EU-Wirtschaftsregierung ist verfassungswidrig

Es ist bemerkenswert, wenn Prof. Dr. jur. Peter Michael Huber, Richter am BVerfG (2. Senat), sich klarstellend zu den bevorstehenden Abstimmungen zu den weiteren “EU-/Euro-Rettungspaketen (ESM, ESFS) im Bundestag äußert.

Bemerkenswert deshalb, weil er in einem Interview in der Süddeutschen Zeitung (Ausgabe vom 19.09.2011) zwei wesentliche Punkte klarstellt, damit m.E. die BUNDESREGIERUNG bzw. das PARLAMENT an die Rechtslage des Urteils des BVerfG vom 09.07.2011 ( 2 BvR 987/10 vom 7.9.201 1, Absatz-Nr . (1 – 142)) erinnert wird!

Aus dem Urteil des BVerfG vom 07.09.2011 (siehe oben) ergibt sich folgendes, worauf der Bundesverfassungsrichter besonders abstellt:

1. Die von UNION und FDP und Teilen der SPD und der GRÜNEN angestrebte EU-Wirtschaftsregierung ist im “Geltungsbereich des Grundgesetzes” nicht zulässig; sie “stößt an verfassungsrechtliche Grenzen”.

SPONLINE führte am 18.09.2011 in einem Vorabbericht dazu folgendes aus:

Karlsruhe – Eine europäische Wirtschaftsregierung stößt nach Einschätzung des Verfassungsrichters Peter Michael Huber an verfassungsrechtliche Grenzen. Nur wenn die Bürger dem Plan zustimmten, sei die Bildung einer EU-Wirtschaftsregierung mit umfassenden Zuständigkeiten möglich, sagte Huber, Mitglied des Zweiten Senats im Karlsruher Gericht, der "Süddeutschen Zeitung".

Damit stellt der Richter ein zentrales Vorhaben von Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy unter Vorbehalt. Die beiden hatten Mitte August verkündet, eine Wirtschaftsregierung für die Euro-Zone anzustreben, um die Schuldenkrise zu bekämpfen. Den Vorsitz soll EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy haben. Die Wirtschaftsregierung soll mindestens zweimal im Jahr tagen und die Finanz- und Wirtschaftspolitik der 17 Euro-Länder enger verzahnen.

Verfassungsrichter Huber warnt nun in der "SZ" vor einer mangelnden Legitimation dieser Wirtschaftsregierung. Durch das Urteil zum Vertrag von Lissabon von 2009 seien die Grundsätze des Grundgesetzes durch dessen "Ewigkeitsgarantie" geschützt und damit "europafest". Das gelte auch für zentrale wirtschaftspolitische Zuständigkeiten wie die Sozialversicherungssysteme und die Besteuerung. Wollte man dies auf EU-Ebene harmonisieren, müsste zuvor das Grundgesetz geöffnet werden – und zwar durch eine Abstimmung des gesamten Volkes.

(Hervorhebung in Fettschrift durch den Autor dieses Artikels)

Bereits am 08. September 2011 hatte ich in einem Artikel auf diese Zusammenhänge hingewiesen, die in der Berichterstattung der Medien den Bürgern weitgehend in der Bedeutung vorenthalten wurden.

SPONLINE schreibt präzisierend weiter:

"Wenn das Wahlrecht noch Sinn machen soll, dann muss es politische Gegenstände geben, über die der Bürger mit seiner Wahl verantwortliche Entscheidungen treffen kann." Eine bloße Koordination der Wirtschaftspolitik, wie sie zwischen Deutschland und Frankreich vereinbart wurde, sei dagegen unproblematisch.

Zum Wahlrecht hatte ich in dem erwähnten Artikel einige Hinweise mit Quellenangaben zum Urteil des BVerfG vom 07.09.2011 gegeben.

Ein weiterer Artikel befasst sich mit der Haushaltsautonomie des Bundestages, die bereits von der amtierenden Bundesregierung verletzt wurde und nun korrigiert werden musste.

Geradezu ein Skandal ist es, wenn die GEZ-Medien (ARD und zugehörige Sender) in der “Nachrichten-Laufschrift” die Information verbreiten, dass sich die Regierungsparteien auf die “Einbeziehung des Parlamentes” in der Frage der Haushaltsautonomie “geeinigt” hätten. Die verantwortlichen Journalisten und Redakteure versuchen einmal mehr die Bürger zu täuschen, weil die geforderte Einbeziehung des Parlamentes zur Wahrung der Haushaltsautonomie durch das BVerfG in dem Urteil vom 07.09.2011 als ANORDNUNG zu verstehen war! Hier zeigt sich, wie verlogen die GEZ-Medien in ihrer Darstellung sind; der BÜRGER soll die klaren Verstöße der Bundesregierung nicht wahrnehmen, die das BVerfG im Sinne einer Anweisung / Aufforderung / Anordnung KORRIGIEREN musste, um die unabdingbaren Rechte der Bürger bzw. ihrer Vertreter im Parlament zu wahren!!!

Ist es nicht geradezu peinlich, dass die Abgeordneten der “Regierungsparteien” ihre Mehrheit nicht nutzen, damit die Rechte der Bürger geschützt werden? Auch die Abgeordneten der “Regierungsfraktion” haben die AUFGABE, die Regierung zu kontrollieren und zu überwachen. Aber die parlamentarische Realität sieht anders aus: Klare Rechtsbrüche der Bundesregierung werden mit den Mehrheiten der Parlamentarier aus den Regierungsfraktionen akzeptiert. Man darf Zweifel daran haben, ob das Parlament überhaupt noch die ihm übertragene Auftragslage erfüllt. Ein Ausweg aus diesem Dilemma wäre die Stärkung der direkten Demokratie!!!

