Es reicht: Nein zur Asylgesetzrevision!

Von Walter

Das Schweizer Asylgesetz wird immer mehr zum Asylverhinderungsgesetz. Mit der neuesten Revision vom Herbst dieses Jahres wurde in den Augen vieler Basisorganisationen nun der Bogen überspannt. Sie haben deshalb das Referendum dagegen ergriffen. – Die wichtigsten Argumente.

In der Herbstsession wurde eine Asylgesetzrevision durch das Schweizer Parlament gepeitscht, die es in sich hat: Die Revision wurde zudem als dringlich erklärt, tritt also sofort nach dem parlamentarischen Beschluss in Kraft. Einem allfälligen Referendum dagegen wird zugleich die aufschiebende Wirkung entzogen. Inhaltlich hat die Asylgesetzrevision menschenverachtende Züge – und das ohne eines der Probleme auch nur annähernd sachgerecht zu lösen.

Botschaftsverfahren
So wird zum Beispiel das Botschaftsverfahren abgeschafft. Es ist also Flüchtlingen künftig nicht mehr möglich, auf der Schweizer Botschaft ihres Herkunftslandes Asyl zu beantragen. Abgesehen davon, dass diese Massnahme die Flüchtlinge geradezu in die Arme von Schleppern treibt – und damit auf eine gefährliche, oft genug tödlich endende Reise –, hat sie – im Verhältnis – nur eine geringe Wirkung auf die effektive Anzahl der Asylgesuche in der Schweiz. Hinzu kommt, dass die Asylsuchenden via Botschaftsverfahren erwiesenermassen besonders schutzbedürftig sind. Dazu das Referendumskomitee Asylgesetz 2012:

«Seit der formellen Einführung des Botschaftsverfahrens anno 1980 reichten 46’369 Personen ein solches Gesuch ein. Davon erhielten 4’386 Personen eine Einreisebewilligung, was einer Quote von 9.4% entspricht. Von diesen 4386 Personen reisten wiederum 3904 effektiv in die Schweiz ein. In 1233 Fällen ist das Verfahren bis heute in 1. Instanz hängig, was zu 2671 behandelten Gesuchen führte. Hierbei wurden 2084 positive Asylentscheide gefällt (78%) und 488 vorläufige Aufnahmen (18%) verfügt. Dies ergibt eine Schutzbedürftigkeitsquote von 96%. (!)»

Gerade mehrheitlich «echte Flüchtlinge» im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention werden also daran gehindert, auf einer Schweizer Botschaft Asyl zu beantragen. Ein geradezu absurdes Vorgehen – es sei denn, man will schlicht die Schotten gegen jegliche Art von Flüchtlingen dicht machen.

Wehrdienstverweigerung und Desertion
Eine weitere Massnahme der Revision ist der Ausschluss von Wehrdienstverweigerung und Desertion als Asylgrund. Damit wird der Asylbegriff in seinem Kern weiter ausgehöhlt. Gerade diese Menschen, die sich einem bewaffneten Konflikt verweigern und so oft grösster Bedrohung aussetzen, werden rechtlich im Stich gelassen – obschon gerade sie mit ihrer Zivilcourage zur Entschärfung von bewaffneten Konflikten beitragen und damit unsere bevorzugten Partner sein sollten. Zwar können sie meistens, da ihr Leben gefährdet ist, nicht in ihr Herkunftsland zurückgeschafft werden, doch statt Asyl zu erhalten, werden sie nur vorläufig aufgenommen. Ihr rechtlicher Status wird somit prekär. Eine Schande – es sei denn, man ist letztlich nicht an der Befriedung von Konflikten interessiert, sondern nur daran, dass man von deren Folgen verschont bleibt.

