben Protschka sind auf dem Stein die AfD-Nachwuchsorganisation "Junge Alternative" und die Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf genannt. Der Bayerische Verfassungsschutz erklärte auf BR-Anfrage, dass die Überschneidungen der Burschenschaft zur rechtsextremistischen Szene bekannt seien. (Patrick Gensing, Tagesschau)

Mittlerweile wurde der fragliche Gedenkstein abgebaut. Ich verlinke dieses Fundstück hauptsächlich deswegen um zu zeigen, dass die AfD nicht nur den einen oder anderen zufälligen Neonazi in ihren Reihen hat. Das ist systemisch. Die Leute sind eine große, relevante Gruppe in der Partei, mit Abgeordneten, die sich sicher genug fühlen solche Scheiße abzuziehen, und die Partei duldet das und tut nichts dagegen. Wer sich aber mit solchen Leuten gemein macht, muss dann eben auch damit rechnen, dass er mitgefangen, mitgehangen ist. Das Gleiche gilt ja für linke Parteien, in denen diverse Mitglieder glühende Verwunderung für Chavez, Maduro oder Morales aufbringen, ebenso. Siehe dazu passend auch Fundstück 5.

4) Sacha Baron Cohen's Keynote Address at ADL's 2019 Never Is Now Summit on Anti-Semitism and Hate

On the internet, everything can appear equally legitimate. Breitbart resembles the BBC. The fictitious Protocols of the Elders of Zion look as valid as an ADL report. And the rantings of a lunatic seem as credible as the findings of a Nobel Prize winner. We have lost, it seems, a shared sense of the basic facts upon which democracy depends. [...] First, Zuckerberg tried to portray this whole issue as "choices...around free expression." That is ludicrous. This is not about limiting anyone's free speech. This is about giving people, including some of the most reprehensible people on earth, the biggest platform in history to reach a third of the planet. Freedom of speech is not freedom of reach. Sadly, there will always be racists, misogynists, anti-Semites and child abusers. But I think we could all agree that we should not be giving bigots and pedophiles a free platform to amplify their views and target their victims. Second, Zuckerberg claimed that new limits on what's posted on social media would be to "pull back on free expression." This is utter nonsense. The First Amendment says that "Congress shall make no law" abridging freedom of speech, however, this does not apply to private businesses like Facebook. We're not asking these companies to determine the boundaries of free speech across society. We just want them to be responsible on their platforms. If a neo-Nazi comes goose-stepping into a restaurant and starts threatening other customers and saying he wants kill Jews, would the owner of the restaurant be required to serve him an elegant eight-course meal? Of course not! The restaurant owner has every legal right and a moral obligation to kick the Nazi out, and so do these internet companies. (Sascha Baron Cohen, ADL)

Diese Keynote wurde mittlerweile das ganze Internet hoch und runter geteilt, und das völlig zu Recht. Cohen spricht ein Paradox der großen Internetkonzerne an. Einerseits handelt es sich um Privatunternehmen, die keine hoheitlichen Aufgaben haben. Andererseits sind sie als Plattformen dermaßen bedeutend, dass sie praktisch als öffentlicher Raum zählen müssten. Dieses Paradox müssen wir als Gesellschaften dringend lösen, wenn wir die aktuell herrschenden Probleme lösen wollen, die diese Plattformen umgeben. Ich mag auch Cohens Formulierung von " freedom of speech is not freedom of reach" sehr, weil sie ein fundamentales Missverständnis anspricht. Überall meckern Leute darüber, dass sie "zensiert" werden oder in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt, weil sie nicht unwidersprochen stehen oder weil ihnen jemand seine Plattform nicht zur Verfügung stellt. Aber das hat nichts miteinander zu tun.

5) Polizei zählt mehr als 14.000 Straftaten von Rechten

Die politische Kriminalität von Neonazis und anderen rechten Tätern wächst auch in diesem Jahr mit hoher Geschwindigkeit. Die Polizei hat nach Informationen des Tagesspiegels in den ersten drei Quartalen bereits14.311 Straftaten festgestellt, darunter 625 Gewalttaten. Bei den Angriffen wurden mindestens 271 Menschen verletzt. Drei Fälle bewertet die Polizei als versuchte Tötungen. Der mutmaßliche rechtsextreme Mordanschlag auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke wird nicht genannt. [...] Das Innenministerium hat zudem auf Anfragen von Pau über antisemitische Straftaten berichtet. Demnach stellte die Polizei von Januar bis September 1155 Delikte fest, die Judenhasser verübten. Sie waren nach Angaben der Polizei meist rechts motiviert. In 41 Fällen handelte es sich um Gewalttaten. Dabei erlitten 17 Personen Verletzungen. (Frank Jansen, Tagesspiegel)

