oder Der Wahlkampf ist nur das beibehaltene Alltagsritual eines erkrankten Systems.
Dort wo einst zeitlich und inhaltlich der Wahlkampf stand, formieren sich heute ausgehöhlte Traditionen. Manchmal nicht mal das. Oft ist es nur die plakative Peinlichkeit des Postengeschachers, die wir aus begrifflicher Verlegenheit "Wahlkampf" taufen. In ritualisierter Inbrunst bedruckt dieses System Pappe mit Gesichtern und Schlagwörtern, gibt phrasenhafte Interviews und vorgefasste Wortlaute vor. Man tut, was man immer tat. Nur ohne Seele.
Diese Attrappe, die aussehen soll wie ein Wahlkampf, ist der phlegmatische Versuch, postdemokratische Missstände hinter Normalität zu verkappen.
Schwerkranken Menschen rät die Schulpsychologie dringend, sich so viele Alltagsrituale wie nur möglich zu erhalten. Aus Gründen der Lebensqualität. So ist es auch im Falle dieses Systems, das wir aus alter Gewohnheit gerne noch Demokratie nennen, obgleich ihm immer häufiger Indizes abgehen, die auf eine Demokratie schließen lassen würden. Diesem System haben die Ärzte Rituale verordnet, um nicht an sein Siechtum erinnert zu werden.
Meist sind die erhaltenen Rituale des Alltags leider nur noch Fassade. Ein durch Krankheit körperlich beeinträchtigter Kegelbruder zum Beispiel geht zwar weiterhin zur Kegelrunde, sitzt dort aber nur noch am Tisch, pflegt die dortigen sozialen Kontakte so gut es geht. Ans Kegeln selbst ist dabei nicht mehr zu denken. Das ist freilich trotzdem wichtig, hat aber mit dem wöchentlichen Ritual des Kegelspielens freilich immer weniger zu tun.
Der Wahlkampf ist ein typisches, wenn auch unregelmäßiges Alltagsritual einer gesunden Demokratie. Da wird um Positionen und Alternativen gerungen. Man kennt Polemik und Übertreibung, will seine Inhalte vermitteln und aufzeigen, dass es anders und manchmal vielleicht sogar besser geht. Diesen Prozess nannte man irgendwann Wahlkampf, weil es einem Kampf der Positionen und Richtungen gleichkam, weil es ein argumentatives Ringen und Buhlen war. Was davon trifft beim postdemokratischen "Wahlkampf" noch zu?
Der öffentliche Diskurs greift trotzdem terminologisch auf "den Wahlkampf" zurück. Er ist die Pflege eines Alltagsrituals, das mal anders vollzogen werden konnte, als die Demokratie noch etwas gesünder dastand, als sie noch robuster war, weil nicht marktkonform therapiert. Der Begriff täuscht so, wie der kranke Kegelbruder sein Umfeld und sich selbst täuscht, wenn er sagt, er gehe heute Abend zum Kegeln. Tut er ja nicht. Aber so hat er doch immer dazu gesagt. Warum sollte er es jetzt ändern? Mit seinem Lebensrhythmus wenigstens sprachlich nicht brechen zu müssen, ist auch eine Möglichkeit, sich Lebensqualität einzuschenken.
Der aktuelle Wahlkampf gleicht der traurigen gebeugten Gestalt, die zu ihrem Sport geht, den sie aber nur noch beobachten kann. So tun als ob. Was psychologisch wertvoll für einen kranken Menschen sein kann, stellt für die an Morbus Hayek, am reaganomischen Fieber leidende Demokratie der Marktkonformität eine Gefahr dar. Sie macht sich vor etwas zu sein, was sie nicht mehr ist. Es geht noch so wie früher!, stellt sie fest. Sie redet sich ein, dass sie wenn schon nicht kerngesund, so doch wenigstens rüstig genug ist, um zu tun, was sie immer tat. Das verschleiert, wie schlecht es um sie bestellt ist.
