Essai 155: Über stilvolles Beleidigen

Wer sich auf Onlineforen oder in den Kommentarspalten sozialer Medien tummelt, hat oft Gelegenheit, die Kunst des stilvollen Beleidigens zu trainieren. Es ist wirklich faszinierend, wie viel Unsinn sich Menschen ausdenken und auch noch für alle lesbar niederschreiben können. Darüber kann man verzweifeln, muss man aber nicht. Allerdings ist es auch wenig erquicklich, auf einen strunzdämlichen Kommentar zu antworten, dass der Kommentar strunzdämlich ist. Das Problem mit Idioten ist nämlich, dass die einen auf ihr Niveau herunterziehen und mit Erfahrung schlagen, wenn man sich auf eine Diskussion mit ihnen einzulassen versucht. In der Folge wirft man sich gegenseitig stillose Beleidigungen an den Kopf und hinterher hat man schlechte Laune, weil der Idiot einen längeren Atem als man selbst in Bezug darauf hat, seinen geistigen Dünnpfiff wiederzukäuen.

Was also kann man tun? Ignorieren? Ist eigentlich für den Seelenfrieden am besten, aber ab und zu juckt es einen dann ja doch in den Fingern. Oder es besteht Hoffnung, dass der Idiot vielleicht nicht ganz so dämlich ist und sich von sachlichen Argumenten möglicherweise doch zum Nachdenken anregen lässt. Und wenn schon nicht er selbst, dann vielleicht Menschen, die den Wortwechsel mitlesen. Stilvolles Beleidigen ist da eine ganz pfiffige Strategie, und die geht so:

1. Stilvolles Beleidigen ohne Beleidigungen

Hö? Stilvolles Beleidigen muss ohne Beleidigungen auskommen? Wie geht das denn? Tja, das ist paradox, aber tatsächlich ist es das Beste, wenn man den anderen nicht offensichtlich und offensiv beleidigt. Sonst ist er nämlich in der vorteilhaften Position, sich als Opfer ungerechtfertigter Angriffe stilisieren zu können und braucht überhaupt keine Argumente mehr, um als Derjenige, der recht hat, dazustehen. Blöd. Also bleibt man ganz höflich, sachlich und freundlich, zeigt Respekt und Achtung vor seinem Gegenüber und hinterfragt lediglich den Inhalt des Kommentars, wird also nicht persönlich.

Weiterer Vorteil: Der andere kennt diese Art der Kommunikation wahrscheinlich nicht, ist verwirrt und irritiert – und gerät womöglich ins Straucheln. Wenn man Glück hat, wird er selbst ausfallend und beleidigend, sodass man selbst wiederum in der vorteilhaften Position ist, sich als Opfer ungerechtfertigter Angriffe hinstellen zu können. Ausgebufft, oder? Also, anstatt zu schreiben: “Du dumme Sau hast doch überhaupt keine Ahnung und laberst hier nur Scheiße!” sollte man lieber schreiben: “Ich verstehe Ihren Ärger, doch Ihre Argumentation erschließt sich mir noch nicht ganz.” Dass man den Ärger des anderen versteht, ist natürlich gelogen, aber trotzdem kann der andere nichts dagegen sagen. Ätsch😛

2. Gegenfragen stellen

Gegenfragen sind eine einfache, aber oft wirksame Strategie, damit der andere sich selbst als Idiot entlarvt. Dann muss man nämlich nicht mehr beleidigend werden und konkret aussprechen, dass der andere strunzdummes Zeug labert und nicht alle Tassen im Schrank hat, weil das dann auch so von alleine klar wird. Hübsche Gegenfragen sind zum Beispiel: “Mögen Sie mir Argument XY noch einmal genauer erläutern?” oder “Haben Sie dafür sachliche Argumente oder wollen Sie es bei der bloßen Behauptung belassen?” oder “Das ist ja interessant, was Sie da behaupten, aber haben Sie dafür auch stichhaltige Quellen, die Ihren Standpunkt objektiv beweisen?”