Jetzt haben wir es schwarz auf weiß vom BKA. Politische Kriminalität hat eine ungeheure Schlagseite nach rechts, und das ständige "aber linke Gewalt!!elf!1!!" ist eine reine Nebelkerze. Wenn etwas ein dermaßen großes Ungleichgewicht hat, dann muss dort auch verstärkt gearbeitet werden, ganz egal, was die politischen Instinkte sagen. Das gilt sowohl für bestimmte Kommentatoren hier im Blog als auch für das ganze CDU-Präsidium, das sich trotz der Welle rechter Gewalt genötigt sah, einen "Aktionsplan linke Gewalt" zu verabschieden, aber immer noch keinen für rechte hat. Das ist ein unhaltbarer Zustand.

6) The Cancellation of Colin Kaepernick

Until recently, cancellation flowed exclusively downward, from the powerful to the powerless. But now, in this era of fallen gatekeepers, where anyone with a Twitter handle or Facebook account can be a publisher, banishment has been ostensibly democratized. This development has occasioned much consternation. Scarcely a day goes by without America's college students being reproached for rejecting poorly rendered sushi or spurning the defenders of statutory rape. [...] The N.F.L. is revered in this country as a paragon of patriotism and chivalry, a sacred trust controlled by some of the wealthiest men and women in America. For the past three years, this sacred trust has executed, with brutal efficiency, the cancellation of Colin Kaepernick. This is curious given the N.F.L.'s moral libertinism; the league has, at various points, been a home for domestic abusers, child abusers and open racists. And yet it seems Mr. Kaepernick's sin - refusing to stand for the national anthem - offends the N.F.L.'s suddenly delicate sensibilities. And while the influence of hashtags should not be underestimated, the N.F.L. has a different power at its fingertips: the power of monopoly. Effectively, Mr. Kaepernick's cancellation bars him from making a living at a skill he has been honing since childhood. [...] The new cancel culture is the product of a generation born into a world without obscuring myth, where the great abuses, once only hinted at, suspected or uttered on street corners, are now tweeted out in full color. Nothing is sacred anymore, and, more important, nothing is legitimate - least of all those institutions charged with dispensing justice. And so, justice is seized by the crowd. This is suboptimal. The choice now would seem to be between building egalitarian institutions capable of withstanding public scrutiny, or further retreat into a dissembling fog. The N.F.L. has chosen the latter option. (Ta-Nehisi Coates, New York Times)

Ein anderes Feld, auf dem beständig über die (vermeintlichen) Untaten der einen Seite geredet wird, ist diese Idee von " cancellation", die nahtlos in die ganze unsägliche " political correctness"-Debatte übergeht. Und während es unzweifelhaft ebenso problematische wie dumme Versuche der Cancellation von allen Seiten gibt (ich hasse etwa die ständige Forderung nach dem Feuern von Leuten, die irgendwelchen rassistischen oder sonstwie abseitigen Mist gesagt haben), so ist doch die oben beschriebene wegen der Macht-Asymmetrie ungemein problematischer. Ein Mob, ob online oder analog, ist super unangenehm, aber wir können ihn wenigstens klar sehen, diskutieren und uns ihm in den Weg stellen. Institutionelle Diskriminierung, vor allem durch private Institutionen (öffentliche haben deutlich stärkere Schutzmechanismen) wie Arbeitgeber, funktioniert unauffälliger, für die Betroffenen wesentlich verheerender und praktisch ohne Schutzmechanismen.

7) American Slavery and 'the Relentless Unforeseen'

Suddenly, in the late 1740s and early 1750s, Western culture reached a turning point, producing what the great modern scholar of slavery and the antislavery movement David Brion Davis called "an almost explosive consciousness of man's freedom to shape the world in accordance with his own will and reason." The causes of this moral revolution were manifold and remain much debated, but need not detain us here; what is important is that it brought, in Davis's words, "a heightened concern for discovering laws and principles that would enable human society to be something more than an endless contest of greed and power." That concern made slavery appear for the first time-to the un-enslaved-as a barbaric offense to God, reason, and natural rights. [...] Against slavery's millennia, the struggle to abolish it came abruptly. By the end of the succeeding century, against slavery's immense and unyielding power, it had largely succeeded. As a spiritual as well as political endeavor, it is one of the most, if not the most astonishing unfolding of the unforeseen in all of recorded human history. Yet it is too often at best consigned to the inevitable, as something that was bound to happen as if in the natural unfolding of progress. At worst, it is pushed to the margins, as if slavery's abolition came about without abolitionists, without politics, let alone without rebellious slaves-the byproduct, as some accounts say, of impersonal, amoral economic forces, or the unintended outcome of white people's selfish squabbles over policy and profits, or even as an accident. (Sean Wilentz, Columbian College of Arts and Sciences)