Wir erleben Wahlkampf so, wie
die Lädierte ihren Kegelabend.
Dort wo einst zeitlich und inhaltlich der Wahlkampf stand, formieren sich heute ausgehöhlte Traditionen. Manchmal nicht mal das. Oft ist es nur die plakative Peinlichkeit des Postengeschachers, die wir aus begrifflicher Verlegenheit "Wahlkampf" taufen. In ritualisierter Inbrunst bedruckt dieses System Pappe mit Gesichtern und Schlagwörtern, gibt phrasenhafte Interviews und vorgefasste Wortlaute vor. Man tut, was man immer tat. Nur ohne Seele.
Diese Attrappe, die aussehen soll wie ein Wahlkampf, ist der phlegmatische Versuch, postdemokratische Missstände hinter Normalität zu verkappen.
Schwerkranken Menschen rät die Schulpsychologie dringend, sich so viele Alltagsrituale wie nur möglich zu erhalten. Aus Gründen der Lebensqualität. So ist es auch im Falle dieses Systems, das wir aus alter Gewohnheit gerne noch Demokratie nennen, obgleich ihm immer häufiger Indizes abgehen, die auf eine Demokratie schließen lassen würden. Diesem System haben die Ärzte Rituale verordnet, um nicht an sein Siechtum erinnert zu werden.
Meist sind die erhaltenen Rituale des Alltags leider nur noch Fassade. Ein durch Krankheit körperlich beeinträchtigter Kegelbruder zum Beispiel geht zwar weiterhin zur Kegelrunde, sitzt dort aber nur noch am Tisch, pflegt die dortigen sozialen Kontakte so gut es geht. Ans Kegeln selbst ist dabei nicht mehr zu denken. Das ist freilich trotzdem wichtig, hat aber mit dem wöchentlichen Ritual des Kegelspielens freilich immer weniger zu tun.
Der Wahlkampf ist ein typisches, wenn auch unregelmäßiges Alltagsritual einer gesunden Demokratie. Da wird um Positionen und Alternativen gerungen. Man kennt Polemik und Übertreibung, will seine Inhalte vermitteln und aufzeigen, dass es anders und manchmal vielleicht sogar besser geht. Diesen Prozess nannte man irgendwann Wahlkampf, weil es einem Kampf der Positionen und Richtungen gleichkam, weil es ein argumentatives Ringen und Buhlen war. Was davon trifft beim postdemokratischen "Wahlkampf" noch zu?
Der öffentliche Diskurs greift trotzdem terminologisch auf "den Wahlkampf" zurück. Er ist die Pflege eines Alltagsrituals, das mal anders vollzogen werden konnte, als die Demokratie noch etwas gesünder dastand, als sie noch robuster war, weil nicht marktkonform therapiert. Der Begriff täuscht so, wie der kranke Kegelbruder sein Umfeld und sich selbst täuscht, wenn er sagt, er gehe heute Abend zum Kegeln. Tut er ja nicht. Aber so hat er doch immer dazu gesagt. Warum sollte er es jetzt ändern? Mit seinem Lebensrhythmus wenigstens sprachlich nicht brechen zu müssen, ist auch eine Möglichkeit, sich Lebensqualität einzuschenken.
Der aktuelle Wahlkampf gleicht der traurigen gebeugten Gestalt, die zu ihrem Sport geht, den sie aber nur noch beobachten kann. So tun als ob. Was psychologisch wertvoll für einen kranken Menschen sein kann, stellt für die an Morbus Hayek, am reaganomischen Fieber leidende Demokratie der Marktkonformität eine Gefahr dar. Sie macht sich vor etwas zu sein, was sie nicht mehr ist. Es geht noch so wie früher!, stellt sie fest. Sie redet sich ein, dass sie wenn schon nicht kerngesund, so doch wenigstens rüstig genug ist, um zu tun, was sie immer tat. Das verschleiert, wie schlecht es um sie bestellt ist.