Originaltitel: The Last Leaves Falling
Autor: Sarah Benwell
Genre: Jugendbuch ab 14 Jahren
Verlag: Hanser Verlag
Format: Hardcover, 352 Seiten
ISBN:978-3446252967
Kauft doch wieder mal in der örtlichen Buchhandlung ein!
Inhalt:
Als der 17-jährige Sora die Diagnose ALS erhält, ist nichts mehr wie es einmal war. Die Krankheit schreitet rasch voran und bald ist der mit der harten Wahrheit konfrontiert: er wird sterben. Im Internet versucht er ein „normaler“ Junge zu sein, findet in einem Chat auch rasch zwei Freunde: Mai, die wunderbar zeichnen kann und den Computernerd Kaito. Sora stellt sich jedoch die Frage: Würden sie auch mit ihm befreundet sein, wenn sie die Wahrheit wüssten? Irgendwann springt er über seinen Schatten und erlebt eine ziemliche Überraschung.
Meine Meinung:
Nachdem die „Ice Bucket Challenge“ 2014 die sozialen Medien beherrscht hat, war es für mich nur eine Frage der Zeit, wann ALS auch in Jugendbüchern Platz findet, man steigt ja gerne auf einen Zug auf, der gut unterwegs ist. Man merkt, ich bin etwas negativ eingestellt und wollte „Es.Ist.Nicht.Fair.“ auch eigentlich nicht lesen, weil ich wirklich davon ausging, da hat einfach nur den Hype ausgenützt.
So stand ich eines Tages in der Buchhandlung, auf der Suche nach neuem Lesestoff und da lag das Buch, schaute mich drängend von unten an und weil ich nicht nein sagen kann, hab ich eben mal hineingelesen – nach 3 Seiten beschlossen, dass ich endlich mal mit den Vorurteilen in meinem Kopf aufräumen sollte, es gab zwar den Hype, die Tatsache ist aber auch, es findet endlich eine Krankheit Gehör, die sonst leicht überhört wurde.
Wir lernen zu Beginn Sora kennen, als die Krankheit ihn schon komplett im Griff hat. Er sitzt im Rollstuhl, seine Beine entziehen sich viel zu oft seiner Macht und er hadert mit der Ungerechtigkeit der Welt. Sagen muss ich, mir fiel der Beginn schwer. Der Schreibstil war gewöhnungsbedürftig, einer von denen, wo man sich ein wenig einlesen muss, um in der Geschichte anzukommen. Es hat für mich dann ungefähr 50 Seiten gedauert, doch dann war ich gefangen.
Sora findet schnell einen Chat, wo er sich gut aufgehoben fühlt und rasch trifft er auch auf Mai, schreibt mit ihr öfters, später kommt noch Kaito hinzu. Soweit nachvollziehbar, als Sora allerdings vorschlug, sie mal in der Realität zu treffen, weil er testen möchte, wie stark die Freundschaft wirklich ist und er sie zu sich nach Hause einlädt, kommt ein kleiner Stolperstein. Mai und Kaito sagen zu, okay, aber mal ehrlich, unter uns, die kennen sich erst ein paar Wochen, da zu einem Fremden nach Hause zu gehen, das ist doch schon eine ziemlich riskante Sache, bedenkt man, dass die Medien oft genug davor warnen oder zumindest anmerken, man solle sich lieber in der Öffentlichkeit treffen, der Sicherheit wegen. Damit habe ich doch einige Seiten gehadert, weil es für mich so unwirklich war, allerdings nimmt die Geschichte danach immer mehr an Tempo auf und man sieht über diesen Schönheitsfehler hinweg.
Die Freundschaft der drei schafft es in die Realität, für Kaito und Mai stellt die Erkrankung von Sora kein Hindernis da. Durch die „Ice Bucket Challenge“ kennt man ungefähr die Symptome, im Buch werden sie auch genannt, man kann sich ein Bild machen, doch der Fokus liegt tatsächlich auf der Freundschaft und letztlich bei Soras Gedanken, dem Tod gegenüber. Er weiß, dass er sterben wird, es nur noch eine Frage der Zeit ist – diese Situation umspannt seinen Alltag. Er befindet sich in Therapie, doch findet er dort oft keine Worte, weil er nicht glaubt, jemand könne verstehen, was er empfindet und teilweise hat er Recht, wie soll man nachempfinden, wie sich diese Situationen anfühlt, wenn man sie nur von außen betrachtet, doch Sora gewährt Einblick in seine Gedankenwelt und es ist drückend, schmerzhaft und sehr emotional. Bei den letzten 30 Seiten musste ich immer wieder einmal aufstehen, eine Runde im Zimmer drehen, weil mich eine volle Wucht an Gefühlen erfasst hatte, die mich einfach nicht still sitzen ließ.
Die Autorin kommt aus England, ihre Geschichte spielt jedoch in Japan, was ich ein wenig außergewöhnlich fand, mir zumindest so noch nicht unterkam, aber dem Buch noch einmal etwas ganz besonderes gibt. Es werden Dinge/Traditionen aus Japan erwähnt, bei denen ich mir ab und an etwas schwer tat, bis ich dann am Ende des Buches ein kleines Wörterbuch fand, wo man Erklärung für die Dinge findet. Hat man es einmal entdeckt, lässt sich die Geschichte gleich viel verständlicher lesen.
Einen sehr sehr positiven Aspekt möchte ich noch hervorheben: Es gibt keine Liebesgeschichte. Hier ist es endlich einmal so, wie es bei Büchern über Erkrankungen sein sollte – sie steht im Mittelpunkt. Keine Verliebtheit, die, man kennt es, sogar die unmöglichsten Dinge heilen kann. Es wird über Liebe gesprochen, natürlich, sie gehört zum Leben dazu, aber es ist angenehm, nachvollziehbar und wirklich minimal. Die Krankheit ALS steht im Vordergrund und dort sollte sie auch stehen!