Oh was frühlingt es so sehr, auf dass das Herz mir zersprönge!
Wenn mir die Sonne derart auf die Schädeldecke knallt, geht mir ein Licht auf, weshalb die Frühlingspoeten schon seit Jahrhunderten in höchsten Tönen und vor allem im abartigsten Konjunktiv reimen. Wie anders als mit wahnwitzigen Wortkompositionen könnte man dieses irre Gefühl beschreiben, dass eine Mischung aus üppigem Hormonüberschuss – vergleichbar einer Hochschwangeren auf Zuckerentzug – und verwirrter Pollennase zu sein scheint? Hinzu kommt noch das plötzliche Erwachen aus dem Winterschlaf (man denke an meinen letzten Text), dass einen völlig verwirrt in Sinn- und Seinkrise stürzt. Man kann auf einmal alles, z.B. aus der Hüfte heraus kündigen, die Liebste im Sturm erobern (auch wenn sie das anders sieht) oder Atomkraftwerken das Licht auspusten.
Weise Menschen sagten einmal, mit Nuklearenergie spielt man nicht. Ich sage, schon garnicht in einem fachfremden Gebiet. Dass Chemie und Physik sich nicht vertragen, machten mein giftemischender Chemielehrer und sein natürlicher Erzfeind, der bodenständige Physikdozent mir schon früh sehr deutlich. Da gab es Juckpulver im Weißkittel und unter Strom gesetzte Türklinken, kurz, es war spannend mit den beiden. Live erleben wir das nun auch mit einer Physikerin,die sich treu geblieben ist, zumindest wenn man ihre Frisur als Naturerscheinung betrachtet und die morgendliche Toilette als wissenschaftliche Erforschung. Die Reaktion war heftig, als sie auf die schrecklichen Ereignisse in Japan hin agierte und erinnert mich auch ein wenig an besagten Physiklehrer, vor dessen Nase einmal eine Mechanik unerwartet explodierte. Zack, peng, so ähnlich prasselten die Ereignisse in den letzten Tage auf die Welt hernieder, ein Frühlingserwachen der ganz unfeinen Art. Und plötzlich war Baden-Württemberg grün. Sieht man bald den Schwarzwald vor lauter Bäumen nicht mehr?
Ich muss ja gestehen, ich war etwas verwirrt, als mir der rosa Stimmzettel unschuldig verkündete, dass ich nur eine Stimme hätte. Das warf mein Seelen-Dilemma, der letzten Tage komplett über den Haufen. Irgendwie hatte ich gehofft, dass meine zwei angedachten Parteien nur ihr jeweils Beste in den Topf werfen würden. Wie bei zwei Freunden, die voneinander lernen. Das war zumindest mein Plan. Kann natürlich auch sein, dass sie sich an den Haaren ziehen und gegenseitig aus dem Sandkasten prügeln.
Wie auch immer, der Wahlbleifstift verhöhnte mich jedenfalls hochkant und drängte mich zu einem eindeutigen Outing. Ich muss zugeben, ich spielte kurz mit dem Gedanken, zwei halbe Striche zu machen oder statt einem Kreuz putzige Herzchen zu malen – aber nein, ich wollte ja mein mündiges Stimmchen erheben.
Was ich schließlich gewählt habe, verrat ich nicht, aber nun haben wir den Salat. Ob er schmecken wird, wissen wir nicht. Auf jeden Fall wird so ganz ohne Spritzung der ein oder andere Wurm drin sein.