Ein Appell gegen die Instrumentalisierung des Hungerstreiks.
Der Hunger als Waffe ist wieder häufiger da. Neulich gingen einige Asylbewerber in Hungerstreik. Und vor einigen Tagen erreichte mich eine e-Mail. Darin stand, dass da jemand an einer Hungerstaffel gegen Hartz IV teilnehmen wolle und dass man die Aktion unterstützen sollte. Ich will nur empfehlen: Hört mit dem Quatsch auf! Das ist kein zielführender Protest. Und die Logik und die Aura, die darum geschmiedet wird, wirkt auf mich wie aus dem Kinderzimmer rekrutiert.
Wen wollt ihr denn bestrafen? Die Herolde von Hartz IV vielleicht? Als ob ein Loch im Magen noch jemanden schmerzen könnte außer demjenigen, der es hat. Man bestraft sich doch nur selbst. Die Clowns in den Jobcentern machen weiter wie eh und je. Man erzwingt damit nichts außer Magensonden und Zwangsernährung. Das kommt mir vor wie der Teenager im Nebenzimmer, dem ich den abendlichen Kinobesuch verbiete und der dann motzt, dass er eben nie wieder ins Kino gehen werde. Ein bisschen Trotz tut gut. Zu viel davon wird zum ideologischen Phlegma, zur bockigen Ich-strafe-Dich-indem-ich-mich-strafe-Logik. Man sollte Protest nicht mit Masochismus und Selbstkasteiung verwechseln.
Diejenigen, die hungern in ihrer Verzweiflung, will ich gar nicht angreifen. Theoretisch leuchtet die Praxis ja ein. Man macht sein Leid kenntlich, hungert sich zu einer Metapher für das eigene Unglück herunter. Zynisch könnte man von einem theatralischen Beeinflussungsversuch sprechen. Die, die hungern, sind ja wirklich arme Schweine. Blöde Schweine sind hingegen diejenigen, die in die Rolle von Betroffenheitsfunktionären schlüpfen, die den Hungerstreik zu etwas ausbauen, was er nicht ist. Baadereske Gestalten, die wie der damalige Stammheimer Hungerstreiks einleiten und mit dem Finger drauf zeigen und verschämt in ihre Stulle beißen.
Hunger ist keine Lösungsansatz. Er ist Teil des Problems. Und die widerlichen Personen, die den Hungerleider auch noch stützen, weil sie meinen, der ausgelutschte Körper sei eine irgendwie geartete politische Botschaft, die haben kein Interesse an der Lösung, die potenzieren das Problem lediglich.
Trotzdem finde ich, dass man den Hungernden raten soll: Esst was! Plündert die Kühlschränke reicher Leute! Das wäre eine Botschaft. Wer glaubt den Hunger mit Hunger bekämpfen zu können, der könnte auch den Ministern glauben, die erzählen, dass man den Krieg mit Krieg bekämpfen kann. "Intellektuell" ist das dieselbe Liga. Krieg den Palästen, um das Magenknurren in Hütten zu befriedigen! Wer die Sorgen der Hütte zum Symbol verherrlicht, der stiftet wohlige Palastruhe.
Wer jetzt sagt, es gehe dabei ja nicht um Hunger, sondern um Aufmerksamkeit, der hat nur die Hälfte begriffen. Es geht immer um Hunger. Es geht darum, jeden Tag sorglos essen zu wollen. Unter einem Dach essen zu wollen. Gesellschaftlich anerkannt seine Mahlzeit zu sich zu nehmen. Satt zu sein und zu bleiben. Auch wer, wie früher geschehen, gegen die Atomkraft hungert, dem geht es um die Sorge, bald nicht mehr oder nur noch verseucht essen zu können. Alles was wir tun, handelt in letzter Instanz immer vom Essen.
Soll ich nun den Polizisten, die die Asylbewerber ins Krankenhaus verfrachteten und den Ärzten böse sein, weil sie Zwang anwandten? Was hätten sie sonst tun sollen? Und wenn ich dann diese Funktionäre des Hungers sehe, die applaudierend neben den Hungerleidern stehen, die laut Skandal! rufen, weil Polizei und Ärzteschaft Hand in Hand Zwang anwenden, weil sie in Krankenhäuser abführen und Sonden platzieren, dann kann ich nur den Kopf schütteln. Solche Leute sensibilisieren die Welt nicht. Sie sind selbst unsensible Leute, die ihren Selbsthass auf andere richten und völlig irrational meinen, so könne die Welt besser gelingen.
