Im Moment sorgt eine junge Dame für ordentlich Wirbel, weil sie sich gegen unerhörte Gerüchte zur Wehr setzt, die zum Inhalt haben, sie habe früher einmal als Escort-Fräulein beziehungsweise Prostituierte gearbeitet. Diese junge Dame – nennen wir sie Bätina W. (Name von mir geändert, ich will nicht auch noch verklagt werden) – verklagt nun also Google und Günther Jauch, wegen böswilliger Förderung besagter Gerüchte. Google wird wegen dieser Auto-Vervollständigung verklagt. Tatsächlich – ich hab das eben spaßeshalber mal ausprobiert – wenn man auch nur die ersten zwei Anfangsbuchstaben des Vornamens in Google eingibt, erscheint das Wort “Prostituierte” gleich an erster Stelle. Und Günther Jauch hat offenbar irgendwann einmal aus einem großen deutschen Boulevard-Blatt vorgelesen, das darüber geschrieben hatte, dass jemand anders behauptet habe, dass er vom Nachbarn seines Schwagers gehört hätte, dessen Cousin habe mal eine Bekannte im Supermarkt getroffen, die sich ganz sicher sei, dass der Arbeitskollege ihres Postboten jemanden kenne, der jemanden kenne, der besagte junge Dame einmal von Weitem an der Bushaltestelle gesehen habe, wie sie höchst promiskuitiv zu ihm herübergeschaut habe. Jetzt hat er eine Unterlassungsklage am Hals, das kommt davon.
Ich bin schon gespannt, wie die Klagen verlaufen. Wenn ich mich nicht irre, ist Günther Jauch auch schon zurückgerudert und hat versichert, nie wieder darüber zu reden, dass irgendwelche Leute behaupten, dass besagtes junges Fräulein einst in einem Escort-Service oder als Bordsteinschwalbe tätig gewesen sein soll. Google weist – meiner Meinung nach völlig zu Recht – darauf hin, dass es nichts dafür könne, was die User alles Lustiges in ihre Suchmaschine tippen. Das läuft ja alles automatisch ab.
Nun ist für mich die Frage, ob dieser Umgang mit Gerüchten, den diese junge Dame pflegt, so übermäßig schlau ist. Meine Wenigkeit beispielsweise wäre nie auf die Idee gekommen, sie mit Prostitution in Verbindung zu bringen, wenn sie jetzt nicht herumliefe, und alles verklagte, was nicht bei “Drei” auf den Bäumen ist. Warum nicht? Weil es mir vollkommen egal ist. Das ist ihre Privatsache und wenn sie in ihrer Jugend mal irgend etwas gemacht hat, was ihr heute peinlich ist, dann ist das sowas von überhaupt nicht mein Problem. Und ich bin mir sicher, dass der Großteil der Weltbevölkerung meine Ansicht teilt – sofern man außerhalb des deutschsprachigen Raums überhaupt weiß, wer die junge Dame ist. Und selbst wenn an den Gerüchten etwas dran sein sollte – was mir, wie gesagt, völlig schnurz ist – dann ist es doch überhaupt nicht schlimm. Sie hat ja niemandem damit geschadet. Im Gegenteil. Außerdem ist das Vergangenheit und wir haben jetzt Gegenwart. Ich bin mir nicht sicher, ob in der Presse so ein Bohei um die Sache gemacht würde, wenn das Fräulein W. einfach auf die Gerüchte pfeifen und ihr Leben fröhlich weiterleben würde mit ihrem grundehrlichen Göttergatten.
Das ist doch die Gelegenheit, zur Abwechslung mal ein paar Sympathiepunkte einzuheimsen. Angenommen, sie würde sich – anstatt alle Welt zu verklagen – einfach hinstellen, eine kleine Pressekonferenz geben oder im Netz ein Statement abgeben und dann triefend vor Ironie und mit dem Schalk im Nacken sagen: “Diese Gerüchte sind unwahr. Der Codename war nicht ‘Viktoria’ sondern ‘Veronika’ als ich im Escort-Service gearbeitet habe. Da sollte jemand mal seine Quellen verifizieren.” Oder – anstatt eine strunzlangweilige Autobiografie zu verfassen – ein Buch über ihre fiktive Vergangenheit als Prostituierte zu schreiben und dabei schön zu übertreiben und in den buntesten Farben irgendwelche Erlebnisse mit Freiern Kunden zu erfinden und dabei das Ganze so ins Lächerliche zu ziehen, dass es gar nicht stimmen kann. Dann käme es nämlich so bei der Öffentlichkeit an, dass die junge Dame Sinn für Humor hat und souverän, selbstbewusst und frech genug ist, mit offensichtlich schwachsinnigen Gerüchten und pubertärem Getratsche angemessen umzugehen. Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. Oder – um mich der besten Band der Welt, Die Ärzte, anzuschließen – Lasse red’n!