EU: Ist die Netzneutralität jetzt tot?

Von Schriftarchitekt @christianallner
Das EU-Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, das vielen als Beschneidung der Netzneutralität gilt. Die Telekom hat laut über etwas nachgedacht, was zum Zwei-Klassen-Internet führen könnte. Und das Wirtschaftsministerium will sowas nicht kommentieren, weil es ja nur in einem Blog stand.

Im selben Atemzug wie das EU-Parlament plötzlich für die Aufnahme Edward Snowdens plädiert, eines Mannes mit fast symbolträchtiger Bedeutung auch für Netzneutralität und -freiheit, beschneidet es selbige digitale Grundrechte. In einem Gesetzespaket wurde diese Woche abgestimmt, ob man Roaming-Gebühren abschafft und die Netzneutralität beschneidet - oder nicht. Die Roaming-Gebühren werden abgeschafft. Damit dürfte klar sein, was mit der Netzneutralität passiert, richtig?

Kurz darauf hat die Deutsche Telekom in einem Blogbeitrag, sagen wir mal, vorsichtig darüber nachgedacht, was das für die Zukunft bedeutet. Viele haben das als Neuauflage von Drosselkom verstanden, also dem künstlichen Beschneiden von Verbindungsgeschwindigkeiten. Sogar Vergleiche mit der Mafia kamen bei manchen Kommentaren hoch. In jedem Fall kam man aber überein, dass die aktuelle Gesetzeslage in der EU die Netzneutralität aufweiche. Im Gesetz, das beschlossen wurde, stand zwar eine Gleichberechtigung der Internetnutzer, aber auch eine Formulierung, die es ermöglicht, wichtige (was ist wichtig?) Dienste ein Vorrecht einzuräumen bei der Datenübertragung.

Deutschland: Ministerien kommentieren keine Blogs

Netzpolitik.org hat nun auf eine Pressekonferenz des Bundeswirtschaftsministeriums verwiesen, in dem ein Journalist konkret nachfragte, was das Ministerium von den Plänen halte, die die Telekom in deren Blog veröffentlichte.

Die kurze und wie ich finde sehr respektlose Antwort von Hr. Dünow aus dem Ministerium: „Ich kommentiere keine Blogeinträge."

Steinzeitliche Sichten auf moderne Medien?

Mich ärgern solche Kommentare, denn sie zeugen davon, dass wir Politiker und Mitarbeiter haben, die sich einen Dreck um die digitale Welt kümmern. Mit 30 Millionen Deutschen bei Facebook, Milliarden Euros bei Amazon und einer Wirtschaft, deren Börsen auf den digitalen Informationsaustausch angewiesen sind, solche rückwärtsgewandte Rhetorik und steinzeitlichen Ansichten zu pflegen, halte ich für gefährlich. Das Internet ist halt auf bundespolitischer Ebene immer noch Neuland.

Oder sehe ich die Situation einfach zu krass? In den letzten Jahren waren lediglich Gerichte datenschutz- und nutzerfreundlich. Als Bundesbürger kann man da schon rein rubjektiv gegensätzliche Eindrücke bekommen, was ja wiederum Protestgruppen (und damit sind nicht nur PEGIDA oder AfD gemeint) anstachelt. Geheimniskrämerei und vernebelte Taktiken schaffen nicht unbedingt Vertrauen.

Was denken Sie? Sehe ich die Angelegenheit zu kritisch? Schreiben Sie mir einen Kommentar mit Ihrer Meinung. Ich möchte gern eine Diskussion anregen, da ich selbst noch nicht sicher bin, was ich von der aktuellen Situation halten soll.

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Christian Allner, B.A.

In Halle (Saale) 1988 geboren und nach einer kaufmännischen Ausbildung stellv. Abteilungsleiter. Seit 2011 Studium der Berufsorientierten Linguistik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; bislang Bachelor of Arts. Seit dieser Zeit als Schrift-Architekt auch studentischer Unternehmensberater für KMUs aus der Region Mitteldeutschland. Ein begeisterter Hobbykoch - kaufmännisch ausgebildet und multimedial studiert.