Euphemismus – die alte Kunst des Verschönerns der Wirklichkeit

Von Lukas Röthlisberger @Adekagabwa

Worte brauchen wir, um etwas zu kontrollieren.

Wenn wir etwas geschickt beschreiben, dann glauben wir, es verstanden zu haben und können es auch vorhersehen. Es gibt aber auch alte Tabus, Themen die sich der menschlichen Kontrolle entziehen – und deshalb wurden sie auch nicht benannt. Und es gibt Euphemismen - das sind Worte die einen Sachverhalt beschönigen und damit im eigenen Sinn kontrollieren:

Früher hatte man bei manchen Tieren das Gefühl, sie stünden mit dem Bösen im Bunde (Eichhörnchen), bei Anderen dachte man, sie würden einen Krankheiten anwerfen (Wiesel) oder sie wären sonstwie magisch. Man sprach den Namen dann lieber nicht aus, sondern sagte der Braune (Bär), der Buschige (Fuchs), der Graue (Hase).

Beim Sterben haben sich bis heute eine Vielzahl beschönigender Wendungen erhalten. Statt sterben sagt man abberufen, dahingeschieden, das Zeitliche gesegnet, heimgegangen oder für immer eingeschlafen. Und zusätzlich eine riesige Menge aggressiver Worte wie ins Gras beißen, die Radieschen von unten ansehen, den Schirm zumachen usw.

Dasselbe gilt natürlich für den Teufel, der mit Luzifer, Antichrist, Beelzebub etc. ausweichende Namen fand, und nicht zuletzt auch Gott, der als Gottheit im Polytheismus natürlich einen Namen brauchte ( zur Differenzierung von anderen Göttern) aber im Monotheismus wurde jeweils der Name Gottes vermieden oder sogar verboten.

Heute sind wir aufgeklärt und lächeln über die vielen ausweichenden Begriffe, die wir von früher noch in unserem Sprachschatz haben. Aber es gab wohl keine Zeit, die dermaßen kreativ neue Euphemismen erschaffen hat, wie die unsere!

Beschönigende Worte haben absolut Hochkonjunktur in Politik, Wirtschaft und Medizin und oft muss man aufpassen wie ein Luchs, dass man ihnen nicht auf den Leim geht:

Einige Beispiele:

Vorratsdatenspeicherung ist das ausspionieren des Bürgers
Raumpflegerin war früher noch die Putzfrau
Manager sind Verwalter
Abschöpfen heißt den Gewinn verteilen
Motivationsgestört war früher faul
Gegner ausschalten heißt den Feind umbringen
Kollateralschäden sind getötete Zivilisten

Hinter jedem Euphemismus steht ein Interesse. Man will die Wirklichkeit in seinem eigenen Sinne kontrollieren. Und die Anderen dazu bringen, das auch so zu sehen. Und das gelingt am besten mit netten Worten, die noch nicht durch Geschichte und Erfahrung geprägt sind.

Hier einige Webseiten/Blogs die zahlreiche solche Worte gesammelt haben:


BILD
Akzeptieren / 56cm x 32cm / Glasmalfarben/Acryl auf Rostgrundierung auf Baumwolle auf MDF / 2011, Nr.11-092


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