Zur Obergrenze der drohenden “Haushaltsbelastung” bzw. der Belastung der Mehrheit der Bürger durch die EU(RO)-Rettungspakete führte Prof. Dr. jur. Huber folgendes aus:

"Es muss Prognosespielräume geben, das Verfassungsgericht kann da nicht starr festlegen: 200 Milliarden Euro, danach ist Schluss." Allerdings spreche einiges dafür, dass die Obergrenze erreicht sei, wenn Deutschland eine Haftung in Höhe eines kompletten Bundeshaushalts übernehmen wollte.

Die bereits in meinen Artikeln hervorgehobene Forderung, dass die Bundesregierung vor Verabschiedung der Erweiterungen der EU(EURO) – Rettungsfonds eine Belastungsgrenze ermitteln muss, wurde von Prof. Dr. jur. Huber sogar präzisiert; als absolute  Obergrenze (drohende Inanspruchnahme und Haftung) sieht er das deutsche Haushaltsvolumen (ca. 300 Mrd.) eines Jahres.

Aus meiner Sicht wird es notwendig, dass die Bundesregierung in die Verhandlungen mit den anderen EU-Vertretern eine Exit-Klausel mitteilt bzw. die “Belastungsgrenze” bekanntgibt, weil die vom BVerfG angeordnete Belastungsgrenze, die von der Bundesregierung noch zu ermitteln ist und dann vom Deutschen Bundestag zu verabschieden wäre, zwingend im Sinne einer ANORDNUNG des BVerfG zu beachten ist!!!

Bei Zuwiderhandeln der Bundesregierung und/oder des Deutschen Bundestages und/oder des Bundesrates wäre eine Einstweilige Anordnung vor dem BVerfG zu erwirken, damit den auch in der Vergangenheit feststellbaren klaren RECHTSBRÜCHEN der Bundesregierung bzw. der anderen Organe (Stichwort: vorsätzlich verfassungswidrig ermittelte Regelsätze zur Bemessung des Existenzminimums und Missachtung der Rechtsfortschreibung des BVerfG)  ein ENDE bereitet wird, um die Reste der Demokratie zu schützen.

Die ggfs. notwendige Einstweilige Anordnung würde dazu führen, dass der Bundespräsident die Ende September zu verabschiedenden Gesetze nicht durch UNTERSCHRIFT freigeben kann, bevor nicht die BUNDESREGIERUNG die Anordnungen des BVerfG umsetzt.

Jeder Abgeordnete im Deutschen Bundestag und im Bundesrat sollte bei den bevorstehenden Abstimmungen darauf achten, dass

1. die Bundesregierung die Belastungsgrenze festlegt und

2. die Mitwirkung des Deutschen Bundestages bei der Inanspruchnahme der “EU(RO) – Rettungspakete” durch umfassende Information und Abstimmung gewährleistet ist.

Auch das unter 2. genannte Recht des Deutschen Bundestages, das das BVerfG eingefordert hatte, soll aktuell durch knapp besetzte Ausschüsse (nur 6 Abgeordnete) unterlaufen werden.

Der Deutsche Bundestag muss sicherstellen, dass sämtliche Abgeordnete des Bundestages überhaupt ihre Verantwortung wahrnehmen und auch sicherstellen, dass nicht, wie in der Vergangenheit mehrfach nachweisbar, die Bundesregierung sich über die bestehende Rechtslage hinwegsetzt!!!

Das Kontrollrechte bzw. die Abstimmung des gesamten Deutschen Bundestages sind insbesondere dann auch zukünftig / gesondert sicherzustellen, wenn die Belastungsgrenze überschritten werden würde bzw. Leistungen erbracht werden, die durch die Gesetzeslage in Deutschland und/oder in der EU nicht gedeckt wären.

Denn die Abgeordneten des Deutschen Bundestages dürfen aufgrund der vielfältigen klaren RECHTSVERSTÖSSE der Bundesregierung nicht mehr davon ausgehen, dass nicht auch zukünftig die bestehende Rechtslage gebrochen wird / gebrochen werden soll. Aus der Erfahrung der Vergangenheit müssen angesichts der Bedeutung der HAFTUNGSRISIKEN für jeden einzelnen BÜRGER (Stichworte: ausreichende Mittel für die Anpassung des Rentenniveaus, des Existenzminimums für Bedürftige sowie die Krankenversicherung, …) die Kontrollrechte des Deutschen Bundestags verschärft werden.

Man darf gespannt sein, ob die BUNDESREGIERUNG überhaupt die seit dem 07.09.2011 geltende RECHTSLAGE für die EU(RO)-Rettungspakete beachtet. Es wird sich bei der Beantwortung dieser wichtigen Frage klären, ob die Abgeordneten des Deutschen Bundestages überhaupt die gegebene Anordnung des Bundesverfassungsgerichtes bezogen auf die Kontrollrechte des Parlamentes sowie der Ermittlung und Definition der BELASTUNGSGRENZE überhaupt verstehen!

An und für sich müsste JEDER Abgeordnete im Deutschen Bundestag darauf bestehen, dass sich die BUNDESREGIERUNG an die seit dem 07.09.2011 gegebene RECHTSLAGE hält und danach handelt.

Bei Zuwiderhandeln wäre erneut das BVerfG einzuschalten. Es wäre dann zu überlegen, ob nicht die BÜRGER ihre Rechte nur noch in Form der DIREKTEN DEMOKRATIE (Volksabstimmung in allen wesentlichen Fragen) wahrnehmen müssten, wenn sich die Mehrheit des Deutschen Bundestages weigert, die Rechtsordnung bzw. zwingend gegebene Rechtslage zu beachten und danach zu handeln.

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