Es braucht nicht immer etwas aus der Apotheke, um wach durch den nassgrauen Nieselherbst zu kommen. The Black Keys tun es auch – und das auf unnachahmliche Art und Weise. Mit El Camino melden sich Patrick Carney und Dan Auerbach nach dem hochgelobten Vorgänger-Album Brothers wieder zurück. Auch für das neue stand Produzenten-Legende Danger Mouse hinter den Reglern und holt aus der Garagenmusik der beiden Rock’n'Roller raus, was rauszuholen geht.
Da treffen Soul und Blues auf Rock, Boogie und Country, das Herz pulsiert und die Füße könnten vermutlich nicht mal mehr stillgehalten werden, wenn sie einzementiert wären. Die erste Single Lonely Boy gibt vor, was das gesamte Album über eingehalten wird: Es rappelt im Karton – und zwar gewaltig!
Knapp 40 Minuten dauert die Reise der Black Keys, begleitet von schrammenden Gitarren, treibendem Schlagzeuggedröhne und schmutzig-verzerrtem Gesang. Und irgendwie klingt alles nach dem berühmten Tiger im Tank, dem die Kraft einfach nicht ausgehen will. Das ist gut, immerhin heißt der Albumtitel übersetzt soviel wie «den Weg zeigen». Am Ende wünscht man sich tatsächlich, dass dieser das viel beschworene Ziel ist. Denn mit dem berauschenden Soundtrack von The Black Keys kommt man brennenden Herzens durch die Eiseskälte der kommenden Monate.
Interpret: The Black Keys
Album: El Camino
Plattenfirma: Nonesuch (Warner)
Veröffentlichungsdatum: 2. Dezember 2011
Seasick Steve ist 70 Jahre alt und hat ein bewegtes Leben hinter sich. Nach der Scheidung seiner Eltern verlässt er sein Zuhause, zieht über die Landstraßen, bringt sich selbst das Gitarrespielen bei, arbeitet als Tontechniker, sammelt Erfahrung im Musikgeschäft, produziert verschiedene Bands (zum Beispiel Modest Mouse), zieht umher wie ein Streuner, bis er eine Norwegerin kennenlernt. Das war vor etwa zehn Jahren, seitdem lebt er in Norwegen, wo ihm nach all den Jahren des Umherziehens die Idee kam, selbst ein Album aufzunehmen.
Dann geschieht das Unfassbare: Mit 66 Jahren gewinnt Seasick Steve bei den britischen MOJO Awards den Preis für den besten Nachwuchskünstler. Dass dieser Erfolg spät kam, darf wohl als Untertreibung dieses Jahrzehnts verstanden werden, denn Steve Wold, wie er eigentlich heißt, klingt als hätte es ihn in der Blueslandschaft schon immer gegeben. Seit 2004 hat Seasick Steve sechs Alben veröffentlicht, sich nach seinem Durchbruch immer wieder an die Spitze der britischen Independentcharts gekämpft und dürfte seit seinem Auftritt in der Harald Schmidt Show vor einigen Wochen auch einem größeren deutschen Publikum bekannt sein.
Nun ist das Best of-Album Walkin’ Man des graubärtigen Bluesrockers erschienen. In den 21 darauf versammelten Titeln erzählt Seasick Steve von seiner Zeit auf der Straße, den wechselnden Jobs, dem Glück, das ihm zuteil wurde, als er die eine richtige Frau fand und davon, dass man einem alten Hund keine neuen Tricks mehr beibringen kann. Manchmal erinnert seine Musik an die der Eels (besonders an die des kauzig-bissigen Albums Hombre Lobo), jeder Song zielt direkt ins Herz. Seasick Steve ist angekommen und hat sich selbst in 70 Jahren so viele Tricks beigebracht, dass es gar nicht mehr nötig ist, neue zu erlernen.
Interpret: Seasick Steve
Album: Walkin’ Man
Plattenfirma: Warner Music International (Warner)
Veröffentlichungsdatum: bereits erschienen
Es gibt nicht mehr viele Menschen, die noch an Einhörner glauben. Alamo Race Track, eine Band aus den Niederlanden gehört zu der kleinen Gruppe, die die Faszination des Fabelwesen nutzen, um eine Liedergeschichte auf Albumlänge darum zum stricken. Allerdings nicht irgendeine, denn die vier Jungs von Alamo Race Track erzählen eine unmögliche Liebesgeschichte: Eine, die sich zwischen einem Hirsch und einem Einhorn anbahnt.
Für einen befreundeten Regisseur, der diese Geschichte auf die Theaterbühne gebracht hat, komponierte die Band diesen Soundtrack, der auch dann funktioniert, wenn man das Theaterstück nicht kennt. Seit etwa zehn Jahren gibt es Alamo Race Track jetzt schon, einzig die Zusammensetzung hat sich für das neue Album verändert. Bassist und Schlagzeuger verließen die Band, doch zwei neue Mitglieder waren schnell gefunden.
Die musikalische Ausrichtung hat sich kaum verändert: Mit Banjo, Trompeten, Schlagzeug, Gitarre und Bass entsteht melancholisch-süßer Alternativ-Folkpop. Songs wie Records oder Unicorn Loves Deer beweisen eindrucksvoll, wo die Stärken von Alamo Race Track liegen: Die Bandbreite reicht vom stillen in sich gekehrten Stück bis hin zum ausgelassenen, fast schon tanzbaren Popsong. Und so schafft es Alamo Race Track auch, Bilder im Kopf des Hörers entstehen zu lassen. Bilder, die über eine hypnotische Ausstrahlung verfügen, fesseln und immer wieder geträumt werden wollen. Dank der Musik der vier Niederländer gibt es nun auch den perfekten Soundtrack für das Kopfkino.
Interpret: Alamo Race Track
Album: Unicorn Loves Deer
Plattenfirma: Excelsior (Cargo Records)
Veröffentlichungsdatum: bereits erschienen
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Durchgehört – Es rappelt in der Kiste
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