Evang. Kirche: Dialog und Auseinandersetzung mit Atheisten

WEIMAR. (fgw) Heft 216 der von der “Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen” (EZW) her­aus­ge­ge­be­nen EZW-Texte will den “Dialog und [die] Auseinandersetzung mit Atheisten und Humanisten” för­dern. Die EZW nimmt für sich in Anspruch, “Orientierung zu geben”. Das dies nicht aus wissenschaftlich-objektiver Warte erfolgt, ergibt sich aus dem Zweck die­ser Einrichtung., der da lau­tet: “Sie hat den Auftrag, diese Zeitströmungen zu beob­ach­ten und zu beur­tei­len.” Natürlich nur aus der Sicht des auf­trag­ge­ben­den Klerus der evan­ge­li­schen Kirche.

Evang. Kirche: Dialog und Auseinandersetzung mit AtheistenHerausgeber Reinhard Hempelmann wid­met sich ein­gangs dem Thema “Atheistische Bewegungen in der Gesellschaft”. Er schreibt, aus strikt euro­zen­tris­ti­scher Weltsicht: “Der Weg der Menschheit ist unum­kehr­bar. Der Atheismus ist nach­ge­bo­re­ner Stiefbruder des Gottesglaubens. Er lebt vom Protest, vom Widerspruch, vom Bekenntnis zum Nichtglauben… (…) Insofern gibt es den Atheismus nicht ohne den Gottesglauben.” (S.5) Nun ist zu fra­gen, wel­chen Gott er denn meint, denn die Europäer kann­ten und ken­nen unzäh­lige Götter und “athe­is­ti­sches” Gedankengut war schon der vor­christ­li­chen grie­chi­schen Kultur nicht fremd…

Dabei geht Hempelmann in sei­nen Betrachtungen pri­mär vom soge­nann­ten “Neuen Atheismus” und Richard Dawkins aus. Kritisch setzt sich Hempelmann mit dem Begriff des Humanismus aus­ein­an­der und schreibt zu recht den säku­la­ren Organisationen ins Stammbuch: “Der Begriff Humanismus reicht nicht aus, um das Charakteristische der eige­nen Weltanschauung und ethi­schen Orientierung zum Ausdruck zu brin­gen.” (S.11)

Hernach kommt er gleich auf “Gegenseitige Zumutungen” zu spre­chen, wobei er im Kern aber doch nur die Gegenseite im Auge hat: “Die selbst­kri­ti­sche Auseinandersetzung mit der eige­nen Gewaltgeschichte ist auch für den Atheismus die Voraussetzung für seine Friedens- und Toleranzfähigkeit.” (S.12). Darauf kann man eigent­lich nur so ant­wor­ten, daß im Namen des Atheismus noch kein ein­zi­ger Krieg geführt wurde, daß im Namen des Atheismus noch kein ein­zi­ges Volk kolo­nial ver­sklavt wur­dee und daß noch kein ein­zi­ger Mensch im Namen des Atheismus auf dem Scheiterhaufen ver­brannt wor­den ist.

Und schließ­lich gar dekre­tiert Hempelmann “…die Unmöglichkeit des Nicht-Glaubens” und “Demnach hat jeder sei­nen Gott.” (S.12/13). Keine gute Grundlage für einen Dialog mit Nicht-Gläubigen!

Nachfolgend befaßt sich der Theologie-Professor Günther Wenz mit “Feuerbach, Marx, Nietzsche und Freud – Vier Beispiele radi­ka­ler Religionskritik in der Moderne”. Bei vie­lem rich­tig Wiedergebenen erschreckt Wenz’ Fazit: “Es ist drin­gend an der Zeit, aus athe­is­ti­schen Albträumen zu erwa­chen – in Berlin, in Europa und auf der gan­zen Welt.” (S.22). Angesichts die­ser schlim­men Schlußfolgerung mit Weltgeltungsanspruch und Mißachtung jeder nicht-christlich-euopäischen Kultur, kann man erneut nur kon­sta­tie­ren: Keine Grundlage für einen Dialog mit Nicht-Christen, kein Beispiel für die immer wie­der behaup­tete Toleranz der christ­li­chen Kirchen!

Zustimmen kann, muß man dage­gen wei­test­ge­hend dem Aufsatz von Robert U. Giesicke “Der Humanistische Verband Deutschlands (HVD)”. Abgesehen u.a. von sol­chem Lapsus, der den win­zi­gen Bremer Landesverband neben Berlin und Nürnberg zu einem topo­gra­phi­schen Zentrum des HVD erklärt.

Bei Giesicke kann man sehen, wie genau die “Feindbeobachtung” sein kann und wie klar so auch die Lage eines welt­an­schau­li­chen Gegners ana­ly­siert wer­den kann. Entwicklung, gegen­wär­ti­ger Zustand und interne Auseinandersetzungen sind von außen kon­kret dar­ge­stellt und decken sich mit den eige­nen Erlebnissen und Sichten des Rezensenten, gewon­nen inner­halb die­ser Organisation. Immer wie­der geht Giesicke dar­auf ein, daß sich der HVD vehe­ment wei­gert – auch sei­nen Mitgliedern gegen­über – Mitgliederzahlen bekannt­zu­ge­ben.


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