Sympathie hege ich mit diesen Funktionseliten der Besitzständler sicher nicht. Aber hier kann und will ich nicht gegen sie stehen.
Mit linker Weltsicht, mit progressivem Blick auf die menschliche Gemeinschaft, hat die Apotheose des Hungerstreiks nichts, aber auch gar nichts zu tun. Das sind gesinnungsfaschistische Methoden, die auf das große Nichts zusteuern, die den täglichen Kampf um eine etwas erträglichere Welt in den Nihilismus weisen, die eine Leere erzeugen. Die Divinisierung des Märtyrers wird dabei nicht selten mit esoterischer Verve poliert - das was sich halt einstellt, wenn Leere entsteht.
Was die Konservativen zum Hungerstreik sagen, nämlich dass er Erpressung ist, lasse ich aber nicht gelten. Klar ist er Erpressung. So wie alles in der Welt. Darauf beruhen Gemeinwesen und Familien. Das man mit dem Hungerstreik das Erpressungsmonopol staatlicher Behörden antastet, ist also kein Argument. Erpresser kann jeder sein. Natürlich erpresst das geregelte Leben zwischen Menschen, vulgo Staat genannt, bequemer, weil mit vollerem Bauch.
Wenn ich möchte, dass alle Menschen essen sollen, wobei "das Essen" hier auch symbolisch und metaphorisch für Sorgenfreiheit aller Art stehen kann, dann kann die Forcierung der Sorge nicht der richtige Weg sein. Wie gesagt, wer das dennoch glaubt, der kann auch am Krieg einen Akt der Befriedung erkennen. Ist es also ein Zufall, dass die Aktivisten rund um die Hungerstreiker und die Menschenrechtskrieger nicht selten aus derselben Klientel stammen?
Der Hunger als Waffe ist wieder häufiger da. Neulich gingen einige Asylbewerber in Hungerstreik. Und vor einigen Tagen erreichte mich eine e-Mail. Darin stand, dass da jemand an einer Hungerstaffel gegen Hartz IV teilnehmen wolle und dass man die Aktion unterstützen sollte. Ich will nur empfehlen: Hört mit dem Quatsch auf! Das ist kein zielführender Protest. Und die Logik und die Aura, die darum geschmiedet wird, wirkt auf mich wie aus dem Kinderzimmer rekrutiert.
Wen wollt ihr denn bestrafen? Die Herolde von Hartz IV vielleicht? Als ob ein Loch im Magen noch jemanden schmerzen könnte außer demjenigen, der es hat. Man bestraft sich doch nur selbst. Die Clowns in den Jobcentern machen weiter wie eh und je. Man erzwingt damit nichts außer Magensonden und Zwangsernährung. Das kommt mir vor wie der Teenager im Nebenzimmer, dem ich den abendlichen Kinobesuch verbiete und der dann motzt, dass er eben nie wieder ins Kino gehen werde. Ein bisschen Trotz tut gut. Zu viel davon wird zum ideologischen Phlegma, zur bockigen Ich-strafe-Dich-indem-ich-mich-strafe-Logik. Man sollte Protest nicht mit Masochismus und Selbstkasteiung verwechseln.
Diejenigen, die hungern in ihrer Verzweiflung, will ich gar nicht angreifen. Theoretisch leuchtet die Praxis ja ein. Man macht sein Leid kenntlich, hungert sich zu einer Metapher für das eigene Unglück herunter. Zynisch könnte man von einem theatralischen Beeinflussungsversuch sprechen. Die, die hungern, sind ja wirklich arme Schweine. Blöde Schweine sind hingegen diejenigen, die in die Rolle von Betroffenheitsfunktionären schlüpfen, die den Hungerstreik zu etwas ausbauen, was er nicht ist. Baadereske Gestalten, die wie der damalige Stammheimer Hungerstreiks einleiten und mit dem Finger drauf zeigen und verschämt in ihre Stulle beißen.
