In den letzten Tagen führten Br.Robert und ich dann lange Gespräche mit jedem der vier Beteiligten. Der erste Arbeiter, der schon seit 20 Jahren bei uns arbeitet, sagt aus, er hätte dem Vorarbeiter geglaubt, dass die Aktion von der Betriebsleitung angeordnet war. Br.Robert nutzt die Gelegenheit und befragt ihn auch wegen anderer Vorkommnisse. Der Arbeiter gibt schließlich zu, dass er nach dem Melken morgens schon mal einen Liter Milch abgezweigt habe, „aber nicht jeden Tag“. Ich gehe von einem Liter pro Woche aus und rechne ihm vor, dass er damit seinen Lohn schon einmal um ein drittel Monatsgehalt pro Jahr aufgebessert hätte. Zu meiner Überraschung reitet er sich selbst noch tiefer in den Sumpf und spricht von drei Litern pro Woche. Auch sonst macht er den Eindruck, als ob er zur Aufklärung beitragen wolle. Ganz anders der Treckerfahrer, der danach an die Reihe kommt – ein Gespräch unter drei Roberts erlebe ich zum ersten Mal in meinem Leben. Er redet ständig um die Sache herum, und zum Schluss bleibt er dann bei seiner Weigerung, irgendeine andere Arbeit als Treckerfahren zu verrichten. Mit dieser Weigerung macht er Br.Robert schon seit Monaten das Leben schwer.
Nach diesen beiden Gesprächen brauchen wir erst einmal eine Pause und machen zwei Tage später weiter. Nach den Ereignissen des letzten Jahres in Peramiho dachte ich eigentlich, es könne mich nichts mehr schocken, aber dann kommt das Gespräch mit dem Vorarbeiter Kaspari. Auch er arbeitet schon über 20 Jahre bei uns. Einen Versuch, seine Schuld zu bestreiten, macht er erst gar nicht, sondern bittet gleich um Verzeihung. Endlich verstehe ich auch, was der Sinn der ganzen Aktion war: Es ging nur darum, das Feuerholz in Swava zu stehlen und zu Kaspari nach hause zu bringen. Dafür brauchte er natürlich einen Grund, mit dem Trecker nach Njombe zu fahren, und diesen Grund fand er in dem Einkauf von Tierfutter. Feuerholz wird zum Kochen gebraucht und auch zum Heizen, morgens sind hier diesen Monat oft nur 5 Grad. Wieder hakt Br.Robert nach und fragt auch nach anderen Vorkommnissen. Der erste Arbeiter, der scheinbar so offen ausgesagt hatte, hatte auch eine Menge verschwiegen. Zum Beispiel, dass er schon mal eine Maschine auf eigene Rechnung verkauft hat. Oder, dass er massenweise Diesel aus dem Tank des Traktors in einen Kanister gefüllt und gestohlen hat. „Aber das haben wir ja alle immer schon gemacht. Wir waren ja früher 32 Arbeiter, und dein Vorgänger hat nicht eingegriffen.“ Br.Roberts Vorgänger war Europäer. Viele der Tricks kannte er wohl nicht, dann haben die Arbeiter ihm als Weißem natürlich wenig erzählt, und schließlich hat sein gutes Herz ihn oft auch daran gehindert, allzu energisch zu werden. Aber er muss schrecklich unter der Situation gelitten haben. Und auch Br.Robert könnte sich wahrscheinlich Schöneres vorstellen, als den Wachhund zu spielen. Er ist 24 Jahre alt und letztes Jahr direkt von der Landwirtschaftsschule weg zum Leiter der Farm ernannt worden. Fast alle der immer noch 18 Arbeiter haben schon vor seiner Geburt auf der Farm gearbeitet. Geschockt sage ich zu ihm: „Und wenn ein Arbeiter kein wirklicher Engel ist, dann hat er spätestens nach einem Jahr angefangen zu stehlen, weil er gesehen hat, dass das alle tun.“ Er sagt nur: „Ja.“
Das Foto zeigt den Transport von Feuerholz ohne Trecker.