Ich möchte die " moral revolution" betonen. Die Abschaffung der Sklaverei wurde vor allem deswegen überhaupt möglich, weil eine Minderheit durch permanentes Moralisieren langsam, aber stetig den moralischen Kompass einer gesamten Gesellschaft verschob. Genauso wie bei den anderen großen Bürgerrechtsrevolutionen, ob dem Kampf für das Frauenwahlrecht, der Emanzipation der Schwarzen oder der der Frauen oder der LTBGQ-Community, stets haben wir das Moralisieren, das von denjenigen, die noch nicht auf der richtigen Seite der Geschichte stehen, als bevormundend und nervig empfunden wird. Und später kann dann keiner mehr verstehen, wie man je dagegen sein konnte. Auf der anderen Seite ist es immer wieder instruktiv sich klar zu machen, wie prekär und umstritten diese Themen zu ihrer jeweiligen Zeit waren. Der Kampf gegen die Sklaverei und die moralische Deutungshoheit währte Jahrzehnte. Und selbst dann brauchte es das militärische commitment der Royal Navy und der US Army, um dem Treiben endlich ein Ende zu setzen. Man muss sich immer klar machen, wie umkämpft und gefährdet diese Prozesse sind und waren. Das sind keine Selbstläufer.

8) Labour's economic programme isn't just radical - it's credible too
Völlig unabhängig davon, was man von Corbyns und Labours Programm hält, ist die Aussage Blakeleys sicher richtig, dass die Frage nach dem " who is gonna pay for it" nie gestellt wird, wenn es um auf Pump finanzierte Steuersenkungen für die Reichen geht. Siehe auch Trump, Donald J. Ich glaube ein guter Teil davon ist einfach nur sozialer Habitus. Man gehört als Journalist nur dann zu den seriösen Vertretern der Branche, wenn man diese Position vertritt. Für Austerität und angebotsorientierte Politik zu sein ist wie (in Deutschland) die Homoehe und Flüchtlingsintegretation zu begrüßen; Teil des Elitenkonsens'. Zum konkreten Vorhaben. Die Ungleichheit in Großbritannien ist ein deutlich größeres Problem als bei uns. Die Masse der Obdachlosen etwa, die sich dieses Land aus rein ideologischen Gründen leistet, ist absurd. Das Mutterland des Kapitalismus ist in vielerlei Beziehung eine Klassengesellschaft geblieben. Dass zur Hilfe der breiten britischen Unterschicht eine Umgestaltung nötig ist, sehe ich absolut auch so. Zuletzt der politische Aspekt. Auch hier hat Blakeley Recht. Ich habe das schon vor Jahren für die SPD auch so aufgeschrieben. Von der politischen Kommunikation her macht es nur Sinn, den klassenkämpferischen Aspekt hervorzuholen. Der ist das einzig funktionierende Gegenstück zum hypermoralisierenden erhobenen Zeigefinger der Fans der Schwarzen Null. Zumindest das einzige, das bisher gefunden wurde.

9) That Junk in the Air Is Really Bad for Us

The short-term effects of pollution are easy to measure, because air quality varies from day to day. Chess players, for example, make worse decisions on polluted days. Stock market returns are lower when the air quality is worse in New York City. Politicians' language is less complex when pollution is higher. In the long term, chronic exposure to pollution is correlated with accelerated cognitive decline in old age, including increased risk of dementia, Alzheimer's, Parkinson's disease and stroke. Children may suffer the most from the baleful effects of toxic air, because the damage done to them can be permanent. In China, studies have found that exposure to air pollution at birth is associated with reduced cognitive skills later in life. Southern California kids who grew up breathing more polluted air do worse on math and reading tests. Students who switch to a school that's downwind of a highway (and thus gets more pollution) see their scores decline. One study estimated that an increase in PM2.5 concentration of 5 micrograms per cubic meter -- about one half the average level in New York City -- would result in the loss of two IQ points, which is about the amount gained from one or two years of education. This is a very substantial effect. Even if one believes that math, reading and IQ tests aren't good measures of cognitive ability, abrupt decreases in these scores indicate that something is hurting children's brains. This is the kind of thing that a functional civilization should be trying to prevent. (Noah Smith, Bloomberg)

