Das war am 4.März 1877 im Bolschoi-Theater Moskau. Wenzel Julius Reisinger inszenierte und das Bolschoi-Ballett hatte darüber hinaus zu dieser Zeit nicht das erforderliche Niveau, um dieses Stück zu tanzen. So wurden die zu schwierigen Stellen in der Musik einfach gestrichen und durch leichtere Nummern anderer Komponisten ersetzt.
“… geschichtliche Ereignisse wurden völlig geändert, Nationaltänze wurden in ganz falschen Ländern und total unpassenden Kostümen getanzt … Danach wurde vom Komponisten verlangt, eine Anzahl allgemein beliebter Rhythmen wie Polka, Galopp, Walzer oder Mazurka zu liefern. … das Ganze wurde von einem Ballettmeister auf einer Diskant-Violine geprobt, so dass der Tanz mit dem Orchester zusammengebracht manchmal einen sonderbaren Gegensatz zur Musik darstellte. Auch musste die Primaballerina von den ‘Nummern’ befriedigt sein, und war sie es nicht, war es leicht, die Stücke zu streichen, unbekümmert darum, ob die musikalische Sequenz unterbrochen wurde oder nicht.” (John Cranko)
Dass es ein Genie war, der ein großes Kunstwerk erschaffen hatte, bemerkte die Menschheit erst nach dessen Tod. Und das wiederum ist die wahre Dramatik, die sich auch im Stück hätte zeigen können. Der sterbende Schwan, der zur geflügelten Redewendung wurde und zwar nicht nur innerhalb der deutschen Sprache. Aber nee – Wjatscheslaw Gordejew ist anderer Meinung:
“Da es ein phantastisches Märchen ist, bin ich überzeugt, dass es ein glückliches Ende geben muss, in dem die Liebe über das Böse triumphiert“
Was?
Besser – so finde ich jedenfalls – ist Dramatik und Sterben. Weil nachhaltiger für jeden Rezipienten.
… und am See warten die Schwäne auf die Rückkehr ihrer Prinzessin. Diese kommt und berichtet, was sich zugetragen hat. Auch der Prinz erreicht den See und bittet Odette um Verzeihung. Sie vergibt ihm. Eine große von Rotbart geschickte Welle droht Siegfried zu ertränken. Odette stürzt sich in die Flut, um Siegfried zu retten….
*Tränchen abwisch*
Unabhängig davon stellte ich wieder einmal fest, dass Mann und Frau sich unterschiedlich auf ein Kulturereignis vorbereiten: Er inspiziert die Wikipedia, sie den Kleiderschrank.
“Was soll ich anziehen – dasoderdas?”
Gott – wie ich solche Frage hasse!
Ich gab Hilfestellung:
“Der Friedrichstadtpalast ist ein Revuetheater, dorthin gehen die Leute mit normalen Klamotten, ein bisschen besser als im Alltag, aber nicht so wie in eine Oper. Das Gebäude – der Ort der Inszenierung – macht den Unterschied in der Kleiderordnung.”
Meine Worte machten sie unglücklich.
“Wenn das wirklich so ist, warum zeigt man dann Schwanensee im Friedrichstadtpalast?”