Lager für sogenannt renitente Asylbewerber

«Art. 26 Abs. 1Bis: Das Bundesamt kann Asylsuchende, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden oder die durch ihr Verhalten den ordentlichen Betrieb der Empfangsstellen erheblich stören, in besonderen Zentren unterbringen, die durch das Bundesamt oder durch kantonale Behörden errichtet und geführt werden. [...]»

Mit dieser gesetzlichen Bestimmung wird der Willkür Tür und Tor geöffnet: Schon die Tatsache, dass Menschen, ohne dass sie eine Straftat begangen haben, in solche «besondere Zentren» – man kann sie ruhig Lager oder auch Gefängnis nennen – für unbestimmte Zeit eingesperrt werden können, ist menschenverachtend. Doch das ist Schnee von gestern: Bei der Ausschaffungshaft verfährt man seit langem so. Hinzu kommt nun aber, dass eine solche Massnahme ergriffen werden kann, wenn Asylsuchende «durch ihr Verhalten den ordentlichen Betrieb der Empfangsstellen erheblich stören». Was heisst das schon? Ein solcher Gummiparagraph gehört in kein Gesetz – es sei denn, man versteht Asylsuchende als Manövriermasse, die es zu managen gilt, notfalls indem man sie einsperrt.

Dringlichkeit der Massnahmen
Die aktuelle Revision des Asylgesetzes ist bereits in Kraft getreten, und zwar am 29. September 2012, dem Tag der Entscheids im Parlament. Sie wurde damals zur dringlichen Massnahme erklärt – ein Vorgang, der es dem Gesetzgeber ermöglichen soll, in Notlagen sofort tätig werden zu können.

Sind wir im Asylbereich in einer Notlage? Ist die Schweiz durch Flüchtlingsströme bedroht? Braucht es also dringliche Massnahmen? Dieser Entscheid ist einzig der Hysterie und der Hetze gegen Migranten und dem Fremden im allgemeinen geschuldet, eine Hysterie, die nach jahrelangen Bemühungen von rechts und rechts aussen längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist und das politische Klima in der Schweiz zunehmend vergiftet. Denn die Fakten im Asylwesen sprechen eine deutlich andere Sprache, als was die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung darüber empfindet. So hat zum Beispiel lediglich «0.94% der in der Schweiz wohnhaften Bevölkerung entweder ein Asylgesuch gestellt, ist als Flüchtling anerkannt, wurde vorläufig aufgenommen oder befindet sich im Wegweisungsvollzug». (Siehe dazu http://www.factcheck.ch/.)

Es ist empörend und ein schlechtes Zeichen, dass aufgrund von Hysterie und Hetze die demokratischen Gepflogenheiten teilweise ausgehebelt werden. Die Asylgesetzrevision kann nämlich seitens des Souveräns erst wieder überdacht und rückgängig gemacht werden, wenn das Referendum zustandekommt und es in der Folge zur Abstimmung kommt. Und das kann dauern …

Kaum Unterstützung von den grossen Parteien
Von den grossen Parteien unterstützen einzig die Grünen das Referendum. Die Sozialdemokratische Partei (SP) hat sich eben dagegen entschieden. Ausschlaggebend waren taktische Überlegungen: Ein Sieg bei einer allfälligen Abstimmung sei bei der derzeitigen politischen Grosswetterlage nicht möglich. Zudem würde den rechtsbürgerlichen Kreisen nur eine Plattform für weitere Stimmungsmache geboten, und die Flüchtlinge wären letztlich einmal mehr auf der Verliererseite. Offenbar hat diese Argumentation eine – wenn auch knappe – Mehrheit der Delegierten überzeugt.

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Mich hat sie nicht überzeugt. Taktische Überlegungen sind nach meinem Empfinden angesichts der gravierenden Verschlechterungen für die betroffenen Asylsuchenden geradezu ein Hohn. Deshalb habe ich das Referendum gegen die Asylgesetzrevision unterschrieben. Weitere Informationen dazu sowie Unterschriftenbogen gibt es hier: (Auf das Logo klicken!)


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