Ich habe in einem Vermischten vor anderthalb Monaten bereits auf die Luftverschmutzung als ein Problem hingewiesen, das von der Klimadebatte regelrecht verdrängt wird. Es ist ja schon gut, dass wir endlich ernsthaft über den Klimawandel reden, aber es ist auf der anderen Seite natürlich bedauerlich, dass Luftverschmutzung so vom Radar verschwunden ist. Früher war es mal genau umgekehrt (nicht, dass das besser gewesen wäre...). Ich glaube das liegt unter anderem an dem Eindruck, dass das Problem gelöst sei - und der Eindruck kommt wie so oft daher, dass man sehr lang darüber geredet hat. Aber drüber reden und lösen sind zwei Paar Stiefel. Da sind dann Policy- und Kommunikationsdesaster wie Dieselfahrverbote auch echt nur eingeschränkt hilfreich.

10) Reagnism is cancelled

Hawley, 39, became the youngest member of the Senate after a 2018 upset victory over a powerful Democratic incumbent, Claire McCaskill, and he has quickly vaulted himself to prominence in Washington's elite conservative circles. Along with Senate Republicans such as Ted Cruz, and ex-Trump administration officials such as Nikki Haley, his name is frequently floated as a potential lead architect of Trumpism after Trump. His speeches around town, including one he delivered on Tuesday evening while accepting an award at the annual gala of the American Principles Project Foundation, a socially conservative public-policy organization, are bracingly defiant of Republican orthodoxy: He rails against income inequality, condemns the policy deference afforded to corporations, and speaks warmly about the civic value of labor unions. He often talks about the "great American middle" being crushed by the decline of local communities, the winner-take-all concentration of wealth, and the inaccessibility of higher education. And he said that the modern Republican Party's split over competing impulses towards free-market economics and social conservatism has led some conservatives to ignore the effects of their policies on the middle and working class. "It's time to do away with that," he told me. [...] Hawley's economic views are set apart from the left in part by his diagnosis of America's problems. He sees social isolation and the erosion of local communal life-including church, family, neighborhoods, and labor unions-as intimately tied to declining economic opportunity for the middle class. "Economic policy and our communities and neighborhoods sit right together. They're really intertwined," Hawley told me. And unlike most Democrats, Hawley argues that cultural pathologies have helped create this fractured political moment, particularly the cult of individualism that he says drives everything from public policy to pop culture. In a vision of America in which liberty is primarily about unlimited personal freedom, he said in his speech to the American Principles Project Foundation, "place and home don't matter much, and civic participation is beside the point." This same vision produces "economic policy focused on individual advancement, where advancement means making more money and consuming more stuff," he said, according to his prepared remarks. "So in popular culture, billionaires become heroes, and the everyday working man becomes just some guy who never realized his potential." (Emma Smith, The Atlantic)

Ich habe erst letzthin darüber geschrieben, dass in der US-Politik gerade ein Realignment stattfindet. Ich wäre vorsichtig, die Wahl einzelner Abweichler - ob Ocasio-Cortez bei den Democracts oder Hawley bei den Republicans - sofort in einen Trend zu verwandeln. Aber es ist relativ offensichtlich, dass der alte Konsens in eine Sackgasse geraten ist, wenigstens politisch (meiner Überzeugung nach aber auch wirtschaftlich). Die alte Kombination, mit einer Betonung von innerer Sicherheit und einer Prise Rassismus die Zustimmung der weißen Mittelschicht zu einem Wirtschaftsprogramm für die Superreichen zu erkaufen, funktioniert immer weniger. Stattdessen entdecken gerade beide Parteien die Macht des ökonomischen Populismus (das Wort hier wertfrei als Beschreibung verwendet). Trump hat damit 2016 eine Wahl gewonnen; sollten Elizabeth Warren oder Bernie Sanders die Nominierung gewinnen, würde die Strömung auch in der demokratischen Partei ankommen. Wir sehen bei der GOP bereits seit nun drei Jahren eine deutliche Ablösung von den früheren Milieus, nicht unähnlich der Abwendung der Partei vom Ostküstenestablishment in den späten 1960er Jahren. Seit etwa einem Jahr folgt dem auch die demokratische Partei, die gerade in einem inneren Parteikampf über die Frage steckt, ob man sich von der reichen Spenderklasse völlig abnabelt, die nun vier Jahrzehnte die US-Politik dominiert hat. Nichts davon ist in Stein gemeißelt, aber das sind Dynamiken und Perspektiven, die noch in den letzten Jahren von Obamas Amtszeit vor nicht einmal einer halben Dekade völlig abwegig erschienen wären.

