Es werde Licht


Schon vor tausenden von Jahren haben Menschen mit Hilfe von Symbolen miteinander kommuniziert. Buchstaben, Worte und Sätze gab es erst viel später. Die Symbole sind in einigen Bereichen geblieben und regeln so Dinge wie die Warnung vor Gefahren, den Ausdruck von Gefühlen in Kurznachrichten und den Verkehr. International hat man sich auf einheitliche Verkehrsschilder und -regeln geeignet, auch wenn letztere global sehr unterschiedlich interpretiert werden. Dennoch fasziniert es mich immer wieder, dass man überall auf der Welt sofort weiß, wann man anhalten muss und wo man parken darf.

In Dubai wünsche ich mir dringend ein Schild, das klar ausdrückt, dass man, wenn es dunkel ist, die Autoscheinwerfer anschalten muss. Der zweite Schritt wäre dann, den Leuten klar zu machen, dass man Autos schon in der Dämmerung oder bei Regen schlecht sieht, wenn sie ohne Licht fahren. Hier denken die meisten wohl, auch angesichts der üppigen Straßenbeleuchtung: „Ich sehe genug, das passt schon.“ Dass es hier um „gesehen werden“ geht ist ihnen buchstäblich schleierhaft.

In einer Woche, in der es täglich regnet, erreichen meine Erlebnisse in diesem Bereich ihren Höhepunkt. Der Erste, der den Lichtschalter nicht findet, ist mein Kollege, hinter dem ich eines Abends von der Arbeit nach Hause fahre. Ich will ihm noch eine SMS schicken, besinne mich aber rechtzeitig des Handy-Verbotes und der Gefahr und lasse es bleiben. Zahlreiche Autos fahren vor, hinter oder neben mir und haben kein Licht an. Wie kann man die Fahrer denn bloß darauf aufmerksam machen? Denn das ist ja nicht nur dumm sondern einfach sehr gefährlich. Wegen eines solchen „Schwarzfahrers“ verpasse ich fast eine Ausfahrt und muss scharf bremsen. Und beim nächsten Abbiegen blendet mich mein Hintermann mit seiner Lichthupe. Es ist mittlerweile übrigens komplett dunkel. Ich bin irritiert bis ich einen kleinen Peugeot mit weiblicher Fahrerin an mir vorbeiziehen sehe, ohne Licht und mit Kindern, die auf der Rückbank stehen. Ich hänge mich an ihre Fersen und nerve sie so lange mit meiner Lichthupe, bis sie endlich reagiert und das Licht anschaltet. Puh, bin ich froh für die Kinder...

Sicherheitshalber überprüfe ich beim nächsten Zwischenstopp, ob meine Lichter alle gehen - sie tun es, und ich bin beruhigt. Kaum bin ich wieder auf der Straße, überholt mich ein schwarzes Auto - wieder ohne Licht. Ich hänge mich an ihn und blitze und blitze, was lediglich zur Folge hat, dass er die Spur wechselt, damit ich vorbeifahren kann. OK, er hat das Zeichen klassisch interpretiert, da kann ich ihm keinen Vorwurf machen. Ich fahre stur weiter hinter ihm ohne damit etwas zu bewirken. Auch mein hektisches An- und Ausschalten der Innenbeleuchtung imponiert ihm nicht. An der nächsten roten Ampel schalte ich mein Warnblinklicht ein und gehe zu Fuß zu seinem Auto - ich kann einfach nicht anders! Ich klopfe an seine Scheibe und der junge Mann dreht mir sein Gesicht zu, ebenso seine blonde Freundin. Beide starren mich an wie einen Geist, und ich mache nur eine drehende Bewegung mit Daumen und Zeigefinger und spreche zur geschlossenen Scheibe. Diese Sprache versteht er. Er reagiert sofort und schaltet das Licht ein, bevor er seinen Daumen nach oben hält und sich so bei mir bedankt. Was ich wiederum verstehe. Erleichtert, froh und überzeugt, eine gute Tat absolviert zu haben, trabe ich zu meinem Auto zurück, während mich ungläubige Blicke von den umstehenden Fahrern verfolgen.

In einer fließenden Bewegung steige ich in mein Auto, ziehe mit meiner rechten Hand die Tür zu und greife mit der linken Hand zum Sicherheitsgurt. Leider greife ich daneben, so dass zwei meiner Finger noch dazwischen sind, als die Tür den Türrahmen trifft. Dann läuft alles wie in Zeitlupe: ich spüre keinen Schmerz, schreie stumm und finde den Türöffner nicht auf die Schnelle. Es dauert gefühlte 2 Minuten, bis die Tür endlich aufgeht und die Finger befreit sind. Und 2 Minuten sind eine Ewigkeit! Beide Fingernägel sind noch ganz, man sieht auf einem allerdings schon die ersten Anzeichen eines Blutergusses, welcher erst nach rund 8 Tagen, zusammen mit dem Schmerz, ganz verschwinden wird. Mittlerweile ist die Ampel auf grün umgesprungen, und ich gebe Gas, während ich die Hand zur Kühlung aus dem Fenster halte. Ausgerechnet jetzt regnet es nicht mehr, aber der Fahrtwind bringt etwas Linderung, den Rest gibt das Innere meines Mundes dazu. Fünf Minuten später bin ich zum Glück zu Hause, kühle die Quetschung und benutze Alkohol zur weiteren Linderung (nur äußerlich).

Warum ich so bestraft wurde für eine gute Tat, kann ich mir nicht erklären. Vielleicht hätte ich auf meinen Kollegen hören sollen, der mir sagte, ich solle nicht versuchen, die Verkehrsteilnehmer in Dubai zu erziehen?

Und das können wir daraus lernen:

Auch Verkehrszeichen brauchen mal eine Aktualisierung.

Manchmal ist es gesünder, sich nicht einzumischen und einfach den Mund zu halten.

Es werde Licht

Dieses Schild gibt es nur in Dubai. Es fasst die allgemeingültigen Regeln für das öffentliche Leben zusammen.


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