Für alle, die sich mittlerweile aufgrund der schlechtesten Berichterstattung seit 1945 für gut, und in Sachen Griechenland für sehr gut informiert halten, hier ein Angebot zur Seelenlinderung: Ja, Griechenland hat sich immens verschuldet und muss dafür gerade stehen. Und ja, der griechische Staat benötigt dringende und gewaltige Strukturreformen, um in Zukunft handlungsfähig sein zu können. Und dann entsteht ein großes Schweigen, weil eine Geschichte beginnt, die, egal aus welcher Perspektive sie erzählt wird, nur noch Entsetzen auslösen kann. Weil, und leider ist das so, weil sie die Mutation von einer europäischen Regierung und diversen internationalen Finanzorganisationen zu einer marodierenden Meute von gewöhnlichen Gangstern beschreibt.
Gangster. Auch ein Handwerk? – Foto: © Peter Reinäcker / pixelio.de
Beginnen wir mit den Geldgebern. Banken sind dazu angehalten, sogar per Gesetz, bei der Vergabe von Krediten auf Gegenwert und Liquidität zu achten. In politischem Kontext und in politischem Auftrag sollte dieser Grundsatz umso mehr gelten. Deutsche Staatsbanken waren es, die diesen Geschäftsgrundsatz nicht beachteten und bei der Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers Griechenland ins Schlingern gerieten. Die Geschichte ist bekannt. Die Hasardeure beziehungsweise ihre Banken wurden als systemrelevant deklariert und die Staaten hafteten. Weder wurden die Personen vor Gericht gestellt noch die Institutionen für den Schaden verantwortlich gemacht. Der Druck auf Griechenland speist sich daraus, dass alleine die Bundesregierung mit 80 Milliarden für diese Bankenrettung haftet.
Die griechischen Vorgängerregierungen, die sowohl die Kreditgeschäfte eingingen und allerlei Tand dafür kauften, den kein Mensch braucht, wie z.B. deutsche U-Boote, wurde und wird von hiesiger Seite weder für die Jahrzehnte lange Misswirtschaft noch für die halbseidenen Kreditgeschäfte getadelt. Die Regierung Syriza hingegen war noch keine fünf Stunden im Amt, da setzte ein Sturm der Entrüstung ein, der bis heute täglich gesteigert wird und immer wieder kulminiert in Äußerungen von Protagonisten wie Wolfgang Schäuble oder Christine Lagarde, die alleine und für sich dazu ausreichen müssten, dass sie stante pede aus ihren Jobs geworfen werden, wenn sich auf den Fluren ihrer Organisationen noch irgend eine Spur von Respekt finden ließe. Syriza als Regierungspartei hatte nie eine Chance, dafür hat sie sie bis jetzt genial genutzt. Chapeau!
Das, was wiederum in der Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Anstalten gleich einer tibetanischen Gebetsmühle wiederholt wird, ist die Notwendigkeit von Reformen in Griechenland. Verwunderlich ist nur, dass die Anfragen der Syriza-Regierung an EU wie IWF in dieser Hinsicht negativ beschieden wurden. Der Hinweis lautete, man könne nur Kürzung, nicht Strukturreform. Das stimmt natürlich so nicht, aber es ist klar und deutlich, dass man nicht will. Griechenland ist frei gegeben zum Liquidieren. Und dieser ungeheuerliche Sachverhalt wird innenpolitisch verkauft als Reform. Wie dieses geschieht, das hat die Qualität von Propaganda, die mittlerweile in zwei großen Paradigmen auf die bundesrepublikanische Bevölkerung systematisch hernieder saust, im Falle Griechenlands wie der Ukraine.
Die Crime Story, die momentan in Griechenland vonstatten geht und die von einem regelrechten Gangsterensemble gepuscht wird, besteht in dem geplanten Verkauf des nationalen Tafelsilbers. Noch die Vorgängerregierung wurde dafür gelobt, dass sie auf Druck der Troika den Verkauf des Hafens von Piräus, den größten Passagierhafen Europas, an den chinesischen Investor Cosco freigegeben hatte. Die Syriza-Regierung hat dieses gestoppt. Genauso wie sie nicht einging auf die Offerte von Fraport, für 1,2 Milliarden ein ganzen Bündel von nationalen Flughäfen kaufen zu wollen. Die Verkaufserlöse wären ein Nasenwasser angesichts der Verbindlichkeiten. Das Desaster wäre ein nationales, und zwar nachhaltig. Wer vorgibt, Griechenland wieder auf die Beine zu helfen, der darf es nicht schächten wie einen Hammel!
.
Lesen Sie auch:
“Prekär”
.
Leser-Telefon:
Sagen Sie Ihre Meinung! Ihr Leser-Telefon: +49 (0) 2779-216 658
Sie können Ihre Meinung/Anregungen ebenso über das “Kommentar-Formular” einsenden.
Quellen – weiterführende Links
Foto: © Peter Reinäcker / pixelio.de