The end of Morales's historic presidency has the quality of one of those inkblot tests in which everyone sees what they want to see. The global left, from British Labour's Jeremy Corbyn to an assortment of foreign intellectuals, immediately denounced what had happened as a military coup, linking it in the public mind to the old, familiar scenes of tanks rolling into South American capitals. Those who have long hated Evo declared it a blow against the evils of socialist dictatorship. But if I learned anything in my time in the country, it is this: nothing is simple in Bolivia, and such was the case with the rise and fall of Evo Morales. Morales was always a double-sided coin. On the one side, he was unquestionably a man of charisma. At a party a few weeks before his first election, he so charmed my toddler daughter that she asked him to dance. And there was never any question that he had a deep and genuine concern for the poor. But he also possessed an authoritarian streak that made even close allies nervous. [...] It didn't have to come to this. Pablo Solón, a well-respected Bolivian activist whom I have known for two decades, was at the center of Evo's government from the start. He served as Morales's climate negotiator and later as his ambassador to the United Nations. But he broke with Morales years ago over the government's relentless destruction of the environment in the name of development. Interviewed after Morales's resignation, Solón shared the same lament as many who were a part of that joyful night in La Paz fourteen years ago. "If he would have respected that referendum, he would have finished his third term as probably the best president in Bolivia," he said. "But he didn't do that." Constitutions have a purpose. They keep a nation from running entirely off the rails. Bolivia is living that lesson now in the hardest of ways. It would be a good lesson for us to heed right now in the US, as well. (Jim Shultz, New York Review of Books)
Der Fall Boliviens ist einer dieser Fälle, in denen es einfach keine richtige Seite gibt. Das Militär hat unzweifelhaft geputscht, und wer glaubt, dass Bolivien dadurch einer Periode rechtsstaatlich abgesicherter Demokratie entgegensieht, ist mehr als naiv. Auf der anderen Seite war Morales drauf und dran, den Staat in eine ähnliche Autokratie zu verwandeln wie vorher Chavez und Maduro es für Venezuela getan haben. Ich fürchte, die Lektion ist relativ klar. Autokratische strongmen, egal ob sie von links oder rechts kommen und egal mit welch hohen Hoffnungen sie in ihre jeweiligen Ämter starten, werden beinahe unausweichlich versuchen, ihre Stellung zu zementieren und dabei die Demokratie zerlegen. Es ist mittlerweile gerade in Südamerika so oft passiert, dass das Muster eindeutig ist. Die Gründe dafür sind mannigfaltig und reichen bis in die Verfassungstheorie (Kurzfassung: Präsidialsystem blöd, Parlamentssystem gut). Ebenfalls relevant erscheint mir Folgendes: Alle diese Typen kamen mit einem Programm ökonomischen Populismus' an die Macht, indem sie eine Stärkung der staatlichen Rolle für die leidenden Unterschichten versprachen. Und das Zentrale für ihren Erfolg ist, dass dieses Leiden nicht nur sehr real war, sondern dass sie auch deutliche Verbesserungen brachten. Den Armen Venezuelas ging es 2009 deutlich besser als 1999. Die ganze Tragik ist, dass das bisher dann auch noch jedes Mal den Bach runterging. Denn die Armen Venezuelas von 2019 würden die Zustände von 1999 vermutlich nicht ablehnen. Die Lektion aus dem Ganzen ist, dass diese strongmen vor allem dadurch an die Macht kommen, dass legitime Forderungen nach Besserungen einer unhaltbaren Lage nicht mehr zu unterdrücken waren. Es handelte sich um Staatsversagen, eine völlige Unterwerfung des Staates unter die Interessen der ökonomisch Privilegierten. Diese Beispiele zeigen vor allem, dass Ungleichheit, wenn sie zu groß wird, eine Gefahr für die Demokratie ist, weil sie es Leuten wie Chavez, Maduro oder Morales ermöglicht, in ein Machtvakuum zu stoßen. Man sollte daher in wohlverstandemen Eigeninteresse dafür sorgen, dass es soweit nicht kommt.

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