Es kann natürlich sein, dass daraufhin wirklich stichhaltige Argumente aufkommen. Sollte dieser Fall eintreten, kann sich daraus eine fruchtbare, spannende Diskussion entwickeln und dann kann man sich freuen, dass man nicht ausfallend geworden und höflich geblieben ist. Kommen daraufhin schwachsinnige Pseudoargumente à la “Ist halt so” oder “da muss man halt über eine gewisse Intelligenz verfügen, um das so zu sehen (wie ich, weil ich bin so kluk!)”, kann man weiter nachfragen. “Tut mir leid, aber ich habe das immer noch nicht verstanden. Wie kommen Sie darauf, dass XY tatsächlich so passiert?”

3. Quellen prüfen

Fragt man nach Quellen, muss man damit rechnen, dass wirklich welche genannt werden. In diesem Fall lohnt es sich, reinzulesen und zu schauen, woher sie kommen, wer sie geschrieben hat und einen Blick ins Impressum zu werfen. Manchmal untermauern Leute ihre Behauptungen nämlich gern mit Links, die zu irgendwelchen Blogs oder Seiten von Leuten führen, die Dasselbe behaupten und ebenfalls weder objektiv nachvollziehbare Argumente noch seriöse Quellen nennen. Das kann man gut am Tonfall erkennen: Ist er polemisch, spöttisch, höhnisch oder verächtlich? Dann ist er mit großer Wahrscheinlichkeit zur objektiven Beweisführung ungeeignet.

Stutzig werden sollte man außerdem, wenn es weder ein Impressum noch ein Autorenporträt gibt. Ein Impressum habe ich auch nicht, aber immerhin könnt ihr unter “Über die Autorin” erfahren, wer eigentlich diese Isabelle Dupuis ist, die hier so herumklugscheißert und immer alles besser weiß. So könnt ihr entscheiden, ob ihr findet, dass meine Expertise ausreicht, um hier etwas zum Thema stilvolles Beleidigen überzeugend darbringen zu können, oder ob ihr findet, ich habe zu dem Thema ja wohl gar nichts zu melden und soll mich hier gefälligst nicht so aufplustern und meine blöde Klappe halten. Gibt es keine Informationen darüber, was für Erfahrungen ein Autor hat, ist es nicht möglich, den Glaubwürdigkeitsfaktor eines Texts einzuschätzen. Es gibt Quellen, etablierte Zeitungen und Zeitschriften, öffentlich-rechtliche Medien, die bereits genug Glaubwürdigkeit mitbringen, weil man weiß, da arbeiten seriöse Journalisten. Die haben dann aber in der Regel ein Impressum und man merkt am Tonfall, ob der Autor sich um Objektivität bemüht oder seine subjektive Meinung über ein Thema äußert.

4. Rechtschreib- und Grammatikfehler korrigieren

Jetzt wird es doch ein bisschen unsachlich. Gibt es für die ersten drei Methoden zum stilvollen Beleidigen keine Ansatzpunkte, kann man, wenn man unbedingt etwas zu einem Meckerpöbeldummdödelkommentar sagen möchte, einfach seine Grammatik- und Rechtschreibfehler korrigieren. Keine Sorge, davon gibt es in Meckerpöbeldummdödelkommentaren immer welche zu entdecken. Trotzdem sollte man aber höflich und respektvoll bleiben. Beispiel für einen Dummdödelpöbelkommentar: “Dass ist so ein SCHWACHSINN was soll dass seit Ihr Dumm oder was!!!1111!!!??!?!??” Da gibt es mannigfaltige Möglichkeiten, Grammatik, Rechtschreibung und Stil nach Manier eines Literaturkritikers zu zerpflücken. Trägt nichts zur Klärung des Sachverhalts bei, macht aber Spaß.

5. Nicken, lächeln, “Arschloch” denken

Was bei Idioten im wirklichen Leben funktioniert, klappt auch bei unverbesserlichen Kommentar- und Forenpöblern. Sollten alle anderen Versuche gescheitert sein, zieht man sich am besten aus der Diskussion mit formvollendeten Manieren zurück. Also schreibt man so etwas wie “Ach so, na dann, wenn du meinst”, macht einen niedlichen Grinsesmiley dahinter, zum Beispiel:-) oder😀 und denkt sich seinen Teil.


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