Essai 166: Über Sprüche, die Introvertierte auf die Palme bringen

Von Isa09

Meine Damen und Herren, herzlich Willkommen bei Isas Clickbaiting-Experiment! 10 Sprüche, die jeden Introvertierten sofort!!!111!1!!!einself!!1! auf die Palme bringen!!!1!! Bei Nummer 9 platzt mir immer garantiert die Hutschnur! Und Nummer 4 hat mich zum Heulen gebracht!

Aber im Ernst, ich weiß, jeder Introvertierte ist anders und sicher gibt es auch Leute, die sich nicht über die folgenden Sprüche aufregen, sondern sie gleichmütig zur Kenntnis nehmen oder als hilfreiche Ratschläge akzeptieren und umgehend in die Tat umsetzen. Mir persönlich gehen sie jedoch eklatant auf den Zeiger. Viel Spaß! Und lasst mich in den Kommentaren gern wissen, ob ihr meine Meinungen teilt oder findet, dass ich völligen Blödsinn verzapfe😀

1. „Das Telefon klingelt“

Drrrinnng! Düdelüdelüdel! – DAS Geräusch aus der Hölle ist das Klingeln eines Telefons. Mein Handy habe ich meistens auf lautlos gestellt, aber leider kann man diesem grauenhaften Lärm nicht immer aus dem Weg gehen. In der heimlichen Hoffnung, der Anrufer möge bald aufgeben und mir eine Nachricht schreiben, die ich in Ruhe durchlesen kann, lasse ich das Telefon gern mal klingeln. (Einzige Ausnahme: Ich habe mich mit Freunden zum Telefonieren verabredet) Wenn dann jemand sagt „Das Telefon klingelt! Willst du nicht rangehen?“ finde ich das ganz furchtbar.

Natürlich habe ich gehört, dass das Scheißding herumdüdelt, ich bin nicht taub. Und nein, ich will nicht rangehen! Was, wenn der Anrufer irgendetwas von mir wissen will, was ich nicht beantworten kann? Dann stehe ich da und komme mir vor wie ein Idiot. Und das kann ich nicht leiden. Und außerdem kann doch derjenige, anstatt so eine scharfsinnige Beobachtungsmitteilung zu machen, ja auch selbst ans Telefon gehen. Ist doch wahr!

2. „Lass dir das doch nicht gefallen“

Gut, ich verstehe, das ist nett gemeint und soll mich aufbauen. Tut es aber nicht. Es ist nämlich so: Wenn ich mir etwas gefallen lasse von irgendwelchen Arschlöchern, dann schäme ich mich deswegen in Grund und Boden und fühle mich richtig dumm, dusselig und scheiße. Da ist das nicht hilfreich, wenn mir das jemand auch noch aufs Butterbrot schmiert und noch Salz in die Wunde streut und mir unter die Nase reibt, wie blöd und schwach ich bin. Nein, dann will ich einfach meine Ruhe haben, meine Wunden lecken, mich kurz selbst bemitleiden, bevor ich mich wieder aufrappel, mir den Staub von den Klamotten klopfe und wieder raus in die Welt gehe und mein Bestes gebe.

Wenn man in diesem Moment etwas Nettes tun möchte, kann man mir dabei gern Gesellschaft leisten und mir sagen, dass das echt voll gemein von diesen Fieslingen war (aber bitte so, dass ich es auch glauben kann). Aber irgendwelche herablassenden Handlungsaufforderungen, auf die ich ohnehin schon von selbst gekommen bin, machen es nur noch schlimmer.

3. „Du brauchst doch nicht schüchtern zu sein“

Ach so? Na, dann schnippe ich doch einfach mit dem Finger, stoße meine rotbeschuhten Hacken aneinander und – Zack – bin ich nicht mehr „schüchtern„. Warum hat man mir das nicht schon viel früher gesagt, wenn ich das eher gewusst hätte, was hätte ich da nicht alles erreichen können. Weh mir! Dass ich da nicht von selbst drauf gekommen bin!

So. Das ist auch so ein Spruch, der vom Sprücheklopfer selbst gut gemeint ist, aber mich richtig auf die Palme bringt. Es soll mich aufmuntern, mich ermutigen, ein Kompliment sein – und erreicht das komplette Gegenteil. Weil es suggeriert, dass ich zu doof bin, etwas an mir zu ändern, was allgemein gesellschaftlich als unerwünscht gilt. Kann man mir denn bitte einfach mal zutrauen, dass ich schon von alleine über meinen Schatten springe und meinen Hang zur Schüchternheit überwinde, wenn ich es für notwendig erachte? Es mag ja Leute geben, denen man alles sagen muss, weil sie von selbst nicht auf die Idee zu irgendwas kommen und permanente Arschtritte brauchen, um aus dem Quark zu kommen. Aber so bin ich nicht und will ich auch nicht sein, also soll man mich bitte auch nicht so behandeln.

4. „Sei nicht so zaghaft“

Das schlägt im Grunde in dieselbe Kerbe wie „Du brauchst doch nicht schüchtern zu sein“, ist aber noch eine Spur unverschämter und herablassender. Während das eine nämlich einfach nur von Unverständnis zeugt, aber ein ungeschickter Versuch ist, mich zu trösten oder was auch immer, ist „Sei doch nicht so zaghaft“ mit einem Vorwurf verbunden. Da schwingt Ungeduld mit, die kurz davor ist, in Aggression umzuschlagen. Und wenn man glaubt, dass ich plötzlich weniger zaghaft werde, wenn man mich so unter Druck setzt, dann sollte man noch mal an seinem Empathievermögen arbeiten und mich mit meinen „Problemen“ in Ruhe lassen.