Hunger ist keine Lösungsansatz. Er ist Teil des Problems. Und die widerlichen Personen, die den Hungerleider auch noch stützen, weil sie meinen, der ausgelutschte Körper sei eine irgendwie geartete politische Botschaft, die haben kein Interesse an der Lösung, die potenzieren das Problem lediglich.
Trotzdem finde ich, dass man den Hungernden raten soll: Esst was! Plündert die Kühlschränke reicher Leute! Das wäre eine Botschaft. Wer glaubt den Hunger mit Hunger bekämpfen zu können, der könnte auch den Ministern glauben, die erzählen, dass man den Krieg mit Krieg bekämpfen kann. "Intellektuell" ist das dieselbe Liga. Krieg den Palästen, um das Magenknurren in Hütten zu befriedigen! Wer die Sorgen der Hütte zum Symbol verherrlicht, der stiftet wohlige Palastruhe.
Wer jetzt sagt, es gehe dabei ja nicht um Hunger, sondern um Aufmerksamkeit, der hat nur die Hälfte begriffen. Es geht immer um Hunger. Es geht darum, jeden Tag sorglos essen zu wollen. Unter einem Dach essen zu wollen. Gesellschaftlich anerkannt seine Mahlzeit zu sich zu nehmen. Satt zu sein und zu bleiben. Auch wer, wie früher geschehen, gegen die Atomkraft hungert, dem geht es um die Sorge, bald nicht mehr oder nur noch verseucht essen zu können. Alles was wir tun, handelt in letzter Instanz immer vom Essen.
Soll ich nun den Polizisten, die die Asylbewerber ins Krankenhaus verfrachteten und den Ärzten böse sein, weil sie Zwang anwandten? Was hätten sie sonst tun sollen? Und wenn ich dann diese Funktionäre des Hungers sehe, die applaudierend neben den Hungerleidern stehen, die laut Skandal! rufen, weil Polizei und Ärzteschaft Hand in Hand Zwang anwenden, weil sie in Krankenhäuser abführen und Sonden platzieren, dann kann ich nur den Kopf schütteln. Solche Leute sensibilisieren die Welt nicht. Sie sind selbst unsensible Leute, die ihren Selbsthass auf andere richten und völlig irrational meinen, so könne die Welt besser gelingen.
Sympathie hege ich mit diesen Funktionseliten der Besitzständler sicher nicht. Aber hier kann und will ich nicht gegen sie stehen.
Mit linker Weltsicht, mit progressivem Blick auf die menschliche Gemeinschaft, hat die Apotheose des Hungerstreiks nichts, aber auch gar nichts zu tun. Das sind gesinnungsfaschistische Methoden, die auf das große Nichts zusteuern, die den täglichen Kampf um eine etwas erträglichere Welt in den Nihilismus weisen, die eine Leere erzeugen. Die Divinisierung des Märtyrers wird dabei nicht selten mit esoterischer Verve poliert - das was sich halt einstellt, wenn Leere entsteht.
Was die Konservativen zum Hungerstreik sagen, nämlich dass er Erpressung ist, lasse ich aber nicht gelten. Klar ist er Erpressung. So wie alles in der Welt. Darauf beruhen Gemeinwesen und Familien. Das man mit dem Hungerstreik das Erpressungsmonopol staatlicher Behörden antastet, ist also kein Argument. Erpresser kann jeder sein. Natürlich erpresst das geregelte Leben zwischen Menschen, vulgo Staat genannt, bequemer, weil mit vollerem Bauch.
Wenn ich möchte, dass alle Menschen essen sollen, wobei "das Essen" hier auch symbolisch und metaphorisch für Sorgenfreiheit aller Art stehen kann, dann kann die Forcierung der Sorge nicht der richtige Weg sein. Wie gesagt, wer das dennoch glaubt, der kann auch am Krieg einen Akt der Befriedung erkennen. Ist es also ein Zufall, dass die Aktivisten rund um die Hungerstreiker und die Menschenrechtskrieger nicht selten aus derselben Klientel stammen?