Es ist besser, als ein Wulff zu sterben, denn als Hund zu leben

5.2.2012 – Keine Sorge: Dies wird kein weiterer Artikel über mächtige Freunde, günstige Kredite, Kleidung oder Fahrzeug der Gattin und rauschende Partys in Hannover. Eher ein Aufruf an Politik und Medien, uns alle endlich von einem Komplex zu befreien, der seit Wochen die deutlich wichtigeren Themen von den Titelseiten, den Schlagzeilen und den Diskussionsrunden verdrängt.

Es ist besser, als ein Wulff zu sterben, denn als Hund zu leben

 

Es ist besser, als ein Wulff zu sterben, denn als Hund zu leben

Zwischen Schnäppchen-Rampe und Jet-Set

Eines muss doch mittlerweile jedem klargeworden sein: Bei dem amtierenden Bundespräsidenten handelt es sich um den Typus Politiker, der sich besonders leicht am Zeug flicken lässt. Einmal in die Schusslinie der „investigativen Journalisten“ geraten, die in diesem Fall ganz bequem vom gemütlichen Schreibtisch aus agieren können, liefern der Präsident, seine Frau und seine Freunde täglich Zündstoff für neue Enthüllungen und weitere Beweise eines eigenartigen Umgangs mit Vergünstigungen und Transparenz.

Die Beendigung dieser endlosen öffentlichen Beweisaufnahme ist lange überfällig, denn ihr Ergebnis steht doch längst fest: Christian Wulff ist, unabhängig von der Frage nach seiner Eignung für das Amt des Bundespräsidenten, als Schnäppchenjäger enttarnt. Er hat hier und dort immer einmal wieder von den Krümeln genascht, die von den Tischen der Reichen herunter fallen. Er war für günstige Urlaube und billige Flüge ebenso zu haben, wie für die Verführungen des süßen Lebens der besseren Kreise.

Die fortgesetzte Suche nach weiteren Belegen für einen Lebenswandel zwischen Schnäppchen-Rampe und Jet-Set mögen für den Präsidenten und seine Familie unangenehm sein. Für uns sind sie mittlerweile aus mindestens zwei Gründen unerträglich:

Zum einen führen penetrante TV-Gesprächsrunden und tägliche Wulff-Artikel in der gesamten deutschen Presse dazu, dass das Boulevard den seriösen Journalismus endgültig enteignet hat. Selten hat man sich beim Zappen durch die öffentlich-rechtlichen Sender und beim Durchblättern der wichtigen Zeitungen so billig und beschmutzt gefühlt, wie in den vergangenen Wochen.

Zum anderen verdrängt die ständige Berichterstattung über das Vorleben von Christian Wulff die wirklich wichtigen Themen aus dem öffentlichen Blick. Während wir uns täglich über den längst gescheiterten Präsidenten aufregen, vollziehen sich die Euro-Kapriolen oder die China-Reise von Angela Merkel, die absurde Debatte über den Verfassungsschutz, das wachsende Kriegsrisiko im Iran, die Arbeit des Untersuchungsausschusses in Sachen Nazi-Terror oder die Münchner Sicherheitskonferenz weitgehend unbemerkt.

Es ist besser, als ein Wulff zu sterben, denn als Hund zu leben

Liebe Qualitätsmedien

Bitte überlasst doch die Affäre Wulff wieder der BILD-Zeitung. Meldet Euch hierzu erst wieder zu Wort, wenn der Präsident endlich zurückgetreten ist und beschäftigt Euch in der Zwischenzeit mit wirklich wichtigen Themen.

Haltet Euch an das Motto „Stell Dir vor, Wulff ist Präsident und keiner geht hin“ und verweigert dem Staatsoberhaupt die unangemessene Aufmerksamkeit, die ihm schon viel zu lange zuteil wird. Ihr müsst doch mittlerweile gemerkt haben, dass dieser Präsident seine Affäre aussitzen wird. Egal, was ihr noch ausgraben werdet: Er will nicht zurücktreten.

Wenn Ihr wollt, dass wir ihn vor dem Ende seiner regulären Amtszeit loswerden, dann müsst Ihr ihn publizistisch austrocknen. Ohne tägliche Berichte über ihn und seine Amtsgeschäfte, ohne Eure Besuche seiner Pressekonferenzen und ohne die Veröffentlichung seiner Erklärungen wird auch er schnell feststellen, was uns allen längst klar ist: Es spielt keine Rolle mehr, ob er weiterhin Präsident ist oder nicht.


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