5. „Sag ihm/ihr das doch einfach“

Ja, wenn das denn so einfach wäre, hätte ich es ja schon längst getan! Mit manchen Menschen kann man nicht vernünftig reden, weil sie cholerisch, narzisstisch, dumm, extremst überempfindlich, eitel oder chronisch beratungsresistent sind. Manche Leute sind sogar alles auf einmal. Da kann man nicht einfach hingehen und sagen, was man denkt und wie man es denkt, weil der andere das unter Garantie in den völlig falschen Hals bekommt und da, wo anfangs nur eine Meinungsverschiedenheit war, explodiert ein Streit, bei dem garantiert immer ich verliere, weil ich einfach nicht anders kann, als sachlich zu argumentieren.

Gut, ich neige auch zu emotionalen Argumenten, aber die kennzeichne ich stets als solche, und tu nicht so, als wären es Fakten. Und wenn dann jemand völlig unfair kämpft und mir Vorwürfe macht, auf die ich im Traum niemals gekommen wäre, dass man mir das ernsthaft unterstellen könnte, dann fange ich an zu heulen oder zu schreien oder beides, und es dauert ewig, bis ich mich wieder eingekriegt habe. Das ist anstrengend! Dazu habe ich nicht die geringste Lust! Und deswegen ziehe ich es gelegentlich vor, mich im Stillen über derartige impertinente Troglodyten zu ärgern, bis ich irgendwann ausgebrummelt habe.

6. „Wollen wir noch spontan irgendwohin?“

Spontane Antwort? Nein. Ich mag gern gemütlich mit Freunden und netten Menschen in einer muckeligen Runde zusammensitzen und klönen. Warum um alles in der Welt sollte man so einen schönen Moment unterbrechen, um in einen lauten, stinkigen, engen Club zu gehen, in eine verrauchte Kneipe oder sonstwohin, wo man sich nicht problemlos unterhalten kann? Ich habe das nie verstanden, warum man nicht einfach an einem Platz bleiben und sich dort amüsieren kann und was daran so toll sein soll, von einem Ort zum nächsten zu ziehen.

7. „Jetzt sei doch nicht so langweilig“

Und das ist der Vorwurf, den man dann oft von Leuten zu hören bekommt, wenn man auf die Frage „Wollen wir noch spontan irgendwohin?“ mit „Och nööö“ antwortet. Zum Glück bin ich jetzt in einem Alter, wo meine Freunde Ruhe und Frieden zu schätzen gelernt haben und es vollkommen in Ordnung finden, einen netten Abend zu Hause zu verbringen, anstatt auf die Piste zu gehen. Hinzu kommt, dass inzwischen die Freunde, die feierwütiger sind als meine Langweiligkeit, ihre eigenen Wege gehen und wir kaum noch Kontakt haben. Das ist aber auch in Ordnung so, schließlich hat ja jeder eine unterschiedliche Auffassung von Spaß und wenn die komplett anders ist als meine, hat man dann getrennt voneinander mehr Spaß als zusammen und da haben dann alle mehr von.

8. „Mach doch mal mehr aus deinem Typ“

Würde ich ja, wenn ich Lust dazu hätte. Habe ich aber nicht, also lass mich in Ruhe. Das Ding ist, ich bin in mancherlei Hinsicht ziemlich bequem und habe keine Lust, ewig viel Zeit in mein äußeres Erscheinungsbild zu investieren. Außerdem finde ich es Quatsch, mich zu schminken, wenn ich von Natur aus dunkle Augenbrauen und Wimpern, volle Lippen und einen einigermaßen glatten Teint habe. Natürlich würde ich mit Make-up noch schöner aussehen und bla. Aber ich bin einfach nicht eitel genug, um meine Abneigung gegen farbige Pampe im Gesicht und meine noch größere Abneigung dagegen, den Scheiß hinterher wieder abzuschmieren, zu überwinden.

9. „Drück dich doch mal klarer aus“

Hör du doch mal genauer hin. Ich hasse es, wenn Leute mir sagen, ich sollte mich klarer ausdrücken, weil ich finde, zu einem Missverständnis gehören immer zwei Leute und dann soll man sich um seine eigene Seite kümmern, anstatt mir Vorschriften und Vorwürfe zu machen. Man kann gern sagen, dass man mich falsch verstanden hat, dass man meine Aussage so und so interpretiert hat, und dann komme ich schon von selbst zu der Schlussfolgerung, dass ich mich künftig klarer ausdrücken muss. Aber mir einfach vor den Latz zu knallen, dass ich unverständlichen Dünnpfiff labere, ohne sich selbst und seine eigene Wahrnehmung auch nur eine Sekunde infrage zu stellen, finde ich überheblich und mir gegenüber ziemlich unfair.

10. „Wo liegt denn das Problem?“

Tja. Wie erklärt man jemandem, der kein Problem in einem Sachverhalt sieht, wo für einen selbst das Problem liegt? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Dann erklärt man da ewig herum, und der andere guckt einen völlig ratlos an und versteht nicht ansatzweise, worauf man hinaus will und worüber man sich derart aufregt. Und das macht einen dann natürlich noch wütender. Und dann dauert es nicht lange, dann fällt der Satz „Reg dich doch nicht so auf“, was dann dazu führt, dass man sich noch mehr aufregt. Es mag ja Menschen geben, die sich gern aufregen, aber zu denen gehöre ich ganz und gar nicht.


Und, welche Sprüche treiben euch so richtig zur Weißglut?