Es trafen sich einmal ein Mystiker, ein Weiser und ein Prophet …

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Eine der urmenschlichen Eigenheiten ist der Glaube an eine Gottheit. Und wenn es kein Gott (mehr) ist, dann zumindest ein kleiner Aberglaube. Tiere machen keine rituellen Tänze und geben ihren verstorbenen Artgenossen keine Totengaben mit auf den Weg.

Aus der großen Vielfalt von Naturreligionen (=magische Glaubensformen) haben sich in den letzten paar tausend Jahren drei große Hauptrichtungen etabliert. Die entsprechenden “Experten” sprechen von der indisch-mystischen Linie, der chinesisch-weisheitlichen und der semitisch-prophetischen Form. Und bis vor hundert Jahren hatten diese drei Formen nur wenig Kontakt untereinander.

In Indien hatten wir also den Mystiker (den Guru) der in seiner Meditation das Geheimnis des Nichts ergründete, in China den Weisen, der versuchte, nach dem Tao zu leben, und bei uns (semitisch = Judentum, Christentum und Islam) den Propheten, der von Gott und der Zukunft kündete.

Interessanterweise hat sich das Modell in den jeweiligen Regionen auch auf die weltlichen Herren übertragen: ein indischer Sultan war auch geheimnisumwittert, ein chinesischer Kaiser galt als oberster Weiser, und bei uns war sogar der atheistische Karl Marx ein Prophet, der vom baldigen Untergang (des Kapitalismus) predigte.

Seit das Reisen billig wurde, die Bücher in Mengen erschwinglich sind, der Fernseher von aller Welt berichtet und das Internet jede Denkweise in sekundenschnelle abrufbar macht, beginnen sich die drei Linien komplett zu vermischen.

Wenn ich heute Religiosität leben will, dann kann ich frei wählen ob ich eher meditierender Mystiker sein will, lieber prophetisch auftreten möchte oder doch vielleicht zurückgezogen als Weiser leben will. Alle drei Formen treffen wir auf Schritt und Tritt.

Und merkwürdigerweise pflegen auch die Menschen, die gar nicht religiös sind, eine der drei Formen: die mystisch Orientierten wittern überall Geheimnisse (zum Beispiel Verschwörungstheorien), die säkularen Propheten verkünden zum Beispiel ihre Ernährungslehre, und die modernen Weisen widmen sich dem Lesen und Dichten. Und (den Naturreligionen entsprechende) Magier gibt es natürlich auch, sie wünschen sich die Kreuzfahrt einfach vom Universum herbei.

Hast Du dich irgendwo wiedererkannt? Es lohnt sich, darüber nachzudenken. Und es lohnt sich auch, damit zu experimentieren. Im 21.Jahrhundert ist das möglich!


Neteleb / 22cm x 29cm / Acryl auf Karton / 2010, Nr. 10-078



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